Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
währenddessen mit dem wild
zappelnden Unterschenkel der Frau heftig zu kämpfen, doch das kleine Schwein
ließ todesmutig, wie es war, die feindliche Wade so lange nicht mehr los, bis
die Großherzogin das Schauspiel beendete. »Filou, aus! Komm bei Fuß.«
Zum großen Erstaunen aller Anwesenden gehorchte Tante Augustes
»Kampfschwein« ihr aufs Wort.
Vor dem Haus fuhren mehrere schwere Wagen vor. Laute Rufe und
schnelle Schritte von vielen Menschen waren zu hören.
»Da kommt die Kavallerie.« Tante Augustes Gesicht entspannte sich
sichtlich.
»Die sollen sich aber erst um Herrn Anatol kümmern. Ich fürchte, der
hat etwas mehr abbekommen.«
Die Großherzogin sprang auf und eilte in die Küche. Der alte Mann
hatte sich zwar etwas aufgerappelt, war aber noch immer völlig benommen. Ein
Notarzt, der mit dem SEK -Team eintraf, kümmerte
sich um den Butler. Die Großherzogin wich nicht von der Seite ihres Anatol.
Mira wurde von Berger und der Gräfin von den Handfesseln befreit.
Noch immer sichtlich geschockt, rieb sie sich die Handgelenke. »Meine Herren,
das hätte aber wirklich in die Hose gehen können.«
Drei SEK -Beamte kümmerten sich um die
Amazone, die mit wirrem Gesicht ständig etwas vor sich hin brabbelte.
»Was faselt die da?«, wollte Berger wissen.
Mira musste grinsen. »Sie ist noch immer völlig geschockt, dass sie
von einem Schwein, einem für eine Muslima unreinen Tier, gebissen wurde.«
»An ihrer Stelle würde ich mir über andere Dinge den Kopf zerbrechen«,
bemerkte Rosa trocken.
»Das scheint für sie aber das dringendste Problem zu sein. Sie weiß
nicht, wie sie es abwaschen kann, und befürchtet, nie wieder eine Moschee
betreten zu dürfen.«
»Ich hoffe doch stark«, ließ Capitán Ramirez verlauten, »dass sie
das tatsächlich nie wieder tun kann.«
Carmen ließ sich von Tomeu die kleine Esmeralda in den Arm drücken,
die etwas eingeschüchtert auf die vielen Menschen schaute.
»Dieser einzelnen Dame etwas nachzuweisen, wird nicht einfach sein.
Die Amazonen werden brav und artig immer die jeweils andere beschuldigen, und
da unser Gesetz keine Kollektivstrafen oder Sippenhaft kennt, wird der Richter
ein ernsthaftes Problem haben«, sagte sie.
Ramirez schüttelte den Kopf. »Das ist doch immer die gleiche
Scheiße. Man reißt sich den Arsch auf, um diese Idioten einzukassieren, und
dann so etwas.«
Erst jetzt sah Berger, dass die Amazone einen Einschuss in der Brust
hatte. »Kinder, die hat ja etwas abbekommen.«
Mira blieb ungerührt. »Die hat aber auch eine schusssichere Weste
an. Machen Sie sich also keinen Kopf.«
»Wer hat denn geschossen?«, fragte die Gräfin erstaunt. »Ihnen waren
doch die Hände gebunden.«
»Fragen Sie mich nicht wie, aber die Großherzogin hatte plötzlich so
eine Damenpistole in der Hand und gab damit zwei Schüsse ab.«
»Ach, du großer Gott.« Gräfin Rosa stöhnte auf. »Die hat doch wohl
nicht etwa ihre Mata-Hari-Knarre bei sich gehabt?«
»Was ist denn das?«, fragte Berger.
»So eine kleine zweiläufige Pistole, wie sie in Western oft von
irgendwelchen Berufsspielern benutzt wird.«
»Eine Derringer?«
»Nein, eine tschechische Kleinkaliberpistole aus dem Ersten Weltkrieg.
Die hat Tantchen 1945 von ihrem Mann bekommen, damit sie sich vor den Russen
schützen konnte.«
»Und, hat sie?«
»Natürlich.« Gräfin Rosa lachte. »Es hat sich sogar herumgesprochen,
und die Herrschaften sind vor lauter Angst nur bis zur Elbe vorgerückt.«
»Kinder, wenn die mit einer Knarre herumballert, die Jahrzehnte
nicht gewartet wurde, dann kann ihr ihre eigene Hand um die Ohren fliegen.«
»Das müssen Sie nicht mir sagen, sondern ihr.«
Der Notarzt hatte sich inzwischen bis zur Amazone vorgearbeitet.
Innerhalb kürzester Zeit war sie versorgt und wurde in einen Krankenwagen
verladen.
»Was ist mit Anatol?«, fragte Gräfin Rosa.
»Der ist schon auf dem Weg ins Krankenhaus, um dort mit einem MRT schwerere Verletzungen am Schädel auszuschließen.
Wenn er Glück hat, ist es aber mit einer kleinen Gehirnerschütterung abgetan.«
Rosa gab ihrem Residente einen Kuss. »Und was ist mit Ihnen?«
»Ich fühle mich etwas durch den Wolf gedreht. Bitte schmeißen Sie
hier alles raus, ich will heute nur noch ganz in Ruhe mit Ihnen in die Bar zu
einem Cortado.«
***
Nach und nach wurde die Runde der Freunde in der Bar Sa Plaça immer
größer. Bernardo und Lorenzo, sein Schwiegersohn, kamen kaum noch mit den
Bestellungen nach. Esmeralda spielte auf
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