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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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worden. Und die Jäger gehörten zu unserem eigenen Rudel.«
    »Die Kralle«, brachte Vespasian stockend hervor.
    »Sie arbeitet stets im Auftrag Grarrs«, sagte Laetitia und schob den verunstalteten Leib so zusammen, dass es aussah, als sei er niemals gerissen worden. Die alte Wölfin schaute ihn lange an, als wollte sie sich noch einmal vorstellen, wie es wäre, wenn er wieder aufstehen könnte. Zu ihr kommen. Wenn er diese Welt nicht verlassen hätte.
    Ansatzlos wandte sich Laetita plötzlich ab und lief fort. »Sie haben ihm aufgelauert und ihn erledigt. Es war kein Unglück.«
    Vespasian hechtete ihr hinterher. »Aber warum sollte Grarr so etwas befehlen? Aurelius war sein Bruder. Und er hat ihm seine Position nie streitig gemacht.«
    »Hast du keinen Respekt vor Alter und Erfahrung? Glaubst du mir etwa nicht?«
    »Doch, Mutter. Natürlich.« Vespasian drückte sich an sie. »Aber Aurelius war doch nur ein alter Wolf, ein Weiser, einer mit gutem Herzen, keine Bedrohung. Er war nicht wichtig.«
    Laetitia antwortete nicht sofort, Vespasian konnte den Kampf in ihrem Inneren spüren, denn ihr Schritt wurde ungleichmäßig, fast drohte sie wieder zu fallen, sie, die immer so elegant, so gleitend über den Boden gelaufen war, als hätte sie ihn nicht berührt.
    »Wenn du wüsstest, wie mich deine Worte schmerzen … Nein, ich sage nichts! Ich musste es versprechen, auch wenn ich dies nun bereue, bei Romulus und Remus und der Großen Mutter.«
    »Wovon sprichst du?«, fragte Vespasian, denn ihre Worte waren voll unterdrückter Wut gewesen. Es hatte sich angehört, als wäre diese Wut sehr alt und trocken wie die Erde im Hochsommer, wenn der Boden nur noch Staub war, alles darin zu darben schien. Als er keine Antwort erhielt, begriff er, was zu tun war. »Ich frage nicht mehr, Mutter.«
    »Daran tust du gut, oh, wie gut du daran tust. Verfolge von nun an die Kralle, wann immer es dir möglich ist. Selbst wenn du wenig Schlaf bekommst und kaum Zeit zum Fressen hast, folge ihr. Sie wird der Schlüssel sein.«
    »Ich habe dir doch noch gar nicht berichtet, was ich bereits beobachtet habe. Ich habe mich genau an unser Versprechen gehalten.«
    »Nicht jetzt! Vorbereitungen müssen getroffen werden. Viele Vorbereitungen.«
    Vespasian mochte nicht, wie Laetitia sich verhielt. So kannte er seine Mutter nicht. Sie sah ihn an, und es war, als ginge Kälte von ihr aus, als sei alles um sie herum gefroren, so still stand die Luft in diesem Moment. »Ein neuer Wind wird über das Land streichen. Und er wird rein sein.«
     
    »Meine Güte, kannst du nicht zur Abwechslung irgendwas Erfreuliches erzählen?« Giacomo war miserabel gelaunt. Sein Magen hatte sich bemerkenswert schnell von dem unschönen Erlebnis bei Giovanna Battista erholt und trauerte mittlerweile dem entgangenen Umweg über Cherasco mitsamt seiner Schnecken und Baci-Kekse nach.
    »Was bist du nur für ein dünnhäutiges Küken? Zuerst schweige ich deiner Meinung nach zu viel, nun stört dich mein Gerede. Was für Geschichten hast du denn von mirerwartet? Solche von flauschigen Welpen?« Der Spürer trottete stinkend hinter Giacomo her, die toten Augen ins Nirgendwo gerichtet.
    »Hast du nicht vielleicht was mit Essen auf Lager? Von einem großen Fressgelage? Würde mir schon reichen, so was hör ich immer wieder gern.«
    »Warum sagst du das nicht gleich? In Asti habe ich mal mit einem toten Dalmatiner gesprochen, der so viel köstliches Eis fraß, dass sein Herz aussetzte. Er hatte wohl größtenteils Gianduja aufgeschleckt, aber auch ... «
    »Danke, reicht. Du weißt wirklich, was Hunde wünschen.« Giacomo rannte in leichtem Trab über die verbuschte Hügelkuppe, die in der trüben Sonne ruhte wie eine faule Katze.
    Er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn jemand ständig hinter ihm lief, und er war es nicht gewohnt, mit einem Hund zu reden, der noch älter war als er selbst. Der Spürer behandelte ihn doch tatsächlich wie einen jungen Hüpfer, wie einen Halbstarken, der noch viel zu lernen hatte. Das hasste Giacomo – doch ein kleiner Teil in ihm schien dankbar dafür zu sein, sich nun ohne Reue kindisch und dumm benehmen zu dürfen.
    »Willst du mir nicht doch erzählen, wie du mich gefunden hast?«
    »Kein Interesse«, sagte der Spürer.
    »Dachte ich mir. Ich wollte nur noch mal fragen. Konversation treiben. Nett sein.«
    »Halt lieber die Schnauze.«
    »Gute Idee. Schweigen wir und lauschen den Vögeln.«
    »Du bist ja unanständig blöd. Die singen doch

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