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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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es ein Problem gibt, dann muß es auch eine Lösung dafür
     geben.‹« Cranston zwinkerte Lady Maude zu. »Und das
     Problem kannten wir. In ein Kaufmannshaus - leer bis auf die Dienerschaft,
     die im Erdgeschoß wohnt - wird ohne eine Spur von Gewalt
     eingebrochen, und es wird ausgeraubt. Der Einbrecher verschwindet.«
     Cranston trommelte mit den Fingern auf seinem fetten Knie. »Dies nun
     ist ein Problem, das jeden Beamten der Justiz auf eine harte Probe stellen
     würde. Aber als Athelstan und ich das letzte Haus besichtigten, wo das
     arme Mädchen ermordet worden war, bemerkten wir, daß das Stroh
     auf dem Boden unter dem Dach ziemlich feucht war. Nun« - Cranston
     beugte sich vor und drückte Athelstans Hand -, »normalerweise hätte
     ein durchschnittlicher Justizbeamter jetzt gedacht: ›Ah, ich weiß,
     wie der Spitzbub hineingekommen ist: durch die Dachpfannen. Er hat ein
     paar abgenommen, ist hereingeklettert, hat das Haus ausgeplündert,
     ist wieder auf das Dach hinaufgestiegen und hat die Dachpfannen an ihren
     Platz zurückgelegt. Kein Problem für einen gelernten Dachdecker.«
     Das Dumme an dieser Theorie ist nur, daß ein anderer Dachdecker
     leicht erkennen würde, daß so verfahren worden ist.« Er
     funkelte Shawditch an. »Ist das so weit klar?«
    Der Mann nickte nachdrücklich.
    »Also fragten wir
     Trumpington, ob man einen Dachdecker zu Rate gezogen habe, und als er
     bejahte, gaben wir uns damit zufrieden.« Cranston beugte sich zu
     Lady Maude hinüber, um sich den Becher noch einmal füllen zu
     lassen. »Und wenn der Büttel das Dach von einem Dachdecker
     hatte in Augenschein nehmen lassen, der dabei keinerlei Unregelmäßigkeit
     hatte finden können, dann mußte der Dieb eben auf andere Weise
     ins Haus gelangt sein.« Er wedelte leicht mit der Hand. »Aber
     hier kommt unsere Logik ins Spiel. Bruder Athelstan und ich bedachten die
     folgende Möglichkeit: Was wäre, wenn Trumpington, der Büttel,
     an den Einbrüchen beteiligt war, und der Dachdecker, der zur Überprüfung
     der Dächer herangezogen worden war, ebenfalls?« Cranston trank
     schlürfend aus seinem Becher. »Ein durchtriebenes kleines
     Betrugsmanöver, das uns hätte täuschen können, hätten
     wir nicht diese feuchte Streu auf dem Boden bemerkt.« Cranston
     leckte sich die Lippen. »Ist es nicht so, Bruder?«
    »Sir John«, sagte
     Athelstan, »Eure Logik ist makellos. Trumpington und der Dachdecker
     arbeiteten Hand in Hand. Der Büttel stellte fest, welche Häuser
     leerstanden und wie sie geführt wurden. Und während er seine
     Runde durch die Straßen machte und ausrief, alles sei wohl, raubte
     sein Kumpan die Häuser aus.«
    »Haben die beiden
     gestanden?« wollte Shawditch wissen.
    »Oh ja, und ein Teil
     der Beute wurde in ihren Häusern gefunden«, sagte Cranston.
     »Jetzt sitzen sie in Newgate und warten auf ihren Prozeß.
     Wegen des Mordes an diesem Mädchen werden sie beide hängen.«
    Er stand auf und wärmte
     seinen mächtigen Hintern am Feuer. »Master Shawditch«,
     sagte er großmütig, »Ihr dürft Euch diese Verhaftung
     an Eure Fahne heften.«
    »Sir John, ich danke
     Euch.«
    »Unsinn«,
     antwortete Cranston. »Aber jetzt ab mit Euch. Und sorgt dafür,
     daß alles Diebesgut den Eigentümern zurückgegeben wird.«
    Als der Untersheriff gegangen
     war, wollte Cranston mit seinen triumphalen Erzählungen fortfahren
     und drohte sogar, zu seinem überwältigenden Sieg auf der Themse
     zurückzukehren. Aber Athelstan gähnte und streckte sich.
    »Sir John, ich danke für
     Eure Gastfreundschaft, aber es ist spät geworden, und morgen haben
     wir andere Dinge zu erledigen.«
    »Ich weiß, ich
     weiß«, erwiderte Cranston gereizt. »Der verfluchte
     Menschenfischer sendet mir unablässig Botschaften. Wahrscheinlich
     will er sein Geld für die Leichen, die er aus dem Wasser gezogen hat.«
    Lady Maude stand auf und
     deutete in einen Winkel der Stube. »Bruder Athelstan, ich habe Euch
     ein behagliches Lager herrichten lassen.«
    Athelstan dankte ihr, stand
     auf und reckte sich erneut.
    »Jetzt kommt, Sir John.«
     Sie nahm ihren Gemahl beim Ellbogen. »Kommt. Die Kerlchen werden früh
     wach sein, und Ihr wißt, wie sie immer nach ihrem Daddy schreien.«
    Besänftigt nahm Sir John
     Kurs auf die Tür und die Treppe zu seinem Schlafgemach. Dann drehte
     er sich noch einmal um und drohte Athelstan mit dem Finger. »Schlaf
     gut, Bruder, und keine Angst wegen Gog und Magog; die sind in

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