Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi

Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi

Titel: Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
der
Fremde auch noch ein Gesetzesvertreter war. Ihm wurde nun klar, dass alle
Verwandten, selbst die Großnichten, volle Kenntnis darüber gehabt haben
mussten, dass Pepe reich war und woher der Reichtum des Alten kam, obwohl die
jüngere das bei der ersten Vernehmung ja mit großen, unschuldigen Augen
glaubhaft bestritten hatte. Er war selbst Mallorquiner und wusste, was er davon
zu halten hatte. García Vidal seufzte bei dem Gedanken daran, wie schwer es für
ihn werden würde, diese Mauer des Schweigens zu durchbrechen.
    ***
    Bis auf die Tatsache, dass die Blaskapelle fehlte, hatte Berger mit
seiner Vorhersage recht gehabt. Die Nachricht über die Ankunft dieses
besonderen Bischofs hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Dem zuständigen
Pfarrer war es sogar gelungen, die Hälfte des Kirchenchors zu rekrutieren.
Diejenigen, die sich zum Gesang auf der Plaça eingefunden hatten, versuchten,
fehlendes Volumen durch Lautstärke wettzumachen, und schmetterten dem Bischof
ein etwas verzerrtes »Jubilate« entgegen. Und weil man ihnen einen so hohen
Gast aus Rom geschickt hatte, sollte es dann auch noch ein Stück aus Händels
noch nicht ganz fertig geübtem »Messias« sein. Bei jedem TV -Casting hätte das wackere Dutzend für seine schrägen
»Hallelujas« von Dieter Bohlen eine fette Zehn für den komödiantischen Wert
bekommen. Den Stadtoberen hingegen trieb die groteske Darbietung wahre Tränen
der Rührung in die Augen.
    Bis Crasaghi und Berger endlich mit ihrer Befragung des örtlichen
Geistlichen beginnen konnten, war wieder eine halbe Stunde verloren. So lange
dauerte es, bis Hochwürden seinen Besuch in die Sakristei der Kirche geschleust
hatte.
    »Mein Bruder«, ergriff der Bischof das Wort, »haben Sie die
Informationen, um die ich Sie gebeten hatte?«
    »Ich habe sogar noch mehr, Exzellenz. Es ist mir gelungen, ein
Mitglied der Familie Bauzá zu einem Gespräch hierherzubitten. Wenn Sie die Güte
hätten, mir zu folgen?«
    In einem Raum, der früher der Verköstigung der immer hungrigen
Ministranten gedient hatte, saß eine sehr dicke und noch viel skeptischer
dreinschauende Dame in den Achtzigern, die noch nicht einmal ein angedeutetes
Lächeln für den Bischof übrig hatte. Offenbar zu ihrer Seelenverteidigung hatte
sie ihren Pfarrer aus Ses Salines mitgebracht. Als der aufsprang, zu Crasaghi
eilte und gerade zum Handkuss niederknien wollte, peitsche ein »Padre!« durch
den Raum, das allen Anwesenden das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der
Pfarrer schreckte sofort zurück und beließ es bei ein paar lateinischen
Redewendungen, die er sich, sich immer wieder verbeugend, abrang. Er setzte
sich wieder neben die Frau, die hier ganz offensichtlich die Hosen anhatte.
    »Ich bin Catalina Bauzá Cantratx«, sagte sie mit einer unangenehm
schnarrenden Stimme. »Mit wem habe ich die Ehre?«
    »Ich bin Bischof Daniele Crasaghi, Kurienbischof im Range eines
päpstlichen Nuntius. Das ist Señor Michael Berger. Wir hätten Sie gern in einer
Angelegenheit gesprochen, die für Sie noch immer schmerzlich sein wird.«
    »Ich höre«, sagte die alte Dame schroff.
    »Es geht um den Tod von Antonia Bauzá im Jahre 1942.«
    »Sie meinen meine Schwester.«
    » Sí , Señora.«
    »Sie starb durch einen tragischen Unfall.«
    »Nein, Señora, das war kein Unfall, es war Selbstmord. Bitte belügen
Sie mich nicht, ich weiß alles über die Sache.«
    »Und warum fragen Sie mich dann?«
    Berger hatte noch nie einem derart frostigen Dialog beiwohnen dürfen
und verteilte innerlich Punkte für gelandete Volltreffer. Im Moment stand es
1:0 für Señora Bauzá. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Er war
gespannt, wie sich der Bischof aus dieser Sackgasse hinausmanövrieren wollte.
    »Sie tötete sich, um ihre Familie nicht mit einem Mord zu belasten.
Gott möge mir verzeihen, aber das finde ich schon bemerkenswert.«
    Trotz der unterkühlten Stimmung wurde es immer stickiger. Die Señora
griff in ihre Handtasche, um ihr einen Fächer zu entnehmen, klappte ihn auf und
fächelte sich Luft zu. Berger hatte den Eindruck, dass alle an dem Gespräch
Beteiligten aufatmeten. Schlagartig wurde die Stimmung friedlicher. Er wusste
zwar nicht, warum, aber Berger stellte den Spielstand auf 1:1.
    »Señora, waren Sie 1942 älter als zwölf?«
    » Sí , Señor.«
    »In der Kirchenchronik stand etwas von einer Abstimmung. Über was
wurde da abgestimmt?«
    »Darüber, ob die Familienehre durch das Verhalten meiner Schwester
besudelt

Weitere Kostenlose Bücher