Tod auf der Themse
französischen
Galeeren würden den Fluß herauf auf sie zu kommen. Na, ich habe
sie aber am anderen Ufer gesehen, auf der Seite von Southwark. Was aus den
anderen Kerlen wird, kratzt mich nicht, aber ich habe mir Sorgen um Euch
und den Lord Roßzermalmer gemacht!«
»Verpiß dich, du!«
brüllte Cranston.
»Und auch Euch einen
schönen guten Abend, Sir John«, gab Moleskin zurück.
»Fahr lieber zurück«,
rief Athelstan hinunter.
»Macht Euch keine
Sorgen um mich, Bruder, mich fängt kein Drecksfranzose. Ich war schon
auf diesem Fluß, als die noch kleine Kaulquappen waren.«
Moleskins Stimme hallte aus
den Tiefen des Nebels. Athelstan spähte hinunter, die Schleier
verwehten für ein paar Augenblicke, aber Moleskin und sein Boot waren
nicht mehr da. Cranston lehnte betrunken an der Reling und schaute Crawley
an. Sir Jacob spähte durch den Nebel und fuhr sich mit den Fingern
durch den kleinen Spitzbart. »Was wißt Ihr über Moleskin,
Pater?« fragte er.
»Einer der besten
Bootsführer auf der Themse«, antwortete Athelstan. »Gerissen,
ehrlich und nüchtern. Er kennt die Themse wie seine Hosentasche.«
»Gütiger Gott«,
knurrte Cranston. Die kalte Nachtluft vertrieb allmählich den
Weindunst aus seinem Schädel. »Franzosenfürze!«
zischte er erbost.
»Was ist denn?«
fragte Athelstan.
Sir Jacob wandte sich um und
befahl seinen Offizieren, den anderen Schiffen Nachricht zu geben.
Athelstan packte Cranstons
Arm. »Sir John, was ist los?«
Cranston zog ihn in eine
Ecke. »Bruder, der Franzose ist ein raffinierter Seemann.
Wahrscheinlich ist er im Schatten des Nordufers die Themse heraufgekommen,
an Westminster vorbei, und in Sichtweite von Temple, Whitefriars und sogar
der Fleet Street. Das hat er getan, um Verwirrung zu stiften, damit jetzt
alle auf der Hut sind. Wir erwarten einen Feind, der hinter uns den Fluß
heraufkommt, von Westen her. Unterdessen aber hat der Schlaufuchs Eustace
seine Galeeren über den Fluß auf die Seite von Southwark
gesteuert. Kurz vor der London Bridge wird er wenden und, anders als Sir
Jacob erwartet, aus der entgegengesetzten Richtung herabgleiten.«
»Und?« fragte
Athelstan.
»Herrgott noch mal,
Bruder! Das Element der Überraschung!« Cranstons Schnurrbart
sträubte sich bei der Aussicht auf ein Gefecht. »Es ist, als ob
ich einen Messerstecher von links erwarten würde und er sich
unversehens von rechts auf mich stürzt. Folgendes wird geschehen.
Eustace hat seine Galeeren gewendet. Er wird zurückkommen, hier mit
Hilfe des Überraschungsmoments soviel Schaden wie möglich
anrichten und dann weiter zur Flußmündung Vordringen. Er wird
die Stadt lächerlich machen, vom Admiral des Königs ganz zu
schweigen. Aber nicht Sir John Cranston!« brüllte er in die
neblige Dunkelheit hinaus und schlug Athelstan auf die Schulter. »Dank
dir, du liebster unter den Ordensbrüdern, und diesem frechen Hund
Moleskin werden wir gut vorbereitet sein.«
Athelstan sah, daß sich
das Schiff bereits kampfbereit machte. Die Decks wimmelten von Matrosen.
Die Kohlenbecken glühten rot unter metallenen Hauben.
Bogenschützen spannten
die Sehnen ihrer Bögen, und Jungen liefen herum und füllten
ihnen die Köcher. Crawley ging in seine Kajüte und kam mit einem
Kampfgurt, einem Panzerhemd und einer kegelförmigen Sturmhaube mit
Nasenschurz heraus. Andere Offiziere taten es ihm nach. Ein Trommelwirbel
setzte ein, aber Crawley brachte ihn rasch zum Verstummen. Kleine
Katapulte wurden unter schützenden Planen hervor gerollt. Das Beiboot
des Schiffes brachte eine letzte Nachricht zu den anderen Koggen: Die
Änderung der Pläne wurde bestätigt, und die übrigen
Kapitäne wurden gewarnt, mit einem Angriff aus östlicher
Richtung zu rechnen, da die französischen Galeeren an der London
Bridge gewendet hätten. Crawley rief zu den Ausguckposten hinauf.
»Ein Stück Silber
für den, der den Feind als erster sichtet!«
»Dick wie Suppe!«
schrie eine Stimme herunter. »Nichts zu sehen, Sir Jacob!«
Athelstan spürte die
bange Erwartung. Lange Stangen und Enterhaken wurden von unten
heraufgebracht, Schwerter und Dolche in ihren Scheiden gelockert. Ein Mann
kam zu Athelstan und bat ihn, ihm die Beichte abzunehmen. Athelstan kniete
nieder und hörte das hastig geflüsterte Bekenntnis des Mannes,
der nicht mehr als achtzehn oder neunzehn Sommer alt war. »Schon
Weitere Kostenlose Bücher