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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Kapitäns?«
    Crawley zuckte die Achseln.
     »Er war kein guter Kapitän, Pater. Er war ein guter Seemann.
     Ich selbst konnte ihn nicht ausstehen. Ich weiß, ich weiß, der
     Mann ist tot, Gott gebe ihm die ewige Ruhe, aber ich sage es noch einmal:
     Ich konnte ihn nicht leiden.«
    Rasch ergriff Cabe wieder das
     Wort. »Und am Nachmittag«, sagte er, »kamen ein paar
     Huren an Bord, wie es Brauch ist.« Er schaute betreten weg. »Ihr
     wißt doch, wie das ist, Pater. Wenn Männer auf See sind, vor
     allem junge Männer…wenn die nichts zu naschen kriegen…«
    Cranston hustete. »Und
     die Huren gingen ihrem Gewerbe nach?«
    »Nein«, erwiderte
     Cabe schnippisch. »Sie stellten sich im Heck auf und sangen
     Kirchenlieder.« Er sah den warnenden Ausdruck in Cranstons Blick.
     »Natürlich gingen sie ihrem Gewerbe nach, aber ehe es dunkel
     wurde, brachten wir sie mit dem größten Teil der Mannschaft vom
     Schiff.«      
    »Gab es noch andere
     Besucher?«
    »Bernicia«, sagte
     Minter, der Arzt, mit spöttischem Grinsen.
    »Wer ist das?«
    Jetzt grinste sogar Crawley.
    »Na los, wir wollen
     mitlachen.«
    »Sie ist eine Hure, Sir
     John. Nun ja - Roffels Mätresse. Ein hübsches kleines Ding. Sie
     hat ein Haus in der Poultney Lane, nicht weit von der Taverne ›Zum
     Löwenherz‹. Sie wußte nicht, daß Roffel tot war.«
    »Und?«
    »Als wir ihr sagten,
     der Kapitän sei im Sarg zu seiner Frau gebracht worden, da fing sie
     an zu heulen. Wir ließen sie ein Weilchen in der Kapitänskajüte
     hocken, gaben ihr dann einen Klaps auf den Hintern und schickten sie an
     Land. Jetzt gab es keine blutigen Finger mehr für sie.«
    »Was soll das heißen,
     blutige Finger?« fragte Cranston.
    Cabe beugte sich vor, wobei
     sein Gesicht aus dem Schatten kam.
    »Wenn wir Schiffe
     kaperten, Sir John, hatten wir es immer eilig. Wir enterten sie,
     erledigten die Besatzung, schnappten uns die Beute und versenkten das
     Schiff. Roffel pflegte jeden Toten auf Wertsachen zu untersuchen, vor
     allem auf Ringe. Wenn er die nicht schnell genug abkriegte, hackte er
     ihnen die Finger ab. Das fand er witzig. Und er schenkte seiner Dirne
     Bernicia die Ringe, in denen immer noch die Finger steckten.«
    Athelstan wandte sich
     angeekelt ab. Er hatte vom Krieg auf See gehört; er wurde blutig und
     auf beiden Seiten bösartig geführt, aber Roffel war anscheinend
     der leibhaftige Teufel gewesen. Kein Wunder, daß seine Gemahlin kaum
     wie eine trauernde Witwe erschien.
    »Und als Bernicia von
     Bord gegangen war?« fragte Cranston.
    »Da war alles erledigt.
     Bracklebury teilte die Wache ein - sich selbst und zwei andere zuverlässige
     Kerle. Wir hatten die Börsen voll Geld, also nahmen wir ein Beiboot
     und ruderten an Land.«
    »War die Wache nicht
     ziemlich spärlich besetzt?« fragte Cranston.
    »Eigentlich nicht«,
     meinte Crawley. »Die Schiffe liegen in Reih und Glied auf der
     Themse. Ein Offizier und mindestens zwei Mann bleiben an Bord; einer steht
     im Heck, einer am Bug.« Er senkte den Blick.
    »Aber in Wirklichkeit
     genügte das nicht.« Cranston blieb beharrlich.
    »Dies ist des Teufels
     Schiff, Sir John«, sagte Coflrey. »Wir wollten runter.
     Besonders nach…«
    »Nach was?«
     fragte Athelstan leise.
    »Kindische Alpträume.«
     Crawley lachte. »Ich habe davon gehört.«
    »Am Nachmittag«,
     erläuterte Cabe, »als der Tag allmählich zu Ende ging und
     der Nebel hereinrollte, da behaupteten ein paar Männer, auf dem
     Schiff spuke Roffels Geist.« Er zuckte die Achseln. »Ihr kennt
     Seeleute. Wir sind ein abergläubisches Volk. Sie redeten von einem
     Gefühl der Kälte, von einer unsichtbaren Erscheinung, von
     scharrenden Geräuschen aus dem Laderaum. Sie berichteten dem Maat
     davon, der rief zwei Freiwillige auf, an Bord zu bleiben, und wir übrigen
     gingen schnellstens an Land.«
    »Nach Einbruch der
     Dunkelheit«, stellte Athelstan fest, »waren also nur noch der
     Maat und die beiden Männer der Wache
     an Bord. Hat sich einer der hier Anwesenden danach dem Schiff noch genähert?«
    Alle verneinten im Chor.
    »Aber wir halten
     Verbindung«, erklärte Crawley. »Jede Stunde, wenn die
     Kerzenflamme den Ring erreicht, wird die Parole mit einem Sprachrohr von
     Schiff zu Schiff weitergegeben. Und zur halben Stunde sendet eine
     Blendlaterne auf jedem Schiff drei kurze Lichtsignale zum Zeichen, das
     alles in Ordnung ist.«
    »Schön.«
     Athelstan streckte sich. »Da haben wir also weiter

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