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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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schenke ich nur meinen allerliebsten Kunden ein.« Sie lachte hoch und schrill. Giacomo trank sogleich den frischen Roero Arneis. Daraufhin bekam er eine neue Schüssel hingestellt, diese deutlich größer. Giacomo stürzte sich darauf. Er musste im Himmel sein. Der alte Trüffelhund bemerkte gar nicht, wie Giovanna Battista noch einmal vor den Laden ging, die Fensterläden schloss und beim Zurückkommen neckisch ihre Schuhe auszog, während sie einige Lampen in ihrem Laden löschte. »Lass uns feiern! Hier auf dem Tisch!« Sie setzte sich darauf, spreizte die Beine.
    »Warte, Giovanna!«, sagte der Mann lachend. »Ich geb ihm vorher etwas von dem Trüffelkäse, Wein allein macht nicht glücklich. Und ich leg gleich noch ein paar Paste di Meliga dazu, er isst bestimmt auch Kekse. Dann haben wir sicher erst einmal unsere Ruhe, und er stört uns nicht. Schau, wie er zulangt. Was für ein Spaß!« Er näherte sich der Ladenbesitzerin, sein Hemd aufknöpfend. »Du bist göttlich, Giovanna, einfach nur zum Niederknien!«
    In der dank Alkohol wunderbar schlingernden Welt des alten Trüffelhundes tauchten großartige Leckereien auf, und er schlang sie herunter. Und verlangte mit einem Bellen nach mehr.
    »Verdammt!«, sagte der Mann und zog die Hände unter Giovanna Battistas Rock hervor. »Ob er auch Tramezzini frisst? Ich hab noch eins in der Jackentasche. Es ist gut, selbst gemacht. Mal schauen, was dein Feinschmecker dazu sagt.« Er warf es ihm hin.
    Ein Tramezzino! Giacomo würde nie mehr fortgehen, er würde fressen und saufen und die Welt würde nicht mehr stillstehen. Besser konnte das Leben nur sein, wenn der kleine Niccolò jetzt bei ihm wäre und diese Genüsse mit ihm teilen würde! Dann wüsste das Windspiel, was Leben wirklich bedeutete, wie grandios es sein konnte.
    »Jetzt weiß ich, woher ich ihn kenne!«, rief der Mann plötzlich. »Das ist der Scheißhund, der diese Frau vom Tierheim ins Bein gebissen hat. Bis zum Knochen durch. Der Hund ist irre, Giovanna, der kann jeden Augenblick hochgehen wie eine Bombe!«
    Giacomo trank und trank, obwohl er schon lange keinen Durst mehr hatte, doch er trank für all die Tage mit Niccolò, in denen er hatte entsagen müssen, löschte jeden einzelnen dieser Dürste aus, löschte jede Erinnerung an die Tage ohne Wein.
    »So betrunken, wie der ist?« Giovanna Battista giggelte und zog sich die schwarze Seidenbluse über den Kopf. »Ich will nicht, dass er eingeschläfert wird. Ich lass ihn beim Hundefriseur umfärben, dann erkennt ihn niemand. Und wenn er keine Weintricks machen soll, bekommt er einfach einen Maulkorb aufgesetzt. Okay? Können wir jetzt feiern? Feier mich endlich! Und sei nicht zimperlich!«
    Giacomo trank weiter, nun für alle zukünftigen Momente, in denen er keinen Wein haben würde. Er musste vorsorgen, auch wenn der Wein nur noch schwer die Kehle runterging, und die Welt an den Seiten bereits ausfranste. Immer mehr schwankte sie, oh, wie sie schwankte, es schien, als laufe er an den Wänden entlang und wieder auf dem Boden, dabei drehte er sich. Es ging schnell, dachte Giacomo, unheimlich schnell, und sein Magen schien nicht nachzukommen, er wurde immer schwerer, und all die guten Sachen wollten sich mitdrehen. Meine Güte, was kam da plötzlich alles aus seinem Magen raus! Hatte er das wirklich alles gefressen und getrunken? Unglaublich, was alles in seinen Bauch passte, einfach unglaublich.
    Nachdem er den persischen Läufer vor dem Kassentresen vollgekotzt hatte, wobei er praktischerweise im Kreis gegangen war, um auch ja eine möglichst große Fläche zu bedecken, setzte eine halbnackte und wild fluchende GiovannaBattista den beständig würgenden Trüffelhund ruppig vor die Tür.
    Der kühle Sauerstoff des nächtlichen Alba brachte Giacomos Körper dazu, mit einem Schlag zu begreifen, wie übel es ihm ging. Giacomo war schlecht, so schlecht, gute Güte, so schlecht war ihm noch nie gewesen. Er hatte sich seit Jahren nicht mehr so lebendig gefühlt, doch nun war ihm eher nach Sterben zumute. Die Welt drehte sich mittlerweile so sehr, dass er immer wieder auf den Boden und gegen die Fensterscheibe des Delikatessenladens geworfen wurde, bis er schließlich umkippte und sich die Augen schlossen, langsam und zuckend, wie klemmende Rollläden.
    Sein Körper drehte sich noch einmal, ohne dass Giacomo dies mitbekam, und plötzlich drang etwas durch seine Augenlider. Es holte ihn zurück aus dem so wunderbar gefühllosen Nichts. Das Licht war gleißend

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