Tod auf der Themse
inspiziert wurde?«
Crawley schüttelte den
Kopf. »Sogar die Kombüse war in Ordnung. Die Trinkbecher waren
sauber abgewaschen, die Fleischmesser hingen an den Haken.« Crawley
rieb sich die Wange. »Als ob ein Teufel an Bord gekommen wäre
und die drei Männer fortgeholt hätte.«
»Und seitdem gibt es
keine Spur von ihnen?«
»Keine.«
Crawley führte sie zurück
an Deck und rief ein Ruderboot herbei. Der Coroner und Athelstan
verabschiedeten sich und kletterten die Leiter hinunter, wobei Sir John
brummte, er sei nun noch kein bißchen klüger als zuvor.
»Wo soll es jetzt
hingehen?« fragte Athelstan, als er sich neben Cranston im Heck
niederließ.
Während sie sich über
die rauhe Themse nach Queen’s Hithe zurückrudern ließen,
betrachtete der Coroner den dunkler werdenden Himmel.
»Es ist schon spät«,
murmelte er, »aber vielleicht sollten wir Kapitän Roffels
Leichnam untersuchen, ehe das Requiem gesungen und er ins Grab gelegt
wird.«
Sie fanden die Kirche von St.
Mary Magdalene an der Ecke der Milk Street ins Dunkel gehüllt. Der
Pfarrer, Pater Stephen, hatte vor einem tosenden Feuer im Priesterhaus
geschlafen und begrüßte sie mit Eulenaugen; sein altes Gesicht
war schlaftrunken, aber er zeigte sich freundlich. Er hielt die Laterne
hoch und spähte dem Coroner ins Gesicht.
»Gott segne meine
Titten!« sagte er. »Das ist ja Sir John!«
Cranston schob sein Gesicht näher
heran. »Aber das ist Stephen Grospetch!«
Die beiden Männer schüttelten
einander herzlich die Hände.
»Kommt herein! Kommt
herein!« lud der Priester sie ein. »Ich habe von Euren Großtaten
gehört, Sir John, aber für alte Freunde seid Ihr ja viel zu
beschäftigt.«
Cranston klopfte ihm
liebevoll auf die Schulter und schmatzte.
»Ja, Sir John, ich habe
Rotwein.« Grospetch zog zwei Schemel vor das Feuer. »Setzt
Euch! Setzt Euch! Bruder Athelstan?«
Der Priester ergriff
Athelstans Hand, als der Coroner sie miteinander bekanntgemacht hatte.
»So, so, so - Cranston
und ein Dominikaner. Ihr habt mir immer gesagt,
Ihr könnt Ordensbrüder nicht ausstehen, Sir John.« Pater
Stephen zwinkerte Athelstan boshaft zu.
»Ihr seid ein
verlogener Straßenköter!« erwiderte Cranston und tat, als
ärgere er sich. Er ließ sich auf einen Schemel sinken und
spreizte die großen Hände vor dem Feuer. Pater Stephen lief
geschäftig umher und brachte Becher mit Rotwein herüber. Für
Athelstan war es ein Wunder, daß der Priester nirgends aneckte, denn
der Raum war in Dunkelheit getaucht, abgesehen vom Licht einer einzelnen
Kerze auf einem Ständer und dem Schein des tosenden Feuers.
Der alte Priester setzte sich
auf einen Stuhl. Er trank Cranston und Athelstan zu und schlürfte fröhlich
aus seinem Becher.
»Grospetch«, erklärte
Cranston, zu Athelstan gewandt, »war Kaplan im Gefolge des Prinzen
Edward. Er konnte die Messe schneller lesen als sonst jemand, und manchmal
mußte er es auch. Die Franzosen waren Drecksäcke«, fügte
der Coroner finster hinzu. »Sie ließen uns nie Zeit, unsere
Gebete zu Ende zu sprechen.«
Eine Zeitlang tauschten Pater
Stephen und Cranston Artigkeiten und Neues von alten Kameraden aus. Dann
stellte der alte Priester seinen Becher auf den Boden und rieb sich die Hände.
»Alsdann, Sir John. Ihr
seid nicht gekommen, um mir mein hübsches Gesicht zu küssen. Es
ist etwas Amtliches, nicht wahr?«
»Kapitän William
Roffel«, sagte Cranston.
»Heimgegangen zum Herrn«,
sagte der Priester. »Und wohin dann, das liegt beim Lieben Gott.«
»Warum sagt Ihr das,
Pater?«
»Nun, er gehörte
zu meiner Gemeinde, aber ich habe nie gesehen, daß er oder seine
Frau meine Kirche verdunkelt hätten. Sie war gestern bei mir. Sie
wollte ein christliches Begräbnis für ihren Mann und hat für
eine Messe bezahlt. Gestern abend habe ich den Leichnam in einem
Zedernholzsarg in Empfang genommen. Er liegt jetzt vor dem Hochaltar und
wird morgen begraben.«
»Ihr wißt also
nichts über die Roffels?«
»Kein bißchen.
Die Frau war ganz ruhig. Sie behauptete, andere Verpflichtungen hätten
sie von der Kirche ferngehalten.«
»Sie war also keine
trauernde Witwe?«
»Jetzt seid nicht zu
hart, Sir John. Sie war sehr aufgewühlt.« Der alte Priester
zuckte die Achseln. »Aber ich erhalte viele solcher Ersuchen. Und
Ihr kennt ja das Kirchenrecht. Solange jemand nicht
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