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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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keine Gewitterwolke zu sehen.
    Auch näherte sich kein schwerer Wagen.
    Das Geräusch wurde lauter, schien nun von überall zu kommen.
    Es legte einen Schalter in den Körpern von Niccolò und den Wölfen um. Flucht! Sie rannten weg von dem verunglückten Wagen, fort von der Straße hinunter ins Tal. Niccolò wusste in diesem Moment, dass der Hügel über ihnen abrutschte. Er konnte die Rebstöcke unter der Last der heranrollenden Erdmassen bersten hören.
    Dann floss die steinerne Lawine auf die Straße.
    Bedeckte den Wagen und Burgnich in Sekundenbruchteilen.
    Das metallische Geräusch klang, als würde die Erde zubeißen.
    Dann stoppte die Straße sie ab, der Magen der Bestie schien gefüllt.
    Niccolò wollte nicht nachsehen, wie es oben aussah. Einzelnes Geröll schoss weiterhin an ihm vorbei, die Welt wirkte wie aus den Fugen geraten.
    Dann übermannte ihn die Erschöpfung. Niccolò wollte schlafen, nur schlafen, jetzt und hier.
    Der steinige, erkaltete Boden war eine Wohltat, sein kleinerKörper schmiegte sich an ihn, als läge er im Schoß der Mutter.
    Die Wölfe rannten zurück nach Rimella.
    Und sie trugen Niccolò abwechselnd auf ihren Rücken. Doch dieser merkte nichts mehr davon.
    Er war an einem stilleren Ort.

 
    EPILOG
     
     
    D er Schlaf blieb nur kurz bei Niccolò, stahl sich schon in der Frühe wieder fort. Das kleine Windspiel erwachte in der Dorfkirche Santi Giacomo e Cristoforo, die Wölfe hatten ihn auf den Teppich gelegt, der vom Altar über die Stufen hinein ins Kirchenschiff lief. Sie hatten es gut mit ihm gemeint, aber bei ihm geblieben waren sie nicht. Er war allein, als die Morgensonne mit fahlem Rot den Tag ankündigte und all den Staub und Dreck der Kirchenfenster zum Vorschein brachte. Niccolò schleppte sich zum Ausgang, schob mit seinem Kopf das schwere Kirchentor auf und trat auf die Piazza. Dort lagen keine Leichen mehr, doch Blutflecken kündeten noch von den Kämpfen der Nacht, sie waren zum Teil verwischt.
    Es war unheimlich still, fand Niccolò. Die Lautlosigkeit hatte aber auch etwas Friedliches an sich. Sie bereitete ihm keine Angst. Vielleicht lag es an dem Bär, dessen mächtiger Bauch sich so beruhigend hob und senkte und an den sich die ganze Meute Dachshunde gekuschelt hatte, als hätten sie nie woanders geschlafen. Das stetige Plätschern des Brunnens schien sie nicht zu stören. Niccolò lief langsam die Seitenstraße hinauf, in der sein Haus lag. Es war von Wölfen nach Essbarem durchwühlt worden. Ein so großes Rudel samt Verbündeten hatte viel Futter gebraucht, selbst den Tiefkühler hatten sie geöffnet. Er wollte sich das nicht länger ansehen und ging in den Garten, aus dem kein Hühnergegacker mehr zu hören war. Diese leichte Beute hattewohl zuerst dran glauben müssen. Doch leer war der alte Verschlag, einst notdürftig und schlampig aus Maschendraht erbaut, keineswegs. Die Zirkushunde schliefen dort hinter dem durchhängenden Gitter, als wäre es ein Wagen des fahrenden Volkes. Der Unglaubliche Houdini hatte es sich auf dem schmalen Brett bequem gemacht, von dem aus der Hahn früher seinen nervtötenden Morgenschrei ausgestoßen hatte.
    Niccolò stand lange im Garten und sah sich die Schlafenden an. Rimella war wieder von Hunden bewohnt. Dann rannte er in alle Häuser, deren Vierbeiner sich in die Schlacht gestürzt hatten. Er ging leise zu Franca, Blitz und Carabiniere. Den Rottweiler musste er am längsten suchen, schließlich fand er ihn eingequetscht, aber selig schlummernd in der Auslage der leergefressenenen Metzgerei, sich vermutlich einen langgehegten Traum erfüllend. Auch alle anderen schliefen. Am Kamin, unter der Spüle, auf dem Menschenbett, im Heizungskeller, an den Plätzen, die sie ihren Menschen in langen Jahren abgerungen hatten, die ihnen gehörten in diesen Häusern, dieser Welt. Bei ihnen lagen auch die Kampfgefährten aus Alba, zu Besuch, wie Menschen sich Freunde einluden. Sie ruhten hier, als hätten sie es niemals woanders getan. Es war eine Gabe, fand Niccolò, dass ein Hund dort zu Hause war, wo er lag. Zumindest ein wenig.
    Doch wo waren die Wölfe?
    Nirgendwo hatte er sie gesehen. Er trat in Cinecittas altes Haus, Grarrs Hauptquartier. Sie waren nicht mehr da. Alle Zimmer, auch das blendend weiße, waren leer. Zurück auf der Piazza hörte er jedoch ein Geräusch, das nicht von einem Hund stammen konnte. Es kam aus der kleinen Gasse hinter Donadonis Metzgerei. Einen Versuch sich anzuschleichen unternahm Niccolò nicht. Er hatte

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