Tod auf der Themse
Name für ein Schiff des Teufels!«
Er hob die Hand. »Oh, versteht mich nicht falsch, Roffel war
erfolgreich. Wenn wir zurückkamen, war unser Lagerraum stets mit Schätzen
angefüllt. Aber wir haben nie Gefangene gemacht. Dafür hat
Roffel immer gesorgt.«
»Und Ashby?«
»Zu nichts zu
gebrauchen, verdammt!« Peverill, der Schiffsprofoß, schnaubte,
und Athelstan entging der höhnische Unterton in seiner Stimme nicht.
»Eine Landratte, wenn
es je eine gegeben hat. Sir Henry Ospring bestand aber darauf, daß
er uns mindestens auf einem Teil der Reise begleitete. Für nichts zu
gebrauchen, was?«
Zustimmendes Gemurmel
beantwortete seine Frage.
»Seekrank wie ein Hund
war er«, fuhr Cabe fort. »Er haßte Schiffe, und er haßte
die See. Ich schätze, deshalb hat der alte Gauner ihn mitgeschickt.
Kapitän Roffel hat den Jungen immer aufgezogen und verspottet.«
»Und Ashby hat Roffel
gehaßt?« fragte Athelstan.
»Nein, er hat ihn nicht
gehaßt, er hat ihn verachtet. Fast so sehr wie Sir Henry Ospring.«
»Nun, es ist euch
vielleicht neu«, sagte Cranston, »aber Ospring ist tot, und
Ashby ist geflohen.«
Seine Worte riefen wenig
Überraschung hervor, und der Coroner begriff gleich, daß Roffel
wie auch sein Patron, Sir Henry Ospring, als eisenharte Zuchtmeister verhaßt
gewesen waren.
»Aber Ashby war von
Bord gegangen, bevor Roffel starb?«
»Ja. Er ging am 19.
Oktober in Dover an Land. Unser Lagerraum war voll Beute, und Sir Henrys
Anwesen liegt zwei Meilen nördlich des Hafens. Ashby nahm den Anteil
seines Herrn - einen ziemlich großzügigen - und verließ
das Schiff.«
»Und da war Roffel
schon krank?«
»Ja, schon seit ein
paar Tagen, Sir John.«
»Wir haben Ashby
befragt«, sagte Athelstan, ohne auf Cranstons warnenden Blick zu
achten. Er wollte die abgebrühte Geringschätzung dieser Seeleute
ins Wanken bringen. Sie saßen da, als gäben sie keinen
Pfifferling auf den geheimnisvollen Tod ihres Kapitäns oder auf das
Verschwinden dreier Mannschaftskameraden. »Ashby behauptet, Roffel
sei besonders vergnügt gewesen, nachdem ihr ein kleines Fischerboot
gekapert hattet, das versuchte, von einem französischen Hafen in den
anderen zu gelangen. Stimmt das?«
Athelstan schaute in die
Runde. Er sah den verschleierten Blick bei Cabe und Coffrey, und sogar
Peverill wirkte ein wenig verunsichert - sein Gesichtsausdruck wechselte für
einen Moment, und seine Lippen wurden schmal. Männer, die gelassen
dagesessen hatten, scharrten jetzt mit den Füßen. Cranston und
Crawley spürten den Stimmungswandel ebenfalls.
»Was war da los, he?«
fragte der Admiral. »Was gab’s da? Ein Boot?«
»Wie der gute Pater
sagt«, antwortete Cabe und wählte seine Worte sorgfältig,
»war der Kapitän sehr vergnügt, nachdem wir das französische
Boot genommen hatten. Wir hatten Wein an Bord gefunden, einen sehr guten
Rotwein. Es ist noch welcher da.«
»Und das war alles?«
wollte Athelstan wissen.
»Ja«, raunzte
Cabe. »Warum - sollte noch etwas sein?«
»Fahren wir fort.«
Athelstan lächelte matt. »Das Schiff hat vor zwei Tagen Anker
geworfen.«
»Aye.«
»Und was ist dann
passiert?«
»Nun«, erklärte
Peverill, »meine Bogenschützen wurden ausgezahlt und bekamen
Landurlaub. Wir haben den größten Teil der Beute ausgeladen -
von dem, was übrig war, nachdem Ospring seinen Anteil bekommen hatte.
Sir Jacob schickte die Fuhrwerke herunter.«
»Man schafft alles in
einen Speicher«, erläuterte Crawley, »und bewacht es
dort, bis es verkauft wird. Den Ertrag kassiere ich. Ein Teil geht an die
Mannschaft, wobei der Kapitän einen beträchtlichen Anteil erhält,
und ein Teil an die Staatskasse. Wäre Sir Henry noch am Leben, hätte
natürlich auch er seinen Anteil bekommen.«
»Weiter«, drängte
Athelstan und sah Cabe an.
»Nun, die Mannschaft
bekam Landurlaub. Wir überprüften das Schiff auf Beschädigungen,
stellten fest, welche Reparaturen vorgenommen, was für Vorräte
eingekauft werden mußten.«
»Und Roffels Leichnam?«
»Oh, den brachte
Bracklebury, der Erste Maat, bei Tagesanbruch an Land - zusammen mit der
persönlichen Habe des Kapitäns. Er übergab alles an die
Witwe.«
»Gab es im Laufe des
Tages Besucher?«
»Ich kam an Bord«,
antwortete Crawley. »Die übliche Inspektion. Routinefragen.«
»Ihr wart nicht bestürzt
über den Verlust eines guten
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