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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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bekümmert.
     »Ich fürchte, ja, wenn es keine dringenderen Geschäfte
     gibt.«
    Cranston stützte die
     Ellbogen auf den Tisch und legte das runde Gesicht in die Hände mit
     den Wurstfingern.
    »Na schön.«
    Eben wollte er den Bütteln
     zubrüllen, sie sollten die nächsten Kläger hereinführen,
     als es donnernd klopfte. Edward Shawditch, der Untersheriff der Stadt, kam
     hereingerauscht; sein schmales, pockennarbiges Gesicht war rot vor Wut. An
     dem stoppligen Kinn erkannte Cranston, daß Shawditch sich nicht
     rasiert hatte. Seine kleinen grünen Augen waren rotgerändert von
     zuwenig Schlaf, und seine Lippen waren so schmal zusammengepreßt, daß
     man meinen konnte, er habe einen Schluck Essig getrunken. Der Untersheriff
     streifte den Handschuh ab und strich sich das schweißfeuchte rote
     Haar zurück.
    »Auf ein Wort, Sir
     John.«
    Auf tausend Worte, meinst du
     wohl, dachte Cranston erbittert. »Was gibt’s denn, Shawditch?«
     Er achtete den Untersheriff als einen rechtschaffenen Mann, aber der Kerl
     war so diensteifrig und pingelig, daß es Cranston grauste.
    »Zwei Dinge, Sir John.«
    »Eins nach dem ändern«,
     sagte Cranston.
    »Es hat einen Einbruch
     gegeben. Schon wieder einen.«
    Cranston stöhnte auf.
    »Der sechste«,
     erklärte Shawditch ungerührt.
    »In wessen Haus
     diesmal?«
    »Selpots«, sagte
     Shawditch.
    »Oh Gott, nein«,
     seufzte Cranston. Selpot war ein Ratsherr, ein hochrangiges Mitglied der
     Gerberzunft. »Doch nicht sein Haus in der Bread Street?«
    »Doch, ganz recht.«
    »Und auf die gleiche
     Weise wie zuvor?«
    »Ja, auf genau die
     gleiche Weise. Selpot ist abwesend, mit Frau und Kindern bei Freunden in
     Surrey - sagt wenigstens sein Verwalter. Wahrscheinlich will er einen
     Bauern um ein paar Häute betrügen. Wie dem auch sei, Selpot hat
     sein Haus in der Obhut des Verwalters gelassen.« Shawditch zuckte
     die Achseln. »Am besten kommt Ihr mit und seht es Euch selbst an.«
    Cranston schob seinen Stuhl
     zurück, setzte den dicken Biberfellhut auf und schnallte sich den
     Schwertgurt um den mächtigen Bauch. Er raffte seinen schweren
     Soldatenmantel an sich und folgte Shawditch hinaus. In der Tür drehte
     er sich noch einmal um und lächelte Osbert schadenfroh zu.
    »Die heutigen
     Verhandlungen sind vertagt«, verkündete er. »Entweder
     das, oder du kannst sie einem anderen Gericht übergeben.«
    Der Coroner und der
     Untersheriff traten hinaus in die eiskalte Morgenluft und gingen zusammen
     die Cheapside hinauf. Unrat und Kot auf den Pflastersteinen waren
     hartgefroren. Die Häuser zu beiden Seiten der Straße waren im
     wallenden Nebel, der Lärm und Getöse dämpfte, halb
     verborgen. Die Menschen waren zum Schutz gegen den eisigen Dunst von Kopf
     bis Fuß eingemummt, die Reichen in wollene Mäntel und Gewänder,
     die Armen in bunt zusammengeflickten Lumpen.
    Ein altes Bettelweib, das in
     einer Gasse in einem Winkel gekauert hatte, war in dieser Haltung
     erfroren. Jetzt hob man den sperrigen Leichnam auf einen Karren, von
     Ochsen gezogen, deren Atem wie dicker Dampf aufstieg. Hinter dem Karren
     schlitterte eine Schar Kinder, unempfindlich für diese Tragödie,
     auf Schafsknochen über die gefrorenen Kloaken und Sickergruben. Eine
     Gruppe junger Männer in seltsamen, aus Lumpenstücken zusammengenähten
     Gewändern sang ein Lied von Christus, der uns zum Heil in Bethlehem
     geboren sei. Ein Stück weiter unten auf der Cheapside spielte ein
     Dudelsackpfeifer in schrillen Tönen vor dem Pranger, wo Spitzbuben
     und mindere Verbrecher, an Hals und Händen angeschlossen, einen Tag
     lang stehen würden, um beschimpft und mit Unrat beworfen zu werden
     und unter der Eiseskälte eines harten Wintertages zu leiden. Ein
     Franziskaner, der einen Ledereimer mit warmem Wasser in der einen und
     einen weichen Lappen in der anderen Hand hielt, wischte ihnen sanft die
     Gesichter ab und hielt ihnen einen Napf mit heißer Milch und Wein an
     die Lippen. Einer der Gefangenen weinte vor Kälte. Sir John blieb
     stehen. Er schaute in die aufgesprungenen Gesichter und sah die bläulichen
     Wangen im verkniffenen Gesicht eines Taschendiebs und die Tränen, die
     dessen rattenäugigen Komplizen über die Wangen liefen. Er wollte
     weitergehen.
    »Cranston, um der Liebe
     Christi willen!« schrie der Taschendieb. »Oh, bitte!«
    Cranston blieb stehen und
     schaute den diensthabenden Büttel an. Shawditch kam ungeduldig zurück.
    »Was ist los, Sir

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