Tod auf der Themse
auf der Heimreise tun können. Aber als man Roffels Leiche vom
Schiff gebracht hatte, waren sie alle froh, nichts mehr davon sehen zu müssen.
Zweitens: Wer da in die Kirche eingebrochen ist, war stark und kräftig.
Wo könnten wir einen solchen Menschen finden?» Athelstan
schaute Crawley in die Augen. »Emma Roffel hat ihren Mann gehaßt,
aber sie ist weder gewandt noch stark genug, um an einer Kirchenmauer
hinaufzuklettern, einen Fensterladen aufzubrechen, eine Männerleiche
aus dem Sarg zu zerren und sie auf den Apsisstuhl zu setzen. Und warum
sollte sie es auch tun? Drittens: Ihr, Sir Jacob, hattet ein Motiv. Ihr
seid der einzige, der Roffel ein besonderes Verbrechen vorzuwerfen hatte -
den Mord an einem Verwandten.« Athelstan lächelte und
entspannte sich. »Ihr seid ohne Zweifel unschuldig an der Ermordung
Roffels. Aber Ihr fühltet Euch betrogen. Also habt Ihr Euch selbst
zum Richter gemacht und Euer Urteil gesprochen.«
»Es könnte auch
Bracklebury gewesen sein.« Cranston schmatzte und starrte den
Ordensbruder mit glasigen Augen an.
Athelstan runzelte die Stirn.
»Sir John, Master Bracklebury hat sich die meiste Zeit über vor
allen Leuten versteckt. Warum soll er mit einem solchen Verbrechen alles
aufs Spiel setzen? Ich habe doch recht, nicht wahr, Sir Jacob?«
Der Admiral griff nach seinem
Becher und schaute Athelstan trotzig an.
»Ja, Bruder, Ihr habt
recht. Ich war froh, daß Roffel tot war. Er war ein Mörder. An
dem Tag, als man seine Leiche an Land schaffte, beauftragte ich einen
Matrosen, festzustellen, wohin man sie brachte. Er kam zurück und
berichtete, der Tote sei vor dem Hochaltar in der Kirche von St. Mary
Magdalene aufgebahrt, aber die Witwe wache davor.« Crawley knallte
den Becher auf den Tisch. »Also beschloß ich abzuwarten.«
Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Was ich
getan habe, war unrecht, aber Roffel hat es verdient.«
Cranston schnalzte mißbilligend
und legte seine Hand auf die seines ehemaligen Kameraden. »Sir
Jacob, habt Ihr die Wahrheit gesagt?«
»Ja, John. Das schwöre
ich!«
Das Gespräch wurde durch
ein dumpfes Aufprallen längsseits und lautes Stimmengewirr
unterbrochen. Männer rannten über das Deck, dann wurde die Tür
aufgerissen, und ein Offizier stürzte herein.
»Sir Jacob,
entschuldigt.«
»Was ist denn, Mann?«
»Am besten kommt Ihr an
Deck, Sir.«
Sir Jacob folgte ihm mit
Cranston und Athelstan im Schlepptau. Es war dunkel geworden, und die
Worte des Admirals erwiesen sich als prophetisch: Der Flußnebel
brodelte und wirbelte wie Dampf aus einem Kochkessel, so daß man den
Bug des Schiffes schon nicht mehr sah. Auch der Fluß selbst lag
darunter verborgen, als habe sich eine schwere Wolke herabgesenkt und das
Schiff mit einer dichten Wand aus Schweigen und Geheimnis umgeben.
Athelstan spähte durch die Düsternis. Ab und zu sah er die
Lichter der anderen Schiffe aufblinken. Dann hörte er das seltsame
Geräusch, das die Aufregung hervorgerufen hatte.
»Was zum Teufel ist
das?« fragte Cranston mit schwerer Zunge.
Athelstan schob sich
vorsichtig bis an die Reling.
»Das sind Glocken, Sir
John. Kirchenglocken, die Alarm läuten.«
»Da ist noch etwas«,
rief der Offizier, der ihr Mahl gestört hatte, von der anderen Seite
des Decks herüber. »Sir Jacob, hier ist ein Bootsmann. Er sagt,
er heißt Moleskin.«
Athelstan überquerte das
schlüpfrige Deck und spähte auf der anderen Seite über die
Reling. Im Licht der Laterne, die der Bootsmann hochhielt, konnte er
gerade noch Moleskins vergnügtes Gesicht erkennen.
»Moleskin, was machst
du hier?« rief Athelstan.
»Pater, ich wußte,
daß Ihr hier seid. Ich bin zur Stadt hinübergefahren, und da
hat man mir gesagt, daß Ihr an Bord der Holy Trinity seid.«
»Herr des Himmels,
Mann!« rief Sir Jacob, der neben Athelstan getreten war, hinunter.
»Was gibt es denn so Dringendes? Hast du die Nachricht nicht gehört?«
»Ich gehöre zu
Bruder Athelstans Pfarrgemeinde«, antwortete Moleskin. »Er
sorgt für mich. Ist sogar gekommen, um meine alte Mutter zu besuchen,
jawohl.«
»Gütiger Gott«,
sagte Crawley leise. »Der Kerl ist ja verrückt.«
»Was willst du,
Moleskin?« fragte Athelstan.
»Ach, eigentlich gar
nichts, Pater. Ich habe mir bloß Sorgen gemacht. Wißt Ihr, die
schlauen Hunde da oben bei Euch an Bord glauben, die
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