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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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und wand sich dann aus ihren Armen, die ihn so liebevoll hielten und deren Wärme er so genoss.
    Er würde dieses Problem aus der Welt schaffen. Wenn die Wölfe weg waren, konnten sie nicht mehr zwischen ihnen stehen. Dann würde es wieder ruhiger werden. Alles würde an seinem vorherbestimmten Platz sein.
    Die anderen Hunde hatten sich an der Klippe versammelt und blickten erwartungsvoll zum heranrennenden Niccolò. Das kleine Windspiel konnte es in ihren Blicken lesen. Von ihm versprachen sie sich Führung, Befehle, eine Lösung. Er war zu ihrer Hoffnung geworden.
    Hinter ihnen füllte sich das Land mit weißen Wogen.
    Zärtlich umschlossen sie die Hügel, hielten jeden Baum, jeden Strauch, jeden Grashalm in kühle Watte. Einen solchen Nebel gab es wohl nur hier im Piemont, dachte Niccolò. Er war wie der Schaum auf einem Espresso, undurchdringlich und weich.
    Er passte wunderbar in seinen Plan.
    Jetzt musste nur noch Franca kommen.
     
    Bei Romulus und Remus, wann hörten diese Welpen endlich auf zu heulen? Laetitias Maul lag wie ein Deckel um den Mund des kleinen Zweibeiners, der sich nur langsam beruhigte. Erst als er wieder völlig ruhig atmete, ließ die alte Wölfin von ihm ab. Placidia löste wenig später das Maul vom anderen Zweibeiner, während ihr Sohn Valentinian im hohen Gras einer dicken Schmeißfliege hinterherhüpfte.
    Zärtlich leckte Placidia dem kleinen Zweibeiner über das Gesicht, was diesen dazu brachte, seine wenigen Zähnchen zu zeigen und hohe keckernde Geräusche von sich zu geben. Er sah nicht aus, als würde er bald wieder schreien. Laetitia tat es ihr nach, mit dem gleichen Ergebnis. Ihr kleiner Schützling kringelte sich sogar, als plagten ihn Bauchschmerzen. Komisch sahen sie aus, so ohne Fell, mit diesen kleinen Zipfeln zwischen den Beinen. Wie konnte ein Wesen mit so unbeholfenem, wehrlosem Nachwuchs nur die Welt beherrschen?
    Es gab keine Zeit, darüber nachzudenken, sie mussten weiter.
    »Auf! Auf!«, rief Placidia und kauerte sich auf den Bauch. Der kleine Zweibeiner krabbelte auf ihren Rücken und krallte sich fest. Das Procedere kannten sie schon, nur so hatten sie die nackten Würmer vor Grarrs Ankunft von der Höhle fortbringen können. Sie waren danach mit dem Wind gelaufen, über Wege mit so vielen Blättern, dass sie keineSpuren hinterlassen hatten. Trotzdem pochte die Angst laut in ihren Herzen.
    »Wohin willst du?«, fragte Laetitia, als sich Placidia in Richtung Fluss aufmachte. »Zu den Menschen auf dem Hügel geht es mondwärts.«
    »Was sollen wir denn dort?«, fragte Placidia, der ein weißer Fellstreifen flussgleich über den Rücken rann.
    »Die Welpen zu ihrer Art bringen.«
    »Das will ich nicht, sie gehören zu mir! Ich bin ihre Mutter.« Placidia wurde nicht langsamer in ihrem Trab, dessen Entschlossenheit der alten Wölfin erst jetzt auffiel.
    »Es sind Zweibeiner! Sie gehören zu ihresgleichen.«
    »Es sind meine Kinder. Ich liebe sie, als hätte ich sie selbst geboren. Keiner kann ihnen mehr geben als ich.«
    Laetitia rannte vor Placidia und versperrte ihr den Weg. »Sie müssen in ihrem Rudel groß werden, so wie unsere Welpen bei uns heranwachsen. Das weißt du doch, Placidia.«
    »Die beiden sind so ... wundervoll. Ich habe sie tief in mein Herz geschlossen.«
    Das Kind auf Laetitias Rücken zog nun stärker an ihrem Fell und wippte auf und ab. Es wollte anscheinend weiterrennen. Das Gezerre tat höllisch weh.
    »Sie schreien, können nicht richtig laufen, trinken Unmengen deiner Milch, und du sagst ... «
    »Ja! «
    »Ich kenne das.« Laetitia fing wieder langsam an zu laufen. Im Kreis. Damit der kleine Zweibeiner endlich aufhörte, an ihr herumzuzerren. »Du hast Recht, sie sind wie die unseren. Doch du wirst niemals ihre Sprache sprechen, und sie nicht deine. Mehr als einfache Befehle werden sie niemals verstehen können.«
    »Das weißt du doch gar nicht!« Placidia wurde wütend, begann aber ebenfalls in leichten Trab zu verfallen.
    »Denk doch nur, was es für die Menschen bedeuten würde, wenn zwei Wölfe ihre vermissten Kinder wiederbringen. Sie würden endlich das Gute in uns sehen. Keinen Krieg mehr gegen uns führen.«
    »Ich will nicht zurück zu einem Leitwolf, der kleine Zweibeiner tötet! Wieso willst gerade du ihm bei der Verwirklichung seines großen Plans helfen?«
    Das wollte sie nicht. Viel lieber wäre ihr, wenn die Menschen Grarr und die Kralle erschlugen, sie wie Beute verspeisten. Doch diese Welpen gehörten zu ihrer Mutter, es

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