Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
bald«, flüsterte er, während sie in einer Ecke zwischen
     Reling und Achterkastell an Deck knieten, »könnte ich Menschen
     töten.«
    »Gott wird dein Richter
     sein, mein Sohn«, antwortete Athelstan. »Ich kann nur sagen:
     Tu, was du für richtig hältst, wenn der Augenblick es dir
     gebietet.«
    Auch andere wollten jetzt
     beichten. Am Ende erteilte Athelstan ihnen Generalabsolution. Unterdessen war Cranston ungeduldig auf und ab
     gestapft und hatte in den Nebel hinausgespäht.
    »Sir John«, rief
     Crawley, »Ihr könnt unter Deck gehen oder wir bringen Euch an
     Land, wenn Ihr wollt.«
    »Packt Euch!« brüllte
     Cranston. »Nie wird man sagen können, John Cranston hätte
     den Schwanz eingekniffen!«
    »Aber was ist mit
     Bruder Athelstan?«
    Cranston schaute den
     Ordensbruder an. »Bruder, du mußt an Land.«
    Athelstan schüttelte den
     Kopf. »Ich bin hier. Das bedeutet, Gott wollte mich hier haben. Und
     irgendjemand, Sir John, muß Euch ja Rückendeckung geben.«
    Cranston kam näher.
     »Pack dich, kleiner Bruder!«
    »Sir John«,
     antwortete Athelstan gleichmütig, »was ist, wenn Euch etwas
     zustößt? Euer Gesicht glüht wie ein Leuchtfeuer - ein
     gewaltiges Ziel. Was soll ich Lady Maude oder den Kerlchen sagen?«
    Cranston sah sich nach
     Crawley um. »Wir bleiben«, rief er. »Sir Jacob? Einen
     Schwertgurt, Dolch und Schild. Ach ja, und einen Helm.«
    »Wenn Ihr einen habt,
     der groß genug ist«, murmelte Athelstan bei sich.
    Sir John wappnete sich geschäftig
     und löste durch seine Flüche und seinen schwarzen Humor die
     Anspannung um ihn herum. Als er fertig war, sah er aus wie eine veritable
     Kampftonne; der zu kleine Helm, der auf seinem Kopf thronte, ließ
     ihn um so lächerlicher aussehen.
    Geschwätz und Gelächter
     erstarben, als der Ausguck im Vorderkastell rief: »Ich sehe was!
     Nein, es ist weg! Es ist weg!«
    Die ganze Besatzung hatte
     sich umgedreht und spähte flußaufwärts.
     Athelstan trat an die Reling. Was hörte er da? Ein Knarren?«
    »Gott im Himmel!«
     schrie Cranston, als Brandpfeile durch den Nebel herangezischt kamen.
     Einer traf das Deck, ein zweiter bohrte sich einem Bogenschützen in
     die Schulter, so daß er schreiend vor Schmerzen wie eine Puppe zurückgeschleudert
     wurde.
    »Teufelsdreck!«
     schrie Cranston. »Die Hunde sind da!«
    Weitere Brandpfeile fielen,
     gefolgt von einem Schwall brennenden Pechs, das krachend aufs Deck
     prasselte, aber rasch mit Wasser gelöscht wurde. Athelstan fühlte,
     wie sich sein Magen zusammenzog und sein Mund trocken wurde. Er spähte
     in den Nebel hinaus. Langgestreckte Umrisse tauchten dort auf, geduckt und
     mit prachtvollen Aufbauten, die wie zähnefletschende Wolfsköpfe
     aussahen. Athelstan wich erschrocken zurück. Es waren drei oder vier
     - nein, fünf Galeeren, die mit aufgerichteten Rudern auf die Holy
     Trinity zujagten wie Windhunde auf der Hatz. Die lautlose Geschwindigkeit,
     mit der sie herankamen, war unheimlich.   
    »Wieso feuert Ihr
     nicht?« schrie er Crawley zu.
    Der Admiral stand mit
     erhobener Hand da. Eine Galeere krachte an Steuerbord gegen die Holy
     Trinity. Eine zweite schwenkte mit eingezogenen Rudern in einer
     ausgreifenden Bewegung unter ihrem Heck hindurch. Eine dritte drehte schäumend
     vor ihrem Bug bei. Ein Enterhaken schoß vor und faßte die
     Reling.
    »Für den Hl.
     Georg!« schrie Crawley, und seine Hand fuhr herab.
    Die Langbogen sangen ihr
     Lied, ein dumpfes, musikalisches Dröhnen, und gänsefederbewehrte
     Pfeile schwirrten in die Dunkelheit.
     Geschrei und Geheul zerrissen die Nachtluft.
    »Und noch einmal! Schießt!«
    Ein Franzose mit dunklem, bärtigem
     Gesicht, der einzige, der bisher das Deck der Holy Trinity erreicht hatte,
     starrte Athelstan verdattert an. Ein Pfeil traf ihn zwischen die Augen. Er
     kippte zurück. 
    »Und noch einmal!«
     brüllte Crawley. »Schießt!«
    Athelstan sah sich von
     Cranston zurückgerissen, während er die Bogenschützen
     anstarrte. Es waren handverlesene Meisterschützen; wenn sie einen
     Pfeil abschossen, hielten sie einen zweiten zwischen den Zähnen.
     Athelstan schätzte, daß jeder mindestens drei Pfeile in der
     Minute abschoß. Sie arbeiteten kalt und lautlos. Ab und zu schoß
     ein französischer Arquebusier zurück, und ein Bogenschütze
     flog schreiend aufs Deck. Er wurde weggezogen, und ein anderer nahm seinen
     Platz ein. Andere, unternehmungslustigere Schützen, enterten die
     Wanten. Athelstan

Weitere Kostenlose Bücher