Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
hat.«
»Die Soutane gibt der Sache noch zusätzlich einen Megakick.«
»Und was sollen wir Ihrer Meinung nach dagegen machen? Ich könnte
mich rasch umziehen. Ich habe ja alles dabei.«
»Lassen Sie mal, das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen, da müssen
wir jetzt durch.«
Sie fuhren für eine kurze Weile schweigend, um die Schönheit der
Landschaft auf sich einwirken zu lassen. Berger fand es immer wieder
faszinierend, wie sich Mallorcas Landstraßen ihren Weg durch das Gewimmel
dieser für diese Gegend so typischen Steinmauern bahnten. Auf der einen Seite
wirkten sie etwas bedrohlich, auf der anderen Seite ging von ihnen aber auch
etwas Bezauberndes aus.
»Es mutet hier alles an wie ein verwunschenes Paradies«, sagte
Crasaghi verträumt.
» Sí , Señor«, erwiderte Berger, »aber wie
in jedem Paradies lauern hier auch Tücken. Was glauben Sie, wie viele Touristen
in ihren Mietwagen, auf Mietrollern und sogar Rennrädern an diesen Steinwällen
schon ihr Leben lassen mussten, weil sie die Gefahr einfach unterschätzten?
Wenn die Bauern mit ihren Treckern von den Campos kommen, bringen sie von dort
Sand auf die Straße. Meist sind die Einfahrten in den Kurven. Der Dreck verhält
sich wie Rollsplitt, und die Biker machen einen Abflug. Wenn im Herbst der gota fría herunterprasselt, werden die Steinkanäle gar zu
reißenden Strömen.«
»So ist das Leben«, resümierte der Bischof. »In jedem Garten Eden
lauert eben auch eine Schlange.«
»Das verwechseln Sie mit der Loreley am Rhein, Exzellenz. Nackte
Damen sitzen hier aber eigentlich nicht auf den Mauern.«
***
Testamentseröffnungen kennt man ja aus englischen Krimis. Dort geht
meist der Mörder leer aus und verlässt Gift und Galle spuckend das stilvoll mit
Möbeln aus wertvollen Hölzern eingerichtete Büro des mit dem Toten eng
befreundeten Anwalts, um neue Rachemorde zu planen. Das Büro des Señor Narratx
hatte nichts von diesem gediegenen Ambiente. Es wirkte eher wie eine Zockerhöhle
im Hinterzimmer irgendeiner sizilianischen Milieukneipe.
Um einen langen Marmortisch herum saßen all die Menschen, die vom
Notar geladen worden waren und somit aus dem Testament etwas zu erwarten
hatten. Einem Vertreter der Staatsanwaltschaft und dem Comisario waren Plätze
in der zweiten Reihe zugewiesen worden. Von dort aus würden sie die Erbmasse
für strittig erklären, falls sich zwischen dem Erwerb des Erbgutes und einer
kriminellen Handlung eine Verbindung herstellen ließe.
Jeder der Geladenen hatte einen Anwalt und einen Vertreter seiner
Hausbank dabei. Die Banker hatten die Aufgabe, die jeweiligen Güter entweder
für schuldenfrei zu erklären oder für den Erben sofort die Hypothek zu leisten,
um damit etwaige Schulden abzudecken.
Sowohl der von Pepe eigentlich ungeliebte Neffe Julián als auch
dessen Schwester und die beiden Großnichten erbten je zwei Güter oder Häuser in
Colonia Sant Jordi, in dessen Umgebung oder in Ses Salines.
Man war sich schnell darüber einig, wie viel man für die Beisetzung
des Verstorbenen ausgeben und wie viel jedem nach Abzug aller Anwalts- und
Bankkosten bleiben würde. Auch über diese Summen wurden sofort Schecks
ausgestellt.
Keiner der Erben zuckte auch nur mit der Wimper, als der Notar auf
Pepes Konto für Geldanlagen zu sprechen kam. Der Wert des gesamten Guthabens
auf den diversen Unterkonten zuzüglich der Festanlagen und Aktien wurde vom
zuständigen Bankier mit knapp über sechs Millionen Euro angegeben. Allen schien
klar gewesen zu sein, dass an diesem Punkt der Staatsanwalt sein Vetorecht
ausüben würde, was er denn auch tat. Verloren war das Geld damit aber noch
nicht für sie. Der Staat würde nun innerhalb eines halben Jahres nachweisen
müssen, dass es sich dabei um Geld aus kriminellen Machenschaften handelte.
Sollte das nicht gelingen, fiele die Summe an den von Pepe bestimmten Erben.
Das war allerdings, wie Narratx nun verlauten ließ, der Rentenfonds der U-Boot-Fahrer,
und dagegen erhoben die vier Anwälte der Familie Álvarez umgehend Einspruch.
Ein lohnendes Geschäft für alle Beteiligten, denn auch in Spanien richtete sich
das Honorar des Anwaltes nach dem jeweiligen Streitwert.
García Vidal war sich sicher, es bei der Familie Álvarez mit Mallorquinern
vom alten Schlag zu tun zu haben, einem Schlag, mit dem in puncto Finanzen
nicht gut Kirschen essen war. Man besaß zwar Geld, sprach aber grundsätzlich
nicht darüber, schon gar nicht mit Fremden, und ganz und gar nicht, wenn
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