Tod an der Förde
ermordet wurde?
Selbstverständlich. Ich habe versucht, etwas über das Wirken der beiden hier in
Deutschland herauszufinden. Schließlich ist es für uns in Chile von Bedeutung,
welche militärstrategischen Schritte Argentinien unternimmt. Die politischen
Verhältnisse zu unserem Nachbarn sind eher unterkühlt. Dass sich mein Land
weigert, den ehemaligen Präsidenten Menem, der sich nach Chile geflüchtet hat,
auszuliefern, ist nur ein Nebenkriegsschauplatz. Viel sorgenvoller betrachten
wir die Energiekrise Argentiniens. Die haben zeitweilig Strom- und
Gaslieferungen an die Großindustrie rationiert. Und auf dem Weltmarkt können
die Argentinier aufgrund der Wirtschaftskrise und des Stopps der
Kreditrückzahlung kaum zukaufen. So besteht natürlich ein großes
Konfliktpotenzial wegen der Bodenschätze, die in Patagonien, Feuerland und rund
um Kap Hoorn vermutet werden. Da geht es auch um Erdöl und Erdgas. Von daher
verstehen Sie vielleicht, warum mich die Aufrüstung der argentinischen Marine
interessiert.«
»Woher kennen Sie die beiden Offiziere?«, fragte
Vollmers.
Der Journalist lächelte nachsichtig.
»Mein Beruf ist die Recherche. Natürlich habe ich auch
versucht, mit Hernandez in Kontakt zu kommen. Aber der Mann war eisern. Er hat
jedes Gespräch abgelehnt.«
»Haben Sie ihn beobachtet?«
»Ich habe es versucht, aber es war unergiebig. Er ist
immer nur zwischen der Werft und seinem Appartement gependelt. Darüber hinaus
hat er nur allgemeine Besorgungen gemacht, war zum Essen in Restaurants oder
ist am Wasser gejoggt.«
Die beiden Beamten sahen sich an. »Andere – äh –
Begegnungen des Commodore sind Ihnen nicht aufgefallen?«, fragte Vollmers.
Jetzt stutzte da Silva. »Andere? War da noch etwas,
was ich übersehen habe? Natürlich konnte ich Hernandez nicht lückenlos
überwachen. Dafür gab es auch keinen Anlass. Ich bin Journalist und hinter
einer Story her.«
»Was ist das für eine Story?«, bohrte Vollmers nach.
Da Silva lächelte. »So etwas verrät Ihnen kein
Journalist. Noch fällt das unter das Pressegeheimnis.«
»Darf ich mir die Bilder ansehen, die Sie gemacht
haben?«, fragte Lüder.
Bereitwillig händigte der Chilene seine drei Kameras
aus und erklärte deren Funktionsweise. Vollmers war herangerückt und sah mit
auf das kleine Display.
Da Silva hatte die Appartements der beiden Argentinier
aufgenommen, ferner die beiden Offiziere selbst in den unterschiedlichsten
Situationen. Doch kein Bild zeigte etwas Auffälliges.
Ferner fanden sich auf den Speicherchips Bilder der
Werft. Mit dem Teleobjektiv hatte der Journalist versucht, vom westlichen Ufer
der Binnenförde etwas auf dem HDW -Areal
zu erspähen. Soweit Lüder es beurteilen konnte, gab es nichts, was nicht auch
andere Quellen hergegeben hätten. Der Rumpf eines U-Bootes zeichnete sich
relativ grob gezeichnet auf einigen Bildern ab.
Interessanter waren da schon die Personen, die da
Silva abgelichtet hatte.
Auf mehreren Bildern erkannten die beiden Beamten Dr.
Sönke Vollquardsen, den Marinebereichsleiter der Werft. Andere Fotografien
zeigten einen vollschlanken Mann mit dem Ansatz eines Doppelkinns, der, mal
leger gekleidet, ein anderes Mal im Business-Outfit, auf einigen Bildern in
Begleitung einer attraktiven schlanken Frau zu sehen war.
»Wer sind die beiden?«, wollte Lüder wissen.
Da Silva warf einen Blick auf das Display. »Das ist
Jürgen Forstheim. Er ist der Projektmanager für den U-Boot-Bau.«
»Ich denke, das ist Dr. Vollquardsen«, warf Vollmers
ein.
Der Journalist schien über die Unkenntnis der beiden
Beamten überrascht. »Nein. Der ist für den gesamten Marineschiffbau
verantwortlich. Für das U-Boot-Projekt direkt ist Forstheim der zuständige
Mann. Er ist Mitarbeiter von Vollquardsen.«
»Und wer ist die Frau?«, fragte Vollmers.
»Das kann ich nicht genau sagen. Forstheims Frau ist
es nicht. Ich vermute eher, es ist seine Geliebte. Ich habe die zwei in einer
Pizzeria belauscht. Zufällig saß ich am Nebentisch. Er nannte sie Sabine.«
Weitere Bilder zeigten eine Demonstration in der
Holstenstraße, direkt vor dem wuchtigen Gebäude der Landwirtschaftskammer.
Unaufgefordert erklärte da Silva: »Die sind ganz frisch. Ein Zufall. Heute
Nachmittag haben ein paar Kriegswaffengegner gegen die Waffenfertigung
allgemein und insbesondere hier in Kiel protestiert. Dabei war auch dieser Mann
…«
»Den kenne ich«, erklärte Lüder. »Das ist David
Potthoff-Melching. Von Beruf Lehrer. Ein harmloser,
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