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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Sessellehnen fallen, «das eine muss das andere nicht ausschließen. Nicht unbedingt. Sprechen Sie mit Nina, dann werden Sie selbst sehen. Sie wohnt hier im Hotel, unsere Zimmer waren für heute und morgen reserviert, ihre frühere Ankunft war kein Problem. Ich habe heute noch nicht mit ihr gesprochen, bei unserer Ankunft hat man mir gesagt, sie sei im Haus und wolle nicht gestört werden. Das habe ich respektiert, obwohl ich sie vor unserem Besuch im hospital sehr gerne gesprochen hätte. Ich nehme an, sie ist auch jetzt in ihrem Zimmer.»
    «Leider nicht, Señor Seifert. Ich dachte, Sie wüssten, wo sie ist, aber ich sehe, Sie sind überrascht. Bei Ihrer Ankunft haben Sie eine falsche Auskunft bekommen, sicher war es nur ein Irrtum. Señorita Instein hat das Bitte-nicht-stören- Schild an die Tür gehängt, das stimmt, aber sie ist nicht in ihrem Zimmer. Als das Schild am Nachmittag immer noch an der Klinke hing und das Zimmermädchen von innen nicht das geringste Geräusch hörte, hat sie sich Sorgen gemacht und die Tür geöffnet. Sie war unverschlossen, das Zimmer leer, der Schlüssel lag auf dem Nachttisch. Von der Señorita und ihrem Gepäck keine Spur. Zuletzt wurde sie gestern am Spätnachmittag gesehen, als sie ihren Schlüssel am Empfang holte und auf ihr Zimmer ging. Seitdem — nada.»
    « Sie wird in ein anderes Hotel gezogen sein», überlegte Leo laut. «Ich verstehe gut, wenn sie ihre Ruhe will und keine Lust auf unsere mitleidigen Gesichter und Fragen hat.»
    Jakob sagte nichts. Er starrte auf den Teppichboden, als zähle er die Bourbonenlilien des Musters.
    «Gewiss besteht kein Grund zur Sorge, Señor Seifert.» Die Milde in Obanos’ Stimme klang wenig überzeugend, eher wie das Schnurren einer Katze vor dem Sprung. «Rufen Sie sie an, und wir werden sehen. Sie haben doch ihre Handynummer?»
    Jakob schüttelte müde den Kopf. «Ich habe keine Ahnung. Und im Moment, Inspektor, fühle ich mich für Nina nicht verantwortlich. Wenn sie es vorzieht, woanders zu wohnen und mir keine Nachricht zu hinterlassen, ist das ihre Sache. Sie wird sich schon wieder melden, zumindest offiziell gehört sie noch zu unserer Gruppe. Und jetzt möchten Frau Peheim und ich in den Speisesaal gehen. Wir hatten einen anstrengenden Tag und haben seit vielen Stunden nichts gegessen, wobei mir im Moment allerdings mehr nach einem doppelten Veterano Osborne ist. Falls Sie noch jemand von uns sprechen wollen, befragen, was auch immer, muss es bis morgen Zeit haben. Wir frühstücken ab acht, um halb zehn beginnt unser Stadtrundgang. Bis dahin erreichen Sie uns hier, nachmittags sind wir außerhalb von Burgos unterwegs. Oder kommen Sie gleich jetzt mit. Unsere Gruppe hat eine Ecke für sich und isst an einem gemeinsamen Tisch, da haben Sie alle auf einen Streich. Außer Nina natürlich.»
    Damit marschierte er mit grimmig vorgeschobenem Kinn in Richtung Speisesaal davon.
    Leo sah ihm verblüfft nach. Solche Heftigkeit hatte sie von ihm nicht erwartet. Wahrscheinlich lag es am Hunger, der machte gereizt.
    Inspektor Obanos war ganz andere Reaktionen auf harmlose Fragen gewöhnt, er lächelte unerschüttert. Wie Leo ließ er sich nicht leicht fortschicken. Er stopfte achtlos seine Notizen in die Jacketttasche und ließ ihr mit einer galanten Handbewegung den Vortritt.
    Es war spät geworden, sie hoffte, die Schüsseln waren noch nicht alle leer. Bis Jakob es erwähnte, hatte sie es nicht bemerkt, nun spürte sie ihren Hunger, wahrhaft nagenden Löwenhunger.
     

Kapitel 6
     
     
     
    Donnerstag / 5. Tag
     
    Das Frühstück stand noch ganz unter dem Eindruck des Besuchs von Inspektor Obanos. Edith schwärmte von seiner Höflichkeit. Die südländischen Männer hätten eben doch mehr Stil. Selma, die anders als ihre Freundin stets den skandinavischen Typ bevorzugt hatte, war beeindruckt, weil er als Gastarbeiterkind das Abitur und eine solide Karriere geschafft hatte. Dass er immer noch, nach all den Jahren, gut Deutsch spreche, wenn auch mit leichtem schwäbischen Akzent, beweise eine überdurchschnittliche Intelligenz. Rita mochte dem nicht zustimmen, im Übrigen sei der Ring, den er am kleinen Finger seiner rechten Hand trage, total geschmacklos. Caro widersprach Letzterem vehement, auch wenn sie nicht wie Rita die erklärte Expertin für Dekoratives und Design sei. Möglicherweise litten beide an einem Kater.
    Inzwischen versuchte Eva Enno davon zu überzeugen, dass ein gepflegter Schnauzbart wie der des Inspektors keineswegs

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