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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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in diesen Fall einzuschalten?«
    »Das ist ein Frage, auf die wir derzeit keine Antwort
kennen«, erwiderte Lüder.
    Vollmers spielte mit einem Kugelschreiber, den er dann
auf Lüder richtete. »Oder …«
    »… die Gegenseite hat besonders schnell reagiert und
auch Brechmann schon bedroht. Der hat bestimmt noch das Bild vor Augen, was mit
Kremer geschehen ist.«
    »Mensch, Herr Lüders. Passen Sie gut auf sich auf«,
schloss Vollmers das Gespräch.
    *
    Lüder war unschlüssig über seine weitere
Vorgehensweise, als er zu seinem BMW zurückkehrte. Er beschloss, den Kriegswaffengegnern einen Besuch abzustatten.
Ein kurzes Telefonat mit seinem Büro verschaffte ihm die Adresse von
Potthoff-Melching.
    Der Lehrer wohnte in der Johannesstraße in Gaarden,
einem ursprünglichen von Arbeitern geprägten Stadtteil, in dem heute in den
meisten Geschäften die Waren zweisprachig in Deutsch und Türkisch ausgezeichnet
wurden. Es war schwierig, einen Parkplatz zu finden. Lüder parkte seinen BMW unter Missachtung eines
Verbotsschildes und klingelte kurz darauf an der Haustür des Lehrers.
    Nachdem ihm der Summer den freien Zutritt
signalisierte, überwand er die Treppe bis zur zweiten Etage. Potthoff-Melching
empfing ihn in der Haustür und blinzelte ihm durch die runde Nickelbrille
entgegen. Die abstehenden Haare und das zu enge T-Shirt in Verbindung mit der
verwaschenen Jeans verliehen dem Mann das Aussehen eines achtundsechziger
Altrevolutionärs. Lüder fragte sich, ob Potthoff-Melching in dieser Aufmachung
auch vor seine Schüler treten würde.
    »Ja, bitte?«, fragte der Mann.
    »Polizei. Ich hätte ein paar Fragen an Sie.«
    Potthoff-Melching schien nicht überrascht. Er ließ
sich Lüders Ausweis zeigen, nahm das Dokument in die Hand und studierte es
gründlich.
    »Um was geht’s?«, fragte er dann.
    »Ich ermittle im Umfeld einer Mordsache und habe dazu
Fragen, die auch das erweiterte Umfeld tangieren«, drückte sich Lüder
vorsichtig aus.
    Diese Auskunft schien Potthoff-Melching zu irritieren.
Er gab die Tür frei und bat Lüder in die Wohnung.
    Der kleine Flur war nahezu unmöbliert. Lediglich an
einer Wandgarderobe hingen ein paar Kleidungsstücke, die zum Outfit des Lehrers
passten.
    Lüder betrat ein Zimmer, das dem Wohnungsinhaber als
universell nutzbare Räumlichkeit diente. Vor dem Fenster stand ein abgestoßener
Schreibtisch aus dunklem Holz, an dessen Seite eine zerschlissene Aktenmappe
lehnte. Auf dem Schreibtisch türmten sich Schulbücher und lose Blätter, die wie
eine Klassenarbeit aussahen. Natürlich war auch ein Computer installiert. Lüder
fiel der Drucker auf, der größer als die im Allgemeinen in Privathaushalten
genutzten Modelle war. Möglicherweise diente das Gerät der Herstellung von
Schriften, die Potthoff-Melching im Rahmen seines Friedensengagements
publizierte.
    Die Sitzfläche des Schreibtischstuhls, der so alt war,
dass er noch mit vier Rollen auskam, war an der Seite aufgeplatzt, und gelber
Schaumstoff quoll aus dem Riss hervor.
    Die Seiten des Raumes waren mit Bücherregalen
vollgestellt, wobei allerdings weder ein moderner Großbildfernseher noch die
dazugehörige Unterhaltungselektronik fehlte.
    Die an das Bücherregal gelehnte Wandergitarre rundete
das Bild eines immer noch seiner Studentenzeit verbundenen Mannes ab.
    Lüder nahm in einem Sitzsack Platz, während
Potthoff-Melching sich einen großen Ball heranzog.
    »Warum zeigen Sie so ein intensives Interesse an den
argentinischen U-Booten, die derzeit in Kiel gebaut werden?«
    Potthoff-Melching holte tief Luft. »Mich interessieren
nicht argentinische Kriegsschiffe, sondern ich protestiere gegen den
Wahnsinn des internationalen Wettrüstens, gleich wo dieses auf der Welt
geschieht.«
    »Und warum ausgerechnet hier in Kiel?«
    Der Lehrer sah Lüder an, als zweifle er an dessen
Zurechnungsfähigkeit.
    »Weil ich hier lebe. Ich kann doch schlecht nach
meiner Arbeit in fremde Länder fahren und dort protestieren. Das machen andere
Menschen, dort vor Ort, die genauso wie unsere Gruppe zu der Erkenntnis gelangt
sind, dass die Erde andere Probleme hat, als sich selbst in die Luft zu jagen.
Ich will Ihnen gern erklären, worin das Grundübel unserer Zeit liegt. Die
Politiker glauben, dass …«
    Lüder unterbrach ihn. »Ich habe nicht die Absicht, mit
Ihnen eine politische Grundsatzdiskussion zu führen. Sie sind Lehrer, nicht
wahr?«
    Potthoff-Melching nickte.
    »Dann kennen Sie sicher auch die geschichtlichen
Abläufe besser als

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