Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
inspiziert wurde?«
    Crawley schüttelte den
     Kopf. »Sogar die Kombüse war in Ordnung. Die Trinkbecher waren
     sauber abgewaschen, die Fleischmesser hingen an den Haken.« Crawley
     rieb sich die Wange. »Als ob ein Teufel an Bord gekommen wäre
     und die drei Männer fortgeholt hätte.«  
    »Und seitdem gibt es
     keine Spur von ihnen?«
    »Keine.« 
    Crawley führte sie zurück
     an Deck und rief ein Ruderboot herbei. Der Coroner und Athelstan
     verabschiedeten sich und kletterten die Leiter hinunter, wobei Sir John
     brummte, er sei nun noch kein bißchen klüger als zuvor.
    »Wo soll es jetzt
     hingehen?« fragte Athelstan, als er sich neben Cranston im Heck
     niederließ.
    Während sie sich über
     die rauhe Themse nach Queen’s Hithe zurückrudern ließen,
     betrachtete der Coroner den dunkler werdenden Himmel.
    »Es ist schon spät«,
     murmelte er, »aber vielleicht sollten wir Kapitän Roffels
     Leichnam untersuchen, ehe das Requiem gesungen und er ins Grab gelegt
     wird.«
    Sie fanden die Kirche von St.
     Mary Magdalene an der Ecke der Milk Street ins Dunkel gehüllt. Der
     Pfarrer, Pater Stephen, hatte vor einem tosenden Feuer im Priesterhaus
     geschlafen und begrüßte sie mit Eulenaugen; sein altes Gesicht
     war schlaftrunken, aber er zeigte sich freundlich. Er hielt die Laterne
     hoch und spähte dem Coroner ins Gesicht.
    »Gott segne meine
     Titten!« sagte er. »Das ist ja Sir John!«
    Cranston schob sein Gesicht näher
     heran. »Aber das ist Stephen Grospetch!«
    Die beiden Männer schüttelten
     einander herzlich die Hände.
    »Kommt herein! Kommt
     herein!« lud der Priester sie ein. »Ich habe von Euren Großtaten
     gehört, Sir John, aber für alte Freunde seid Ihr ja viel zu
     beschäftigt.«
    Cranston klopfte ihm
     liebevoll auf die Schulter und schmatzte.
    »Ja, Sir John, ich habe
     Rotwein.« Grospetch zog zwei Schemel vor das Feuer. »Setzt
     Euch! Setzt Euch! Bruder Athelstan?«
    Der Priester ergriff
     Athelstans Hand, als der Coroner sie miteinander bekanntgemacht hatte.
    »So, so, so - Cranston
     und ein Dominikaner. Ihr habt mir immer gesagt,
     Ihr könnt Ordensbrüder nicht ausstehen, Sir John.« Pater
     Stephen zwinkerte Athelstan boshaft zu.
    »Ihr seid ein
     verlogener Straßenköter!« erwiderte Cranston und tat, als
     ärgere er sich. Er ließ sich auf einen Schemel sinken und
     spreizte die großen Hände vor dem Feuer. Pater Stephen lief
     geschäftig umher und brachte Becher mit Rotwein herüber. Für
     Athelstan war es ein Wunder, daß der Priester nirgends aneckte, denn
     der Raum war in Dunkelheit getaucht, abgesehen vom Licht einer einzelnen
     Kerze auf einem Ständer und dem Schein des tosenden Feuers.      
    Der alte Priester setzte sich
     auf einen Stuhl. Er trank Cranston und Athelstan zu und schlürfte fröhlich
     aus seinem Becher.
    »Grospetch«, erklärte
     Cranston, zu Athelstan gewandt, »war Kaplan im Gefolge des Prinzen
     Edward. Er konnte die Messe schneller lesen als sonst jemand, und manchmal
     mußte er es auch. Die Franzosen waren Drecksäcke«, fügte
     der Coroner finster hinzu. »Sie ließen uns nie Zeit, unsere
     Gebete zu Ende zu sprechen.«
    Eine Zeitlang tauschten Pater
     Stephen und Cranston Artigkeiten und Neues von alten Kameraden aus. Dann
     stellte der alte Priester seinen Becher auf den Boden und rieb sich die Hände.
    »Alsdann, Sir John. Ihr
     seid nicht gekommen, um mir mein hübsches Gesicht zu küssen. Es
     ist etwas Amtliches, nicht wahr?«
    »Kapitän William
     Roffel«, sagte Cranston.
    »Heimgegangen zum Herrn«,
     sagte der Priester. »Und wohin dann, das liegt beim Lieben Gott.«
    »Warum sagt Ihr das,
     Pater?«
    »Nun, er gehörte
     zu meiner Gemeinde, aber ich habe nie gesehen, daß er oder seine
     Frau meine Kirche verdunkelt hätten. Sie war gestern bei mir. Sie
     wollte ein christliches Begräbnis für ihren Mann und hat für
     eine Messe bezahlt. Gestern abend habe ich den Leichnam in einem
     Zedernholzsarg in Empfang genommen. Er liegt jetzt vor dem Hochaltar und
     wird morgen begraben.«
    »Ihr wißt also
     nichts über die Roffels?«
    »Kein bißchen.
     Die Frau war ganz ruhig. Sie behauptete, andere Verpflichtungen hätten
     sie von der Kirche ferngehalten.«
    »Sie war also keine
     trauernde Witwe?«
    »Jetzt seid nicht zu
     hart, Sir John. Sie war sehr aufgewühlt.« Der alte Priester
     zuckte die Achseln. »Aber ich erhalte viele solcher Ersuchen. Und
     Ihr kennt ja das Kirchenrecht. Solange jemand nicht

Weitere Kostenlose Bücher