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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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lächelte
     er, als ihm einfiel, daß Gott denen half, die sich selbst halfen.
    »Bleibt hier«,
     befahl er, wandte sich ab und ging zurück durch den Lettner.
    »Oh, bitte nicht!«
     wisperte Ashby. »Die bringen mich um!«
    Athelstan nahm das schwere
     Bronzekreuz vom Altar. Er zwinkerte Ashby zu und schritt, das Kreuz vor
     sich, in die Kirche zurück. Das höhnische Grinsen verschwand aus
     Marstons Gesicht.   
    »Was hast du vor?«
    »Nun«, sagte
     Athelstan, »zunächst einmal werde ich dich mit diesem Kruzifix
     exkommunizieren. Und wenn du noch näher kommst, werde ich dir damit
     die Rübe einschlagen.«
    Marston zog Schwert und
     Dolch. »Na, komm doch!« zischte er. »Versuch’s
     nur!«
    »Aber, aber, meine Böckchen!
     Reizende Kerlchen, alle miteinander!«
    Sir John Cranston kam, in
     seinen weiten Soldatenmantel gehüllt, durch das Kirchenschiff
     herangerauscht und marschierte mitten durch die Meute, daß die Kerle
     wie die Kegel nach rechts und links flogen. Er schob Marston beiseite,
     blieb bei Athelstan stehen und hob den Weinschlauch an den Mund. Er schmatzte, als ihm der Wein durch
     die Kehle rann. Marston und die anderen wichen zurück.
    »Wer bist du denn, du
     dicker fetter Scheißhaufen?« fragte Marston und hob Schwert
     und Dolch.
    Cranston verschränkte
     die Arme vor der Brust und kam langsam auf ihn zu. »Wer ich bin?«
     flüsterte er mit süßer, beinahe mädchenhafter Stimme.
    Marston schaute ihn verdutzt
     an - aber nur kurz, denn Cranston schlug ihm mitten ins Gesicht. Seine
     Faust, so groß wie ein Schinken, traf die Nase des Mannes, daß
     er der Länge nach zwischen seine Kumpane flog. Blut spritzte hervor
     und durchnäßte Bart und Wams. Marston wischte sich das Gesicht
     ab, sah das Blut und stürzte sich brüllend vor Wut auf Sir John.
     Der dicke Coroner bewegte sich leichtfüßig wie ein Tänzer;
     er kam ihm entgegen, trat dann rasch beiseite und streckte ein Bein vor.
     Marston fiel flach aufs Gesicht, und Dolch und Schwert flogen davon. Der
     Coroner schnalzte mißbilligend mit der Zunge; er zog den Mann an
     seinen fettigen schwarzen Haaren hoch, riß ihm den Kopf in den
     Nacken, marschierte mit ihm durch das Kirchenschiff und warf ihn draußen
     die Treppe hinunter. Dann drehte er sich nach den anderen um.
    »Ich zähle bis
     zehn«, drohte er.      
    Als der Coroner bei fünf
     angekommen war, stand Marstons Truppe wie ein Haufen erschrockener
     Schulkinder bei ihrem Anführer. Voller Ehrfurcht starrten sie zu der
     mächtigen Gestalt hinauf, die in wehendem Mantel und mit gespreizten
     Beinen oben auf der Kirchentreppe stand. Marston, dessen Gesicht mit Blut
     und blauen Flecken bedeckt war, hatte immer noch Kampfeslust in sich. Sir
     John drohte warnend mit dem Finger.
    »Du wolltest wissen,
     wer ich bin. Und jetzt, da du die Kirche verlassen hast, will ich es dir
     sagen. Ich bin Sir John Andrew Patrick George Cranston, ein persönlicher
     Freund des Königs. Ich bin der Coroner dieser Stadt, ein Beamter der
     Justiz, der Gemahl der Lady Maude und die Geißel für Gauner wie
     euch. Bis jetzt, meine Böckchen, habt ihr schon eine ganze Reihe von
     Verbrechen begangen. Unbefugtes Eindringen, Blasphemie, Kirchenfrevel,
     versuchter Verstoß gegen das Kirchenasyl, Angriff auf einen
     Priester, Bedrohung eines Justizbeamten, und ipso facto« - Cranston
     verbarg sein Lächeln -, »pro facto et de facto seid ihr
     schuldig des Hochverrats, von der unterlassenen Anzeige des Hochverrats
     gar nicht zu reden. Ich könnte euch verhaften, und man würde
     euch vor dem Königlichen Kammergericht in Westminster den Prozeß
     machen.«
    Die Veränderung, die in
     Marston vor sich ging, war wunderbar anzusehen. Er vergaß Blut und
     blaue Flecken; sein Mund klaffte offen, und seine Arme hingen schlaff zu
     beiden Seiten herunter. Furchtsam starrte er den Coroner an.
    »Und jetzt, ihr
     Burschen«, sagte Sir John und kam die Kirchenstufen herunter,
     gefolgt von Athelstan, »jetzt erzählt mir, was passiert ist,
     ja?«
    Marston wischte sich das Blut
     aus dem Gesicht. »Wir gehören zum Gefolge von Sir Henry Ospring
     von Ospring Manor in Kent. Unser Herr wohnte während seiner Reise
     nach London in der Herberge ›Zum Abt von Hyde‹ in Southwark.«
    »Oh ja, von Ospring
     habe ich gehört«, sagte Cranston. »Ein niederträchtiger,
     geiziger Knabe, nach allem, was ich weiß.«
    »Er ist tot«,
     fuhr Marston fort. »In seiner Kammer erstochen von dem

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