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Tod auf der Donau

Titel: Tod auf der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michal Hvorecky
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Sorgen; die Brücke wurde fortan von Selbstmördern, den Opferneiner fortschreitenden industriellen Revolution, genutzt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges sprengten die Nazis schließlich alle Budapester Brücken in die Luft.
    In Budapest ist die Donau weder blau noch schwarz, noch braun, vielmehr bedrohlich grau. Es waren die Ufer der Donau, wo die wesentlichsten Werke über die Funktionen der Träume entstanden sind.
    Abschließend führte Katalin die Touristen zum Mahnmal an der Donau, das an die Judenhinrichtungen im Winter 1944 erinnerte. Am Ufer zwischen dem Roosevelt- und dem Kossuthplatz, etwa einen Kilometer vom Schiff entfernt, lagen bronzene Schuhe verstreut, zum Gedenken an jene Menschen, die hier erschossen oder im Fluss ertränkt worden waren.
    Die Amerikaner gerieten in Panik, seufzten, rangen ihre Hände, schrien vor Rührung, manche weinten sogar. Erwin Goldstucker jammerte als Einziger nicht, er versuchte seinen Blick zu schärfen, und Martin schien es fast so, als hätte er einen Augenblick lang gelächelt.

19. GULASCH
    Drei volle Busse brachen nach dem Mittagessen zum Ausflug in die ungarische Steppe auf. Es ging anderthalb Stunden auf der Autobahn in Richtung Süden, zum Nationalpark Hortobágy. Seinerzeit hatten Kaufleute auf diesem Weg Salz aus Salzburg nach Buda befördert. Martin erklärte den Touristen, dass Ungarisch keine slawische, germanische und auch keine romanische Sprache sei, vielmehr eine finnougristische, verwandt mit dem Finnischen, Estnischen und Lappischen, jedenfalls ungeheuer schwer zu erlernen. Als 1924 Thomas Mann nach Budapest kam, wollte er sogar mongolische und türkische Anklänge in der Sprache gehört haben.
    Es folgte ein gemeinsames Essen auf dem Bauernhof. Die Amerikaner saßen um schwere Holztische herum und bekamen reichlich Getränke und Essen vorgesetzt. Die Wände der Stube waren mit Trachten und Bauerngerät geschmückt. Aus der Küche wurden ein Kessel Gulasch und einige Körbe voller Weißbrot gebracht. An Paprika und Pfefferoni war nicht gespart worden. Die Bauern, auch ihre Frauen und Kinder, versammelten sich um das Feuer, manche hatten Kartoffeln mitgebracht und warfen diese in den Kessel, andere legten Holz nach. Das Essen musste ordentlich weich gekocht werden, um von den zahnlosen Touristen (und Drittgebissträgern) gekaut werden zu können.
    Aufgrund der großen Portionen, doch vor allem dank des so starken Weins, wurden die Amerikaner zunehmend lebendiger. Alle waren weitaus gelöster als auf dem Schiff. Der Himmel war die ganze Zeit über wolkenlos. Martin wusste nicht, ob er sich plötzlich so frei und locker fühlte, weil die ganze Gruppe glänzende Augen bekommen hatte, oder ob seine Distanz zu den Touristen gerade dahinschmolz.
    Auf dem kleinen Podium nahmen die Musiker Platz – bärtige Roma mit einer Geige, einem Kontrabass und einem Zymbal. Schon der erste, kräftige Zymbalton ließ jegliche Zurückhaltung verschwinden. Sogleich fanden sich einige amerikanische Paare, die wild und weitaus verrückter herumfegten als im Salon des Schiffes. Der Hof verwandelte sich in einen wilden Strudel wirbelnder, springender und stampfender Körper. Bei jedem Takt klirrten die Gläser.
    In den Pausen zwischen dem Weinausschank brachten die Serviermädchen den Touristen einige Volkstänze bei, nach denen die Amerikaner noch heiterer gestimmt an ihre Tische zurückkehrten. Der Kapellmeister verbeugte sich nach jedem Lied mit der Geige unter dem Arm, und wenn ihm ein Fünf- oder Mehrdollarschein zugesteckt wurde, zwinkerte er seinen Kollegen zu, und sie legten sofort wieder los.
    Martin wusste, dass alles gespielt und überzogen war und die Eigentümer nur am Gewinn interessiert waren, doch es schien ihm manchmal, dass sogar die Darsteller etwas Spaß hatten – und falls nicht, dann hatten sie ihre Arbeit tadellos ausgeführt. Morgen bereits würden sie es vielleicht für Deutsche oder Spanier tun. Der trockene Rotwein wurde pausenlos nachbestellt. Ständig wurde auf die Gesundheit angestoßen, die Rauchwolken hüllten alles in einen graublauen Dunst. Martin fühlte eine an Ausgelassenheit grenzende Leichtigkeit in sich aufsteigen. Die Fotoapparate klickten, doch ansonsten sah es wie auf einem Dorffest in vergangenen Zeiten aus, nur hießen die Menschen Erwin Goldstucker, Jeff und Ashley Rose, Foxy Davidson oder Arthur Breisky, und sie alle waren um die halbe Welt gereist.
    Martin hatte getrunken, doch er wollte es nicht übertreiben. Er täuschte vor,

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