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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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war nicht ihr Kampf, sie sollten nicht unter ihm leiden.
    Die Jungen fingen wieder an zu heulen.
    »Sie sind hungrig«, sagte Placidia. »Doch meine Zitzen sind leer. Lass uns zum Bienenstock laufen. Die Kleinen sehen ein wenig aus wie junge Bären, vielleicht fressen sie auch dasselbe?«
    Alles, was die Zweibeiner zur Ruhe brachte, war gut, dachte Laetitia und folgte Placidia, um die Valentinian wie ein kleiner pelziger Mond kreiste.
    Der Bienenstock hing nicht weit entfernt. Die alte Wölfin war froh, als sie die Krallen des kleinen Zweibeiners nicht mehr in ihrem Fell spüren musste. Die Heimat der Bienen fand sich tief an einem Baum und duftete herrlich. Doch die kleinen Zweibeiner beachteten sie nicht. Nur Valentinian zeigte Interesse. Als er mit der Pfote dagegen tappte, drehte sich der Bienenstock ein wenig und offenbarte, dass seine Rückseite fehlte, die Waben offen lagen. Die beiden Zweibeiner waren mittlerweile auf einen kleinen Erdhügel gekrabbelt, der ganz mit braunem Gras bedeckt schien. Sie versenkten ihre Köpfe hinein und gaben eine Art hohes Heulen von sich. Sie spielten offensichtlich. Laetitias Herz begann sich immer weiter für die kleinen Wesen zu öffnen.
    Dann bewegte sich der Hügel.
    Und erhob sich.
    Streckte die Arme aus und langte nach den Störenfrieden auf seinem Rücken. Ließ ein markerschütterndes Gebrüll los, schüttelte sich, pflückte einen Zweibeiner herunter und ließ ihn fallen. Der andere konnte sich nicht mehr halten und rutschte ab in einen nahen Busch.
    Der Bär war erwacht, Honigreste in seinem Fell. Er baute sich zu voller Größe auf und nahm Angriffshaltung ein. Er war ein mächtiges Tier, seine Pranken waren größer als die Köpfe der Wölfinnen, seine Spannweite gewaltiger als die eines Adlers. Er würde sie und die Jungen vernichten.
    Laetitia stellte sich schützend vor das eine Junge. Valentinian war zu seiner Mutter gelaufen und baute sich vor ihr und dem anderen kleinen Zweibeiner auf, knurrte mit seinem hohen Stimmchen Richtung Angreifer.
    Der Blick des Bären wanderte. Er nahm beide Gruppen in Augenschein.
    Dann griff er nicht an.
    Sondern sank zurück auf seine Hinterbeine, setzte sich hin, begann zu grummeln.
    Laetitia wollte die Gelegenheit nutzen und den kleinen Zweibeiner beruhigen. Doch der krabbelte in hohem Tempo zum Bären, weil er anscheinend noch mal von ihm herunterrutschen wollte.
    Zweibeiner waren fraglos merkwürdige Wesen.
    Der Bär ließ den Welpen über seine Beine klettern. Auch das andere Junge war, trotz einiger Schrammen, schon wieder zurück bei dem gefährlichen Raubtier, das ihnen eigentlich unendliche Angst einflößen sollte.
    Der Bär grummelte wieder. Es klang so tief, als würde die Erde beben. Doch es schien Sprache zu sein. Laetitia hatte davon gehört. Bären waren seit Urzeiten Einzelgänger, sie hatten niemals die Sprache der anderen Tiere erlernen müssen. Sie waren stets die Stärksten, die Gewaltigsten gewesen. Sie beherrschten neben ihrer eigenen nur zweisehr ungewöhnliche Sprachen, die der Fische und die der Bienen.
    Der Bär schien etwas von ihnen zu wollen.
    Er versuchte es erst in den bizzaren Lauten der Fische, die klangen wie tropfendes Wasser, dann in jenen der Bienen, bei der es den Eindruck hatte, ein Schwarm hause in seinem Hals.
    Der Bär schien enttäuscht, als er keine Antwort erhielt, wurde dann wütend, stand auf, hob seine mächtigen Pranken und brüllte. Griff sich daraufhin Laetitia und hielt sie vor sich. Sein aufgerissenes, stinkendes Maul blies wie ein scharfer heißer Wind in ihr Gesicht. Er schüttelte die alte Wölfin, wurde immer lauter, doch tötete sie nicht. Laetitia schien nicht so reagiert zu haben, wie er erhofft hatte. Die kleinen Zweibeiner schlugen ihre Hände zusammen und quiekten vergnügt. Der Bär sackte wieder zurück ins Sitzen, nur diesmal völlig in sich zusammengesunken. Laetitia wand sich aus seinem Griff.
    »Auf! Auf!«, rief Placidia, doch die kleinen Zweibeiner hörten nicht. Sie waren wie ungezogene Wolfsjunge!
    Was tun? Sie konnten nicht warten, bis der Bär noch wütender wurde und die Welpen verletzte. Oder bis andere ihres Rudels kamen, die sein Gebrüll gehört hatten. Dann wären sie erledigt. Sie mussten schnell weg. Placidia befahl den Kindern immer wieder, auf ihren Rücken zu steigen, doch sie tollten weiter um den Bären herum. Valentinian schien die Anspannung seiner Mutter zu spüren und begann zu heulen, das Rudel zu rufen.
    Die Welpen der Zweibeiner

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