Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
weiß nicht, wie ich sonst Ordnung in mein
Wartezimmer bekommen kann.«
»T-t-tut m-m-mir l-l-leid.« Tomeu erhob sich und nahm seine kleine
Tochter auf den Arm. »Sh-sh-shakesp-p-peare und F-f-filou s-s-sind auf d-d-der
F-f-finc-c-ca u-u-unv-v-erzichtb-b-bar.«
***
Dadurch, dass die beiden Haustiere zu jeder Zeit das Haus verlassen
und betreten durften, gab es erstens eine Eingangsklappe nur für sie und waren
zweitens fast alle Türen, die nach draußen führten, ständig offen. Bei den
hohen Temperaturen auf Mallorca und weil der wachsame Shakespeare auf dem
Grundstück wachte, dachte niemand darüber nach, ob sich Einbrecher dadurch
eingeladen fühlen könnten.
Die vorsichtige Amazone wählte die Schwingtür für die Tiere, die in
eine Art Hauswirtschaftsraum führte. Das war durch die vielen, gut sichtbaren
Elektrogeräte vom Garten her problemlos auszumachen gewesen. Da es sich bei
Shakespeare um einen Irischen Wolfshund handelte, konnte sie zudem fast
aufrecht durch den Nebeneingang laufen. Die Tür vom Wirtschaftsraum zur Küche
war nur angelehnt, sodass es kein Problem war, die Küche zu sondieren, bevor
sie sie lautlos betrat. Anatol, der Butler der Großherzogin, spürte den
Genickschlag nicht, der ihn niederstreckte. Nur das Messer, das er in der Hand
hatte, fiel scheppernd zu Boden.
Die beiden Damen auf der Terrasse schreckten durch dieses Geräusch
hoch.
»Was war das denn?«
Mira erhob sich von ihrem Stuhl, zog ihre Waffe aus dem Hosenbund
und ließ ihren Blick prüfend über die Terrasse und den Teil des Gartens
schweifen, den sie vom Tisch aus einblicken konnte. »Von hier draußen kam das
nicht.«
»Es hörte sich auch mehr nach der Küche an.« Die Großherzogin lachte
auf. »Das wäre seit fünfzig Jahren das erste Mal, dass Anatol überhaupt etwas
fallen lässt.«
»Ich werde sicherheitshalber einmal nachsehen.« Zögerlich ging Mira
ins Innere des Hauses. »Anatol«, rief sie quer durchs Wohnzimmer, das nur durch
einen langen Tresen von der Küche getrennt war. »Anatol, ist Ihnen etwas
passiert?«
Hinter dem Tresen war ein leises Stöhnen zu hören. Sie steckte ihre
Waffe wieder weg und stürmte um die Küchenzeile herum zu dem offensichtlich
schwer gestürzten Butler, um ihm aufzuhelfen.
Die flinke Mira ebenfalls mit nur einem Schlag außer Gefecht zu
setzen, war für die Amazone nicht so einfach. Sie traf nur ihre Schulter. Mira
wirbelte herum und versetzte der Angreiferin mit ihrem Ellenbogen einen Stoß an
das Jochbein. Die Amazone taumelte zurück und krachte mit dem Rücken gegen den
Kühlschrank. Mira trat ihr wie ein Kickboxer mit dem ausgestreckten Bein gegen
das Brustbein. Das hässliche Knirschen der Rippen war durch das ganze
Wohnzimmer zu hören. Durch den heftigen Tritt riss auch der Gurt, an dem die
Libyerin ihre Maschinenpistole trug, und polterte auf den Boden. Eine kurze
Salve löste sich, acht bis zehn Schüsse schlugen in die Geschirrschränke ein.
Um Anatol vor den Geschossen zu schützen, warf sich Mira über ihn. Diesen
Vorteil nutzte die Amazone zu ihren Gunsten. Blitzschnell zog sie eine Pistole
aus dem Holster, das sie am Gürtel trug. Obwohl ihr die Schmerzen in der Brust
fast den Atem raubten, brüllte sie Mira auf Arabisch an. Die hob sofort die
Arme und ergab sich. Während sich die Amazone aufrappelte, versuchte Anatol,
noch halb betäubt, ebenfalls aufzustehen. Ein brutaler Tritt an seinen Kopf
ließ ihn schwer getroffen in sich zusammensacken. Mira wollte wieder angreifen,
doch ein Schuss, der dicht neben ihr in die Mikrowelle einschlug, hielt sie
davon ab. Erneut wurde sie auf Arabisch angebrüllt. Mit erhobenen Händen
verließ sie die Küche, die Amazone mit gezogener Waffe in einem gewissen
Sicherheitsabstand immer hinter ihr her. Mira war klar, dass sie es mit einer
geschulten Gegnerin zu tun hatte, die sich nicht so leicht überrumpeln lassen
würde. Fieberhaft überlegte sie, was sie tun könnte, aber ihr blieb vorerst
nichts weiter übrig, als den Anweisungen zu folgen und auf die Terrasse
vorzugehen.
Dass eine so alte Frau, wie sie nun einmal war, nicht in
irgendwelche Kämpfe, die offensichtlich in der Küche oder im Wohnzimmer
stattfanden, eingreifen könnte, war der Großherzogin klar. Sie hoffte, die
Situation dadurch etwas entschärfen zu können, dass sie sich komplett dement
und somit für jeden Angreifer harmlos stellte. Als sie Mira mit erhobenen
Händen und blutender Nase auf die Terrasse kommen sah, bekam sie es doch mit
der Angst
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