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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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in schmutzigem Wasser gelegen hat. Seine Stiefel waren
     verschwunden - wie seine übrige Habe gehörten
     sie nun dem Menschenfischer. Das dünne Leinenhemd stand offen, und
     Cranston sah einen purpurroten Bluterguß auf der Brust und
     Scheuermale am Hals. Der Menschenfischer tanzte neben dem Leichnam hin und
     her.
    »Seht nur, seht nur,
     wer das ist!«
    »Ich sehe einen Toten«,
     sagte Cranston trocken. »Wahrscheinlich ein Seemann.«
    »Ganz recht! Ganz
     recht! Aber welcher Seemann?«
    Cranston starrte den Mann
     finster an. »Einer von denen, die in der Schlacht gefallen sind?«
    »Oh nein! Oh nein! Das
     ist Bracklebury!«
    Athelstan öffnete
     erstaunt die Augen. Cranston schaute genauer hin.
    »Eure Beschreibung paßt
     auf ihn, Mylord Coroner, auch wenn er nichts bei sich trug, woran man ihn
     hätte erkennen können.«
    Cranston fluchte leise.
     »Beim Arsch einer Fee, aber das stimmt! Schwarzhaarig, eine Narbe
     unter dem linken Auge, jenseits des dreißigsten Sommers, aber sonst…«
    »Er hat mindestens -
     oh, fünf oder sechs Tage im Wasser gelegen«, erklärte der
     Menschenfischer.
    Athelstan schüttelte den
     Kopf. »Aber Bracklebury hat vor zwei Tagen noch gelebt. Er hat
     Bernicia ermordet.«
    Die Phantome hinter ihm
     kicherten.
    »Unmöglich!«
     rief der Menschenfischer und streckte Cranston die Hand entgegen. »Wie
     kann einer ertrinken und gleichzeitig herumlaufen und Leute ermorden?«
    Athelstan vergaß seinen
     Abscheu und kam näher. »Hat er eine Wunde?«
    »Nein«, sagte der
     Menschenfischer, »keinen Kratzer. Nur das hier.« Er zeigte auf
     den violetten Bluterguß an der Brust und die leichten Aufschürfungen
     zu beiden Seiten der Kehle. »Man hat ihm etwas um den Hals gebunden.«
    Cranston trat kopfschüttelnd
     zurück.
    »Das kann nicht sein«,
     murmelte er. »Bracklebury lebt.«
    »Ich will meine
     Belohnung«, sagte der Menschenfischer.
    »Sir John, laßt
     uns von hier verschwinden«, drängte Athelstan leise.
    Sie traten hinaus in die
     Gasse, und der Menschenfischer und die Phantome drängten sich um sie.
    »Hör zu«,
     sagte Cranston, »ich brauche einen Beweis!« Er stampfte mit
     dem Fuß auf. »Ich brauche einen Beweis! Einen Beweis dafür,
     daß es Bracklebury ist.« Er richtete seinen Zeigefinger auf
     den Menschenfischer. »Du hast deine Spitzel in der ganzen Stadt. Die
     folgenden Leute sollen zu mir in die Schenke kommen.« Er zählte
     die Personen auf, die er sehen wollte - die Offiziere des Schiffs und auch
     Emma Roffel. »Sie sollen innerhalb einer Stunde in die Schenke
     kommen. Und es kümmert mich einen Rattenarsch, was sie gerade tun.«
    Der Menschenfischer schien
     entzückt über die Aussicht, soviel Macht ausüben zu dürfen.
     Es kam nicht oft vor, daß er den gesetzten Bürgern der Stadt,
     in der er sein Schattendasein führte, Befehle erteilen durfte. Er und
     seine Phantome zogen durch die Gasse davon, und Cranston brüllte
     ihnen immer noch nach, sie sollten nur ja jeden in die Schenke kommen
     lassen.
    Der Coroner und Athelstan
     kehrten zurück in den Schankraum. Cranston ließ sich auf einen
     Schemel fallen, lehnte den breiten Rücken in die Ecke und brüllte
     dabei nach Erfrischungen, bis alle Schankdirnen umhersprangen wie Flöhe
     auf einem tollwütigen Hund.
    »Das kann nicht
     Bracklebury sein«, sagte der Coroner. »Und doch, es muß
     Bracklebury sein.«
    Athelstan dankte dem Wirt und
     schob den vollen Teller und den Becher Rotwein, den er gebracht hatte, zu
     Cranston hinüber.
    »Wenn der Tote nicht
     Bracklebury ist«, stellte er fest, »dann ist der immer noch
     unser Hauptverdächtiger. Aber wenn er es doch ist, dann - um einen
     berühmten Coroner zu zitieren, den ich kenne: Bei den Zähnen der
     Hölle!«
    »Oder bei den Titten
     einer Seejungfrau.« Cranston grinste.
    »Aye, auch bei denen,
     Sir John.« Athelstan nahm einen Schluck Bier. »Wenn es
     Bracklebury ist, wer hat dann Bernicia umgebracht? Und, was noch wichtiger
     ist, wer hat Bracklebury ermordet? Warum und wie?«
    Cranston rieb sich das
     Gesicht. »Weißt du, ich habe einen schrecklichen Alptraum,
     Bruder: Wir haben unsere ganze Aufmerksamkeit auf Bracklebury gerichtet
     und dabei die beiden anderen Matrosen total außer acht gelassen. Wir
     wissen nicht einmal, wie sie hießen. Was ist, wenn sie nun die
     Schurken in diesem Stück sind?«
    Athelstan schwirrte der Kopf
     beim Gedanken an diese Möglichkeiten.
    »Die Kriegskoggen
     werden bald in See

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