Tod auf der Themse
Brackleburys gehört, aber was war mit den beiden Matrosen geschehen?
Warum wollte der Fluß ihm dieses Geheimnis nicht anvertrauen?
Zehn
Sir Jacob Crawley begrüßte
Cranston und Athelstan freundlich. Dem Bruder war Sir Johns leises
Schwanken peinlich, doch Sir Jacob beachtete es überhaupt nicht, als
er sie in seiner Kajüte willkommen hieß. Man hatte eine kleine
Tafel auf zwei Böcken aufgestellt und mit Leintüchern, silbernen
Bechern, Besteck und den allerbesten Zinntellern gedeckt. Laternen
brannten, und Kerzenleuchter, die sorgfältig auf dem Tisch befestigt
waren, tauchten die Kajüte in ein sanftes, warmes Licht. Wie ihre
kleineren Schwesterschiffe war auch die Holy Trinity kampfbereit.
Athelstan hatte die Vorbereitungen gesehen, als er und Cranston an Bord
gekommen waren. An Deck der Holy Trinity standen Eimer mit Salzwasser zum
Feuerlöschen; die Bogenschützen schleppten Bündel von
Pfeilen heran und stellten sie in kleine, eisenbeschlagene Tonnen rings um
den Mast. Als der Admiral die Kajütentür hinter ihnen schloß,
hatte Athelstan das Gefühl, eine andere Welt zu betreten. Crawley
geleitete sie zu ihren Stühlen. Man servierte ihnen Gerichte, die aus
den Garküchen und Bäckereien der Vintry geholt worden waren. Es
war nicht das Allerbeste, aber es war heiß und würzig - Hirsch-
und Rindspasteten, heiße Brühe, Quittentorte und Krüge mit
verschiedenen Weinen. Anfangs bestand das Gespräch aus dem bloßen
Austausch von Artigkeiten, hin und wieder unterbrochen von einem Klopfen
an der Tür, wenn ein Offizier um Rat fragen und sich Anweisungen
holen wollte.
»Glaubt Ihr, Eustace,
der Mönch, wird seine Galeeren so weit die Themse hinaufbringen?«
fragte Athelstan.
Crawley nickte. »Binnen
einer Stunde wird der Nebel so dicht sein, daß er ihm besten Schutz
bietet.« Der Admiral trank aus seinem Becher und lehnte sich zurück.
»Man muß damit rechnen. Seit Wochen brandschatzen wir die Städte
an der normannischen Küste, und Eustace ist unverschämt genug,
einen so waghalsigen Versuch zu unternehmen. Schon seine bloße
Anwesenheit hier ist gefährlich.« Crawley beugte sich wieder
vor. »Warum, Bruder? Wollt Ihr zurück an Land? Es steht Euch
frei.«
»Nein.« Cranston
rülpste, schmatzte und betrachtete den samtenen Damast, der die eine
Kajütenwand bedeckte. »Sir Jacob, Bruder Athelstan hat mit dem
Heer des Königs in Frankreich gekämpft.« Cranston machte
keine weiteren Ausführungen zu Athelstans kurzer Militärlaufbahn,
bei der sein jüngerer Bruder ums Leben gekommen war. »Und der
alte John Cranston hat keine Angst vor einem Piraten.« Der Coroner
trommelte mit fetten Fingern auf dem Tisch. »Außerdem, Sir
Jacob, haben wir ja noch Dienstliches zu erledigen.« Er drehte sich
zu Athelstan um und zwinkerte kurz, um ihm zu verstehen zu geben, daß
er Sir Jacob nichts von ihrer Entdeckung an Bord der God’s Bright
Light erzählen sollte.
Der Admiral spreizte die Hände.
»Sir John, stellt nur Eure Fragen. Diesmal werde ich Euch die
Wahrheit sagen.«
»Gut. Ihr konntet
Roffel nicht leiden?«
»Stimmt, Sir John, ich
haßte ihn mit jeder Faser meines Wesens, denn er war ein
Pirat und ein verkommener Mörder. In meinen Augen hat Roffel
bekommen, was er verdiente.«
»Hattet Ihr etwas mit
seinem Tod zu tun?«
»Bei den heiligen
Sakramenten, nein!«
»Wußtet Ihr etwas
von seinem Überfall auf ein Fischerboot zwischen Calais und Dieppe?«
»Nein, Sir John, davon
wußte ich nichts. Wenn meine Kapitäne auf See sind, können
sie tun, was sie wollen. Ihre Aufgabe ist einfach: Sie müssen möglichst
viele Feinde aufbringen und vernichten. Da werden keine Fragen gestellt,
und wenn doch, so bekommt man selten eine ehrliche Antwort.«
»Und wie war es, als
die God’s Bright Light hier vor Anker ging?«
Crawley zuckte die Achseln.
»Ich ging an Bord, sah Roffels stinkenden Leichnam, redete ein paar
Worte mit Bracklebury und kam wieder hierher.«
»Ihr hattet nicht das
Gefühl, daß da etwas nicht stimmte?« fragte Athelstan.
»Doch, man spürte
ein gewisses Unbehagen. Bracklebury wollte mir nicht in die Augen schauen,
und es schien ihn zu stören, daß ich an Bord war.«
Cranston räusperte sich
und nahm einen großen Schluck aus seinem Becher. Athelstan
beobachtete ihn wachsam. Sir John hatte bereits einen stattlichen Rausch;
sein rotes
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