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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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sinken, Hedda und Felix sahen von ihrer Broschüre auf.
    «Überhaupt nicht, Edith. Man wird doch nachdenken und Schlüsse ziehen dürfen.» Selma sah zustimmungheischend in die Runde. «Ist es etwa nicht höchst verdächtig, wenn die einzige Person, die den armen Benedikt schon lange kennt und zudem dort oben in seiner Nähe war, plötzlich untertaucht? Ausgerechnet in Burgos, wo die Polizei uns erwartet hat? Dass sie nicht gerade ein Herz und eine Seele waren, haben wir alle gemerkt. Soll man das schönreden?»
    «Stopp, Selma.» Jakob fand es an der Zeit, dem Disput ein Ende zu machen. «Das ist überhaupt nicht verdächtig. Zum einen konnte niemand ahnen, dass die Polizei noch Fragen an uns hat. Damit war nicht zu rechnen. Zum anderen ist Nina nicht . Davon kann keine Rede sein. Sie ist ausgezogen, mehr wissen wir nicht. Sie hat keine Nachricht hinterlassen, das mag nicht nett sein, ist aber kein Grund für Verdächtigungen. Sie war gestern noch im Krankenhaus bei Benedikt. Es ist schwer für sie, ich mache mir eher Sorgen. Ich weiß, Selma», lenkte er ein, wie es seiner Rolle und Aufgabe entsprach, «du bist beunruhigt. Aber das ist überflüssig. Ich erinnere euch alle an eines: Benedikt hatte einen Unfall. Punkt. Es gibt absolut keinen Hinweis auf etwas anderes. Wäre es so, hätte Inspektor Obanos sicher keinen Wein mit uns getrunken, wenn es auch nur ein halbes Glas war. Lasst eure Phantasie nicht mit euch durchgehen. Und jetzt hätte ich gerne Kaffee. Ist noch welcher da?»
    «Wo ist überhaupt Ignacio?», fragte Rita und reichte ihm die Kanne über den Tisch.
    «Sicher hat er längst gefrühstückt und poliert seinen Bus. Wir brauchen ihn erst heute Nachmittag. Er isst alleine, weil er so gut wie kein Deutsch spricht, nicht weil ich ihn wie einen Domestiken in der Küche essen lasse. So was hat Leo schon vermutet, obwohl sie es freundlicher ausgedrückt hat. Er fährt die Strecke regelmäßig und hat inzwischen in den meisten unserer Hotels alte Bekannte. Mit denen setzt er sich lieber an den Tisch. Mit uns zu essen bedeutet für ihn, in einem Film in fremder Sprache ohne Untertitel zu sitzen — sehr anstrengend.»
    «Warum hat der Inspektor nicht mit ihm gesprochen? Er hat nicht mal nach ihm gefragt, oder? Ich habe gestern doch gesagt, Ignacio kann bezeugen, dass wir in Burguete waren.»
    «Kein Grund zur Aufregung, Rita. Das kann nur bedeuten, dass er an keinem deiner Worte gezweifelt hat.» Jakob grinste. «Du warst sehr energisch.»
    «Ich fürchte, ich war vor allem ein bisschen betrunken. Nie wieder spanischen Rotwein! Na ja, nicht vor morgen Abend. Urlaub ist Urlaub.» Jakob irrte sich. Nachdem er in den Speisesaal zurückgekehrt war, hatte Inspektor Obanos an der Rezeption nach Ignacio Cristobal gefragt und ihn in der kleinen Bodega ein paar Häuser weiter gefunden, in der er sich bei seinen Stopps in Burgos gewöhnlich mit einem Freund zu einem Schlaftrunk traf. Ja, hatte der Fahrer bestätigt, er habe Señora und Señor Müller mit zum Hotel in Burguete zurückgenommen. Den Rest des Tages habe er bei der Familie einer Freundin seiner Frau verbracht, die in der Nähe lebe, deshalb habe er die Müllers danach nicht mehr gesehen.
     
    Die bescheidene Kapelle in Eunate mochte ihren ganz eigenen Reiz und eine geheimnisvolle Atmosphäre haben, die Kirchen in Pamplona, Puente la Reina oder Nájera beeindruckend sein — die Kathedrale Santa María in Burgos war schon in ihrer äußeren Gestalt überwältigend. Gigantisch wie eine Pyramide und zart wie ein weiblicher Schmuck, hatte sie ein französischer Kunstkritiker des 19. Jahrhunderts beschrieben. Enno hatte darauf hingewiesen, ein überdimensioniertes heidnisches Grabmonument sei keinesfalls mit einem christlichen Gotteshaus zu vergleichen, Leo hingegen fand, treffender konnte man es kaum ausdrücken. Edith hatte Enno daran erinnert, auch eine Kathedrale sei stets voller Sarkophage und Gräber. Im Übrigen sei Toleranz eine christliche, leider wieder zunehmend vernachlässigte Tugend.
    Mit ihren Schwestern in Sevilla und Toledo zählte Santa María, gut hundert Meter lang, sechzig Meter breit und im Mittelschiff fast dreißig Meter hoch, zu den drei größten Spaniens. Ihre beiden Haupttürme waren nach gründlicher Restaurierung und Reinigung wie der ganze Komplex der Kathedrale im klaren Sonnenlicht eher weiß als kalksteinfarben. Sie erinnerten aus gutem Grund an den Kölner Dom. Sven, der die Kathedrale von Pamplona nicht mit

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