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Tod auf der Piste

Tod auf der Piste

Titel: Tod auf der Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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hatte. Immerhin verfügte sie ja über eine Taille und eine gewisse Oberweite, ihm hätte das Outfit bestimmt gefallen.
    Dann wurde es auch höchste Eisenbahn – für Kirche, Mittagessen, Kaffee und Abendessen. Eine bayerische Hochzeit war ein einziger Fressmarathon. Aber so sehr Irmi eigentlich davor gegraut hatte, so sehr entwickelte sich der Tag doch zum Besseren. Niemand fragte nach dem aktuellen Fall, der Milchpreis und der Holzpreis waren Thema, und Irmi redete wie immer vor allem mit den Männern. Bei Kindern und Kochen konnte sie einfach zu wenig beitragen. Beim Brautverziehen wurde die Braut dann ins Café in Grafenaschau entführt, und der Wein floss in Strömen. Es dauerte eine Weile, bis der Bräutigam die Gesellschaft gefunden hatte.
    Es musste irgendwas mit den bayerischen Genen zu tun haben: Bier vertrug der gemeine Bayer gut, Wein hingegen machte aus verstockten Muhackln redselige Philosophen. Auch Irmi stand am Ende auf dem Tisch, sie tanzte sogar, und ganz am Ende befiel sie eine Art positives Wurstigkeitsgefühl: Sie lebte, sie lebte nicht schlecht, sie hatte ein Zuhause.
    Das Erwachen am Montagmorgen war umso bitterer. Der letzte Wein musste schlecht gewesen sein, das Fluchtachterl, wie Kathi das nannte. Jenes Getränk, das man eben nicht mehr hätte trinken sollen. Zwei Paracetamol zeigten eine gewisse Wirkung, die immerhin ausreichte, um ins Büro zu fahren.
    Irmi streckte den Kopf ins Zimmer ihres Kollegen. »Sailer, ich hätte da was für Sie.«
    »Was denn?«
    »Ja, und zwar Folgendes: Ihr Schwager arbeitet doch am Lift und hat ja ein gutes Auge. Können Sie bitte noch mal rausfahren und diese Bilder mitnehmen?« Irmi reichte ihm ein Foto von Deubel, das sie auf seiner Homepage gefunden hatte, eines von Grasegger, das aus einer Werbebroschüre der Bank stammte, und eines von Ostler, das sie in der Zeitung entdeckt hatte. Es zeigte ihn zusammen mit einigen amerikanischen Kollegen.
    Sailer betrachtete die Bilder und deutete auf Grasegger. »Den kenn i, des is der geldige Grasegger.« Er tippte auf Ostler. »Den a, der hot meiner Mutter die Hüftg’lenke g’macht.«
    »Ja, Sailer, alles wichtige Männer. Der dritte schreibt sich Hubert Deubel und ist Bauunternehmer. Und weil das so bunte Hunde sind, hat sie vielleicht einer gesehen.«
    Sailer nickte.
    »Ach, Sailer, und fragen Sie nach Männern, die im Laufdress waren, ja?«
    »Laufdress?«
    »Na ja, eben so Zeug, das man beim Joggen trägt. Männer in Strumpfhosen.« Irmi grinste, den Gag hatte Sailer allerdings nicht ganz verstanden. Er nickte aber artig.
    »Und wenn Sie was erfahren, rufen Sie mich an, gell?«
    »Jo.«
    Sie selbst machte sich auf zum Sägewerk in Partenkirchen. Die Größe der Gebäude war beachtlich. Irmi parkte ihr Auto und ging auf eine Halle zu, wo ein Mann gerade mit einem Radlader Sägemehl auf einen Kipper schaufelte.
    »Brauchts ihr a Sägmehl? Da miassts ihr ins Büro. Vui hom ma nimma.«
    Irmi lachte. Sägemehl wurde zur Rarität, vor allem im Winter. Seit die Pelletheizungen boomten, gab es das ehemalige Abfallprodukt nur noch zu Preisen, bei denen man annehmen musste, jemand hätte Diamanten daruntergemengt.
    »Nein, danke, wir streuen mit Stroh ein, aber ich bräuchte den Chef.«
    »Im Büro!« Er wies zu einem Blockhaus hinüber. »Da huift ma Eana weiter.«
    Irmi nickte, schlenderte über den Platz und öffnete die Tür. Das Büro sah aus wie die Unterkunft eines kanadischen Trappers. Ein Holztresen, auch die Schreibtische im Hintergrund aus Holz, ein Schwedenofen, ein paar Holzsessel aus Birke. Dieses Büro war definitiv eine gute Visitenkarte für jemanden, der mit Holz arbeitete.
    Ein junges Mädchen sah sie fragend an. »Bitte?«
    »Ich hätte gerne Florian Eitzenberger gesprochen.«
    »Der is unterwegs. Die Roswitha is do.«
    »Auch gut, wo finde ich sie?«
    »Sie is drüben im Haus. Soll i anrufn?«
    »Nein, ich geh schnell rüber.« Irmi lächelte das Mädchen an. »Wirklich ein hübsches Büro.«
    »Ja, des macht da Chef ois selber. Die Stühl a.«
    »Toll!«, sagte Irmi mit Inbrunst und zog die Tür schnell hinter sich zu. Sie war froh, dass sie ihre Identität nicht hatte lüften müssen. Daran würde sie bei Roswitha Eitzenberger allerdings nicht vorbeikommen.
    Auch das Wohnhaus war ein Blockhausbau aus schweren Balken. Irmi läutete. Eine Frau mit grauem Haar und Kurzhaarschnitt öffnete. Wenn das Roswitha Eitzenberger war, sah sie älter aus als die fünfundfünfzig, die sie nun zählen

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