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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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»Oder sollen wir die großen
     Wunder Gottes nur staunend betrachten?«
    Seufzend wandte er sich
     wieder dem Pergament zu, das er am Abend zuvor studiert hatte. Es zeigte
     eine rohe Grundrißzeichnung seiner Kirche. Der Gemeinderat in seiner
     Weisheit hatte entschieden, am Namenstag des Pfarrheiligen im
     Kirchenschiff ein Mysterienspiel aufzuführen. Athelstan legte jetzt
     eine Liste der Dinge an, die man dazu brauchen würde. Thomas
     Drawsword, ein neues Mitglied der Gemeinde, hatte sich bereiterklärt, einen großen
     Karren zu beschaffen, der als Bühne dienen konnte, aber sie würden
     noch mehr benötigen. Athelstan studierte seine Liste:
     
    Zwei Teufelsmäntel
    Ein Hemd
    Drei Masken
    Flügel für die Engel
    Drei Trompeten
    Eine Höllenpforte
    Vier kleine Engel
    Nägel
    Zu guter Letzt: Eine große Plane für den Hintergrund.
     
     
    Das Stück hieß Das Jüngste
     Gericht , und
     Athelstan bereute inzwischen, daß er das Unternehmen mit solcher
     Begeisterung in Angriff genommen hatte.
    »Wir werden zu wenig Flügel
     haben«, murmelte er. »Und Engel mit nur einem Flügel, das
     geht nicht.« Er stöhnte. All das war nichts im Vergleich zu den
     Streitereien darüber, wer welche Rolle spielen sollte. Watkin, der
     Mistsammler, bestand darauf, Gott zu sein, aber Pike, der Grabenbauer,
     machte ihm diese Rolle erbittert streitig. Dieser Kleinkrieg hatte auch
     auf ihre Kinder übergegriffen, die sich über die Frage zankten,
     wer die vier guten und die vier bösen Geister und die sechs Teufel
     spielen dürfe. Watkins wuchtige Frau, deren Stimme den Messingklang
     einer Posaune hatte, verkündete, sie werde Unsere Liebe Frau
     darstellen. Tab, der Kesselflicker, drohte, sich ganz aus dem Festspiel
     zurückzuziehen, wenn er keine Hauptrolle bekäme.
    Huddle, der Maler, war zwar
     über solches Gezänk erhaben, aber er hatte eigene
     Probleme. Es machte ihm einige Mühe, einen überzeugenden Höllenschlund
     zu malen. »Der vordere Teil des Karrens muß erhöht
     werden, Pater«, beharrte er, »so daß die Verdammten,
     wenn sie durch das Höllenmaul gehen, abwärts verschwinden.«
    Athelstan warf seinen
     Federkiel auf den Tisch.
    »Weißt du, wen
     wir brauchen, Bonaventura?« sagte er. »Sir John Cranston. Er
     hat versprochen, daß seine Zwillinge, die beiden Kerlchen, als
     Cherubim herumtappen dürfen, und Sir John selbst würde einen
     wunderbaren Satan abgeben.«
    Athelstan hielt inne und
     starrte an die rußgeschwärzte Holzdecke. Cranston! Vor drei
     Tagen hatte Athelstan ihn besucht und in seiner großen Küche
     gesessen, während die beiden Kerlchen quiekend vor Lachen
     umhergetollt waren. Sie hatten sich an die Schwänze der großen
     Irischen Wolfshunde gehängt, die Cranston in einem Anfall von Großzügigkeit
     in sein Haus aufgenommen hatte. Dem Aufruhr zum Trotz war der Coroner,
     befaßt mit der Kleinarbeit der städtischen Verwaltung, bester
     Stimmung gewesen, aber er hatte doch, angeregt vom reichlich genossenen
     Rotwein, eine düstere Prophezeiung abgegeben: Ein schrecklicher Mord,
     irgendeine blutige Tat, werde sie schon bald heimsuchen. Athelstan konnte
     ihm nur beipflichten; das Leben war ziemlich ruhig und angenehm gewesen,
     seit er und Sir John vor einigen Monaten das Verbrechen im Rathaus
     aufgegklärt hatten.
    Athelstan wärmte sich
     die Hände am Feuer. Er war froh, daß der Winter nahte. Die
     Ernte war gut gewesen. Die Preise für Getreide und Brot waren
     gesunken, und infolge dessen war die brodelnde Unzufriedenheit in der
     Stadt ein wenig zurückgegangen. Die Gefahr des Aufruhrs war gewichen,
     obwohl Athelstan wußte, daß sie sich nur verbarg wie ein
     Saatkorn im Boden, das darauf wartete zu sprießen. Er seufzte; man
     konnte nur hoffen, beten und sein Bestes tun. 
    »Komm, Bonaventura«,
     sagte er. »Laß uns essen.«
    Er nahm zwei große Schüsseln
     vom Bord über dem Kamin, löffelte heiße, dampfende Hafergrütze
     hinein und trug sie in die Speisekammer. Genau nach Benedictas Anweisungen
     bestreute er die beiden Schüsseln mit Zimt und Zucker und kehrte dann
     in die Küche zurück. Die eine Schüssel stellte er für
     den stets hungrigen Kater vor den Herd. Athelstan segnete sich selbst und
     Bonaventura, griff nach seinem Hornlöffel und fing an, die nahrhafte,
     kochendheiße Hafergrütze zu essen. Er hatte seine Schüssel
     eben leergegessen -das heißt, er ließ Bonaventura die letzten
     Reste ausschlecken -, als er draußen Getöse

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