Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
als wir ihn überfahren haben.«
Erleichtert über diese Nachricht hakte Berger am Flaschengeschirr
des Toten ein und hielt ihn neben dem Boot, um zu verhindern, dass er wieder
abtauchte oder fortschwamm. Nun konnte auch er an den deutlichen
Verwesungsspuren erkennen, dass der Mann schon länger tot sein musste. Er warf
dem Bischof ein Tampen-Ende zu. »Können Sie die Leiche damit anbinden?«
Crasaghi nickte, wickelte eine Schlaufe um die Druckflasche des Toten
und machte mit geübten Händen einen Knoten. Daraufhin zog Berger den Enterhaken
an Bord und befestigte das andere Ende des Tampens an der Reling.
»Können Sie bitte mal nach der Schiffsschraube sehen? Ich fürchte,
dass sie Schaden genommen haben könnte.«
Crasaghi tauchte erneut ab. Als er wieder hochkam, rief er: »Haben
Sie noch andere Tampen?«
»Ja, aber wieso denn?«
»Weil dahinten zwei weitere Leichen angeschwommen kommen.«
Berger glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können, doch es sah
nicht so aus, als würde Crasaghi scherzen. In null Komma nichts war er wieder
oben auf der Flying Bridge und beobachtete das Meer. Tatsächlich, dahinten
schimmerte es schon wieder gelb, und dicht daneben schwamm etwas Silbernes,
beides vielleicht einen Meter unter der Wasseroberfläche. Berger hatte vor
Beginn der Fahrt überall Tampen an die Reling gehängt, damit sie schnell griffbereit
waren. Das zahlte sich jetzt aus. Er löste einen davon und warf ihn zu Crasaghi
ins Wasser. Der tauchte kurz ab, um einen der beiden Toten daran festzumachen.
Berger war inzwischen an Deck und fing das Tampen-Ende auf, das Crasaghi ihm
zuwarf. Mit der dritten Leiche verfuhren sie genauso.
Während der Bischof die Antriebsschrauben der Motoren kontrollierte,
griff Berger zum Handy und alarmierte Comisario García Vidal. » Hola , Comisario. Sie glauben nicht, was wir hier gerade aus
dem Wasser gefischt haben!«
»Wer ist ›wir‹?«, kam es ungeduldig zurück. »Ich denke, Sie sind mit
der Gräfin in Barcelona?« García Vidal räusperte sich. Seine Stimme hatte sich
seit ihrem letzten Abenteuer, bei dem er auf Befehl der russischen Mafia
tagelang in einer Klinik im künstlichen Koma gehalten worden war, noch nicht
wieder ganz erholt. Natürlich hätte er mindestens noch eine Woche lang
regenerieren sollen, aber wer ihn kannte, wusste, dass Ruhe und häusliche
Beschaulichkeit nicht sein Ding waren.
»Nein, mein lieber Cristóbal. Mit ›wir‹ meine ich den päpstlichen
Nuntius Bischof Daniele Crasaghi und mich. Der Mann ist aber inkognito hier.
Nicht dass Sie sich verplappern.«
»Nuntius? Haben Sie auf dem Meer eine Messe für die Delphine
gelesen?«
»So ähnlich.« Berger lachte. »Aber sagen Sie mal, interessiert es
Sie gar nicht, was wir hier an der Angel haben?«
»Wenn Sie so einen Zinnober machen, haben Sie bestimmt eine Leiche
gefunden. Ich kenne Sie doch.«
»Nein, habe ich nicht«, gab Berger zurück.
»Aha, und was ist es dann?«
»Drei Leichen.«
»Wie – drei Leichen?«, rief der Comisario aufgebracht. »Drei
Stück, und alle sind tot?«
»Exakt drei Stück. Zwei Männer und eine Frau. Und wenn Sie mich
fragen: Noch toter geht es gar nicht.«
García Vidal dachte offenbar kurz nach. »Möglich, dass ich weiß, wer
die sind«, sagte er dann. »Zumindest zwei von ihnen. In der Tauchschule der
Cala Santanyí werden seit einigen Tagen zwei Taucher vermisst. Sie waren mit
einem Schlauchboot unterwegs.«
»Von einem Schlauboot ist hier nichts zu sehen«, antwortete Berger.
»Wir haben allerdings auch nicht danach gesucht. Dazu fehlte uns bisher die
Zeit.«
García Vidal seufzte. »Wie ist Ihre genaue Position? Ich komme
umgehend mit der Küstenwache raus.«
Berger nannte dem Comisario die gewünschten Koordinaten und beendete
das Gespräch. Im selben Augenblick tauchte Crasaghi wieder auf.
»Señor Skipper, die Schrauben scheinen intakt. Einer der Fangkörbe
hat eine leichte Delle, kommt aber nirgends an die Schraubenblätter.«
***
Es dauerte ungefähr eine halbe Stunde, die circa zwanzig Meter hohe
Klippe mit Hilfe von Haken, die sie mit Hämmern in das Gestein trieben, zu
überwinden. Dabei brachen immer wieder größere Geröllbrocken aus der porösen
Felswand. Vorsichtig lugten die beiden Frauen über die Felskante, um sich davon
zu überzeugen, dass sie allein waren. Erst als sie sicher waren, es auch zu
sein, trauten sie sich, sich aufzurichten und ihre Glieder zu strecken.
»Sag mal, warum sind wir denn nicht dahinten hoch? Das
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