Tod auf der Fähre (German Edition)
war?»
«Kannten Sie alle Verehrerinnen Ihres Mannes?»
«Ich bin ziemlich sicher, dass ich über sein Liebesleben bestens informiert gewesen bin. Ich erfuhr immer alles über Umwege. Wenn ich es mir recht überlege, Hans brachte es mir jeweils schonend bei. Interessant, nicht wahr?»
«Und wussten Sie von den Scheidungsplänen Ihres Mannes?»
«Er wollte sich immer wieder mal scheiden lassen. Immer dann, wenn er pleite war. Das war sein letztes Druckmittel, um an mein Geld heranzukommen, und es funktionierte bestens.»
«Wie heisst die letzte Geliebte Ihres Mannes?»
«Beatrice Rebholz», lautete die Antwort, wie aus der Pistole geschossen.
«Das … das wissen Sie?» Ferrari konnte es nicht glauben.
«Erstaunt? Ich sage Ihnen doch, ich bin bestens informiert. Bei ihr bewies er wenigstens guten Geschmack.»
«Sie sind eine erstaunliche Person, Frau Vischer.»
«Ich fasse dies als Kompliment auf, Herr Ferrari. Wissen Sie, wenn man so etwas über Jahre hinweg mitmacht, stumpft man ab. Ich glaube sogar, dass sich Beatrice in meinen Mann verliebt hatte.»
«Ein weiterer Punkt für Sie.»
«Aber Frank leistete sich keine festen Bindungen bis auf die mit mir. Und ich war bereits eine Belastung für ihn.»
«Sie schildern alles so objektiv und wollten sich trotzdem nicht von ihm trennen, das verstehe ich einfach nicht.»
«Ich konnte nicht, Herr Ferrari. Ich versuchte es mehrmals. Aber meine Gefühle waren stärker. Ich bin nicht dagegen angekommen.»
«Von einer weiteren Liaison wussten Sie nichts?»
«Gleichzeitig mit Beatrice? Nein, da ist mir nichts bekannt. Gab es noch eine andere Geliebte?»
«Frau Rebholz vermutet es. Nein, sie ist sich ihrer Sache sicher.»
«Wie kommt sie darauf?»
«Ihr Mann beendete das Verhältnis mit Frau Rebholz, weil er eine andere Frau liebte.»
Olivia Vischer wurde nachdenklich.
«Eine andere Frau? Davon weiss ich nichts. Wer könnte das gewesen sein? Die grosse Unbekannte?»
«Es scheint so. Auf jeden Fall ist Frau Rebholz sicher, dass sich Ihr Mann in diese Person verliebt hat.»
«Frank verliebt? Er liebte nur sich selbst.»
«Er wollte allem Anschein nach ein neues Leben beginnen.»
«Ist er deshalb den Deal mit Hans eingegangen?»
«Vermutlich. Sie können sich nicht vorstellen, um wen es sich bei dieser Person handelt?»
«Nein … nein, es ist mir ein Rätsel.»
«Sind Sie sicher?»
«Wie … ja, ganz sicher. Haben Sie noch weitere Fragen an mich?»
«Nein, das wäre alles.»
«Dann begleite ich Sie noch hinaus.»
Das abrupte Ende der Unterredung überraschte Ferrari, doch er liess sich nichts anmerken.
«Sind Sie zu Fuss?»
«Ja, ich nehme das nächste Tram.»
«Soll Sie mein Chauffeur nach Hause bringen?»
«Nein, danke. Das ist grosszügig von Ihnen. Aber ich möchte noch einen Besuch bei Herbert Kuhn machen.»
«Wie gehts ihm?»
«Nicht gut. Der Tod Ihres Mannes hat ihn arg mitgenommen. Und natürlich auch der Selbstmordversuch seiner Freundin.»
«Haben Sie mit Isabelle gesprochen?»
«Ja, ich besuchte sie in der Psychiatrischen Universitätsklinik. Wir unterhielten uns angeregt.»
«Sie ist eine grossartige Frau.»
«Den Eindruck habe ich auch.»
«Ich hoffe, dass sie bald wieder gesund wird. Weiss sie, wer Sie sind?»
«Nein, der Chefarzt stellte mich als Freund vor. Ich wollte mir ein Bild von Kuhns Freundin machen. Und was ich gesehen habe, beeindruckte mich. Im Stillen hoffe ich wohl, etwas dazu beizutragen, dass die beiden wieder zueinander finden. Sie wirken hilflos und ich hatte den Eindruck, sie könnten einander helfen.»
«Oder zusammen untergehen. Sie hätten Pfarrer werden sollen, Herr Ferrari.»
«Lieber nicht, Frau Vischer. Verbrecher einfangen ist spannender, nicht jeder Pfarrer ist ein Pater Braun. Übrigens, was Sie sagen, stimmt. Sie gehen vielleicht zusammen unter. Dieses Risiko müssen sie in Kauf nehmen. Aber, wenn es so weitergeht, gehen beide unabhängig voneinander wie Primeln ein.»
«Der Mensch ist eigenartig, Herr Ferrari. Liebe und Hass liegen so eng beieinander.» Sie wechselte plötzlich das Thema. «Herr Ferrari, nachdem, was Sie von meinem Mann halten, wäre es da nicht vernünftig …»
«Was wäre vernünftig?»
«Könnten Sie den Fall nicht auf sich beruhen lassen?»
«Ein eigenartiges Ansinnen, Frau Vischer. Das müssen Sie mir erklären.»
«Ist nicht schon genug passiert? Wenn Sie Franks Mörder finden, das bringt ihn auch nicht zurück. Glauben Sie an Gott, Herr Ferrari?»
Irritiert
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