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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Seite, machte keinen Platz, zwang alle, sich an ihr vorbeizuwinden. Auch Theophanu.
    Laetitia lief die marmornen Treppenstufen ganz nah bei Vespasian hinunter und flüsterte ihm etwas zu. Die Worte waren leise, doch Vespasian spürte, dass es zurückgehaltene Schreie waren. »Wir müssen reden! Wenn die Sonne untergeht. Allein! Im ausgebrannten Gefährt der Zweibeiner. Sag niemandem etwas davon, hörst du? Zu niemandem ein Wort! «
     
    Giacomo fand bewundernswert, wie es die drei Dachshunde schafften, den Gullydeckel hochzuwuchten, während sie auf rutschigen Metallsprossen standen.
    »Der Spürer wird dich finden, wenn du ihn brauchst. So ist es immer.«
    »Dann kann ich ebenso gut da warten, wo es nett ist.« »Du weißt, der Preis für seine Dienste ist hoch.«
    »Sehr hoch.«
    »Viel zu hoch!«
    »Ich hab davon gehört, ja. Aber ich ziehe es vor, nicht daran zu denken. Danke.«
    Als Giacomo an die Oberfläche gelangte, genoss er die Düfte Albas wie ein Kraulen am Nasenrücken. Nach dem fürchterlichen Kanalisationsgestank waren sie so köstlich wie Barolo. Er wandte sich noch einmal an die Dachshunde.
    »Danke für alles. Ihr habt ... «
    Doch da wurde der Deckel schon wieder zugezogen. Er hörte die drei Dachshunde mit einem fröhlichen Bellen in die Tiefe plumpsen und in der Kloake landen. Irgendwie hatte er die Burschen mittlerweile richtig lieb gewonnen. Einen deutlich geräumigeren Platz in seinem Herzen nahm jedoch das Gebäude vor ihm ein mit seinen fast unanständig großen, dunkelgrün umrandeten Schaufenstern in einer Seitenstraße der Via Vittorio Emanuele II. Der Schatten Giovanna Battistas huschte im Inneren umher, zwei Flaschen Wein hoch erhoben in den Händen, die sie einem Gast präsentierte. Der alte Trüffelhund weidete sich an diesem Anblick, trank die Vorfreude, als sei es ein köstlicher Barbera, der seinen Gaumen kitzelte, bevor die großen Glücksmomente kamen. Doch schnell verlangte seine Zunge mehr, und er baute sich vor der alten Glastür des Ladens auf, die Gefahr entdeckt zu werden in Kauf nehmend. Endlich wieder einen guten Barolo trinken! Endlich wieder glücklich sein, sich endlich wieder so fühlen, als wäre das Fell nicht alt und verbraucht.
    Giovanna Battista entdeckte ihn, stellte die Flaschen ab und schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen, bevor sie lachend die Tür öffnete und ihn hereinließ.
    Erstmalig trat er hinein ins Wunderland.
    »Gerade haben wir über ihn gesprochen, und schon ist er da! Pass auf, ich zeig es dir gleich!«
    Neben der Besitzerin, die sich nun mit zitternden Händeneinen Zigarillo anzündete, stand ein junger Mann. Mit langen Haaren wie ein Bobtail, das schrill gemusterte Hemd oben offen und unten aus der Hose hängend. Er lehnte lässig an einem Nougat-Regal, das Becken vorgereckt. »Dein Wunderhund kommt mir irgendwie bekannt vor. Den hab ich schon mal wo gesehen.«
    Giacomo drehte seinen Kopf. Nicht um sich die unzähligen Leckereien anzuschauen, sondern um sie besser riechen zu können. Einige Düfte, wie jener eingepackten Nudeln, waren wie ein Versprechen kommender Gelüste, andere, wie die der Marmeladen und Terrinen, forderten hier und jetzt unablässig eingesogen zu werden. Vor allem die Trüffel durchdrangen Glashüllen und Metall, um gefunden, gefressen und danach wieder im Wald verteilt zu werden. Sie schrien geradezu danach.
    Zwei Näpfe wurden mit einer schwungvollen Bewegung vor Giacomo gestellt. Barolo. Aus La Morra und Serralunga, das erkannte er sofort. Er hängte seine Zunge zunächst in den mit dem eleganteren Wein, trank aber danach auch den kräftigeren leer. Die Näpfe wurden unter dem Gelächter der Menschen gleich wieder gefüllt. Diesmal mit einem gereiften Barolo und einem jungen, der nach Kork roch. Den rührte Giacomo gar nicht erst an, stieß sogar den Napf um.
    »Glaubst du mir jetzt?«, fragte Giovanna Battista und packte den jungen Mann am Kragen, fuhr ihm dann mit der Zunge ums Ohr. »Siehst du ein, dass du falsch lagst, und mir in Zukunft alles, alles glauben musst?« Sie wurde von ihrem Gespielen mit beiden Händen in den Po gezwickt.
    »Und was hast du jetzt davon?«
    »Das«, sagte Giovanna Battista und schloss die Tür ihres Geschäfts ab. »Der wird mein Maskottchen, macht mich berühmt. Es gibt sicher etliche Fernsehshows, bei denen ich mit ihm landen kann. Sie werden mir danach die Bude einrennen!« Sie füllte Giacomos Schälchen neu, nun mitWeißwein. »Der eine ist schon ewig offen und oxidiert, den

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