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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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ihrer Katze, hängt von alten Familienfotos umgeben Erinnerungen nach und wartet als Letzte des Geschlechts auf ihr Ende im Familiengrab. Zu Besuch kommt nur noch der Priester aus dem Dorf, der ist auch nicht mehr der Jüngste, sie trinken dann zusammen ein Schnäpschen und beten den Rosenkranz.»
    Leo lachte, so sehr, dass Helene sie verblüfft ansah, bevor sie sich anstecken ließ.
    «Stimmt schon», sagte sie, «das ist eine verstaubte Geschichte. Aber sie passt in diese einsame Gegend. Findest du nicht?»
    «Sie ist perfekt», versicherte Leo. «Ich sehe die beiden vor mir in abgeschabten roten Sesseln sitzen und auf den verschollenen Gatten der Señora anstoßen.»
    «Auch nicht schlecht. Ein verschollener Gatte lässt eine tragische Liebe vermuten. Aber vielleicht war sie froh, dass sie den groben Kerl los war. Das kommt vor. Meinst du, sie hat was mit dem Priester gehabt?»
    «Auf keinen Fall. Nicht deine stolze Señora. Das hätte sie sich niemals erlaubt.»
    «Schade. Ich hätte es ihr gegönnt.» Helene bändigte ihr rotes Haar zum Pferdeschwanz, um ihrem Nacken die Kühlung des Windes zu gönnen, nahm einen Schluck aus ihrer Wasserflasche und machte sich wieder auf den Weg. Sonst war weit und breit niemand von der Gruppe zu sehen.
    Leo folgte ihr, sie lächelte immer noch. Schon beim Frühstück hatte sie sich und ihre Orientexpress-Geschichte verspottet. Helenes unbeugsame alte Señora, dieses so kitschig schöne Klischee, hatte sie so sehr lachen lassen, weil sie ihre nächtliche Phantasie vollends ad absurdum führte. Helene, eine Frau, die solche Mädchengeschichten mit sich herumtrug, als Teil eines mörderischen Dutzends — das war wirklich kurios.
    Als der Weg eine sanft abschüssige Schotterstraße kreuzte, gerade breit genug für einen Traktor, blieb sie stehen und sah sich um. Helene hatte sich für die abzweigende Straße entschieden, die etwa nach einem Kilometer bei einem Dorf an der quer verlaufenden Landstraße endete. Sie war nur noch eine kleine bunte Figur auf staubigem Weg kurz vor dem Asphaltband, das kilometerweit schnurgerade nach Carrión de los Condes führte, dem nächsten Treffpunkt.
    Helene war dem Muschelzeichen gefolgt, doch ein zweites direkt daneben wies zum Pfad, der halbrechts weiterverlief. Leo zögerte. Wo waren die anderen? Der Pfad vor ihr verschwand nach wenigen Metern hinter einem mit Gestrüpp bedeckten Ackerwall, dort war niemand zu sehen, und entlang der Landstraße versperrten haushohe, von goldgelben Blüten schwere Ginsterbüsche die Sicht.
    Leo beschloss, Helene habe sich für den falschen Weg entschieden, sicher für den unangenehmeren — wer mochte schon zwölf Kilometer auf einem staubigen Schotterweg entlang einer öden Landstraße pilgern?—, und folgte dem schmalen Pfad. Extratour, flüsterte es in ihrem Kopf, mal wieder so eine fragwürdige Extratour.
    «Na und?», sagte sie laut. Die Karte zeigte, dass zwei Wanderwege nach Carrión führten. Oder nicht? Leider hatte sie sie im Bus gelassen.
    Schon nach wenigen Minuten fühlte sie sich, als habe sie die reale Welt des 21. Jahrhunderts und seine Menschen hinter sich gelassen. Sie ging auf einem kaum mehr als fußbreiten Pfad entlang eines munteren flachen Flüsschens mit Binsen auf winzigen Sandbänken. Ackerraine und verwilderte Wiesen zeigten sich als buntes Gewebe von Margeriten und Klatschmohn, Klappertopf und Wolfsmilch, purpurfarbenem Dost, violetten Disteln und Lupinen. Nahe dem Wasser und auf beiden Seiten des Pfades wucherten Sumpfkresse und gelber Acker-Senf, manchmal schulterhoch. Es war so still, dass sie das Fließen des Wassers zu hören meinte, das Gurgeln über einer Untiefe. Kein Vogel sang, nur der warme Wind raunte im Laub der Pappeln und Weiden, ab und zu quakte ein Frosch, als in den Wiesen am jenseitigen Ufer die Dächer eines Dorfes auftauchten, verwehte Glockenklang.
    Der Pfad wurde noch enger und holperiger, in diesem Frühjahr war ihn ohne Zweifel noch niemand gegangen. Nicht Helene, sie selbst hatte den falschen Weg eingeschlagen. Aber da war das Muschelzeichen gewesen, also führte er in die richtige Richtung — hoffentlich hatte niemandschlechten Humor bewiesen und das Schild in eine falsche Richtung gedreht. Umkehren kam nicht in Frage, dafür war sie schon zu weit gegangen. Und gehörte eine Prise Abenteuer, ein Ausflug die Irre, nicht dazu?
    Immer wieder musste sie sich durch in den Weg wuchernde Stauden wilden Senfs kämpfen, zweimal über Steinbrocken in einem quer

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