Tod auf der Themse
lächelte
er, als ihm einfiel, daß Gott denen half, die sich selbst halfen.
»Bleibt hier«,
befahl er, wandte sich ab und ging zurück durch den Lettner.
»Oh, bitte nicht!«
wisperte Ashby. »Die bringen mich um!«
Athelstan nahm das schwere
Bronzekreuz vom Altar. Er zwinkerte Ashby zu und schritt, das Kreuz vor
sich, in die Kirche zurück. Das höhnische Grinsen verschwand aus
Marstons Gesicht.
»Was hast du vor?«
»Nun«, sagte
Athelstan, »zunächst einmal werde ich dich mit diesem Kruzifix
exkommunizieren. Und wenn du noch näher kommst, werde ich dir damit
die Rübe einschlagen.«
Marston zog Schwert und
Dolch. »Na, komm doch!« zischte er. »Versuch’s
nur!«
»Aber, aber, meine Böckchen!
Reizende Kerlchen, alle miteinander!«
Sir John Cranston kam, in
seinen weiten Soldatenmantel gehüllt, durch das Kirchenschiff
herangerauscht und marschierte mitten durch die Meute, daß die Kerle
wie die Kegel nach rechts und links flogen. Er schob Marston beiseite,
blieb bei Athelstan stehen und hob den Weinschlauch an den Mund. Er schmatzte, als ihm der Wein durch
die Kehle rann. Marston und die anderen wichen zurück.
»Wer bist du denn, du
dicker fetter Scheißhaufen?« fragte Marston und hob Schwert
und Dolch.
Cranston verschränkte
die Arme vor der Brust und kam langsam auf ihn zu. »Wer ich bin?«
flüsterte er mit süßer, beinahe mädchenhafter Stimme.
Marston schaute ihn verdutzt
an - aber nur kurz, denn Cranston schlug ihm mitten ins Gesicht. Seine
Faust, so groß wie ein Schinken, traf die Nase des Mannes, daß
er der Länge nach zwischen seine Kumpane flog. Blut spritzte hervor
und durchnäßte Bart und Wams. Marston wischte sich das Gesicht
ab, sah das Blut und stürzte sich brüllend vor Wut auf Sir John.
Der dicke Coroner bewegte sich leichtfüßig wie ein Tänzer;
er kam ihm entgegen, trat dann rasch beiseite und streckte ein Bein vor.
Marston fiel flach aufs Gesicht, und Dolch und Schwert flogen davon. Der
Coroner schnalzte mißbilligend mit der Zunge; er zog den Mann an
seinen fettigen schwarzen Haaren hoch, riß ihm den Kopf in den
Nacken, marschierte mit ihm durch das Kirchenschiff und warf ihn draußen
die Treppe hinunter. Dann drehte er sich nach den anderen um.
»Ich zähle bis
zehn«, drohte er.
Als der Coroner bei fünf
angekommen war, stand Marstons Truppe wie ein Haufen erschrockener
Schulkinder bei ihrem Anführer. Voller Ehrfurcht starrten sie zu der
mächtigen Gestalt hinauf, die in wehendem Mantel und mit gespreizten
Beinen oben auf der Kirchentreppe stand. Marston, dessen Gesicht mit Blut
und blauen Flecken bedeckt war, hatte immer noch Kampfeslust in sich. Sir
John drohte warnend mit dem Finger.
»Du wolltest wissen,
wer ich bin. Und jetzt, da du die Kirche verlassen hast, will ich es dir
sagen. Ich bin Sir John Andrew Patrick George Cranston, ein persönlicher
Freund des Königs. Ich bin der Coroner dieser Stadt, ein Beamter der
Justiz, der Gemahl der Lady Maude und die Geißel für Gauner wie
euch. Bis jetzt, meine Böckchen, habt ihr schon eine ganze Reihe von
Verbrechen begangen. Unbefugtes Eindringen, Blasphemie, Kirchenfrevel,
versuchter Verstoß gegen das Kirchenasyl, Angriff auf einen
Priester, Bedrohung eines Justizbeamten, und ipso facto« - Cranston
verbarg sein Lächeln -, »pro facto et de facto seid ihr
schuldig des Hochverrats, von der unterlassenen Anzeige des Hochverrats
gar nicht zu reden. Ich könnte euch verhaften, und man würde
euch vor dem Königlichen Kammergericht in Westminster den Prozeß
machen.«
Die Veränderung, die in
Marston vor sich ging, war wunderbar anzusehen. Er vergaß Blut und
blaue Flecken; sein Mund klaffte offen, und seine Arme hingen schlaff zu
beiden Seiten herunter. Furchtsam starrte er den Coroner an.
»Und jetzt, ihr
Burschen«, sagte Sir John und kam die Kirchenstufen herunter,
gefolgt von Athelstan, »jetzt erzählt mir, was passiert ist,
ja?«
Marston wischte sich das Blut
aus dem Gesicht. »Wir gehören zum Gefolge von Sir Henry Ospring
von Ospring Manor in Kent. Unser Herr wohnte während seiner Reise
nach London in der Herberge ›Zum Abt von Hyde‹ in Southwark.«
»Oh ja, von Ospring
habe ich gehört«, sagte Cranston. »Ein niederträchtiger,
geiziger Knabe, nach allem, was ich weiß.«
»Er ist tot«,
fuhr Marston fort. »In seiner Kammer erstochen von dem
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