Tod auf der Themse
der Küche
eingesperrt. Sie werden nicht herauskommen, um dich zu fressen.«
Athelstan seufzte
erleichtert. Cranstons Neuerwerb, die beiden großen Irischen
Wolfshunde, waren durchaus harmlos, aber so überschwenglich in ihrer
Begrüßung, daß es dem unvorbereiteten Besucher leicht den
Atem verschlagen konnte.
Sir John und seine Frau
verschwanden. Athelstan löschte die Kerzen und kniete vor seinem
Bett, um sein Nachtgebet zu sprechen. Aber seine Gedanken kehrten immer
wieder zu Crawley zurück, der verwundet auf dem Deck lag, und zu den
Worten, die er gesprochen hatte, bevor er ohnmächtig geworden war.
Hinter ihm ging die Tür
auf.
»Bruder?«
»Ja, Sir John?«
antwortete Athelstan, ohne sich umzudrehen.
»Du weißt, daß
ich ein schlimmer Geschichtenerzähler bin?«
Athelstan lächelte.
»Ihr seid ein großer Mann, Sir John.«
»Nein, Bruder, du bist
es, der den Ruhm verdient. Im Namen des ermordeten Mädchens danke ich
dir. Du hast gesehen, daß der alte John Gerechtigkeit walten läßt.«
Die Tür schloß
sich wieder. Athelstan beendete sein Gebet, bekreuzigte sich und legte
sich ins Bett. Er hatte noch nachdenken wollen, aber sein Kopf hatte kaum
das Kissen berührt, als er auch schon fest schlief.
Das Aufwachen am nächsten
Morgen ging weniger friedlich vonstatten. Als er die Augen aufschlug, lag
einer der beiden großen Wolfshunde quer über ihm. Die Kerlchen,
die Athelstan als ihren Lieblingsonkel betrachteten, stolperten mit
honigbeschmierten Brotbrocken um ihn herum und versuchten quiekend vor
Lachen, ihm das Brot zwischen die Lippen zu schieben. In diesem Gewirr von
zappelnden Ärmchen, zarten kleinen Körpern und klebrigem
Honigbrot stand Athelstan schlaftrunken auf. Der andere Wolfshund, Magog,
tauchte jetzt ebenfalls auf und leistete seinen Beitrag zum wachsenden Getöse.
Wenn Athelstan das Honigbrot nicht wollte, die Hunde wollten es sehr wohl.
Sie fingen an, die beiden kleinen Jungen mit der Nase in die dicken Bäuche
zu stupsen.
Lady Maude erschien, und ein
paar ruhige Worte von ihr hatten die gewünschte Wirkung. Die
Wolfshunde verschwanden unter dem Tisch. Die Kerlchen wären ihnen
nachgekrabbelt, aber die Mutter packte sie beide und schleifte sie zur
morgendlichen Wäsche. Boscombe, Cranstons kleiner, dicker Verwalter,
ein Vorbild an höfischer Artigkeit, erschien mit Seife, Handtuch und
Rasiermesser.
Athelstan wusch und rasierte
sich vor dem Feuer und setzte sich dann zu Sir John, der heute nüchterner
gekleidet war, zum frühstücken in die Küche. Leif, der Bettler, tauchte ebenfalls auf.
Athelstan war immer wieder verblüfft über den Heißhunger
des klapperdürren Bettlers - er sah aus, als stehe er ständig am
Rande des Hungertodes. Leif hatte einen Kumpan mitgebracht; er hieß
Picknose - der »Nasenbohrer« -, ein Name, den ihm eine eklige
Angewohnheit eingetragen hatte. Die beiden hörten in hingerissener
Bewunderung zu, als Sir John mit Hilfe von Messern und Brotstücken
eine weitere Schilderung des französischen Überfalls auf der
Themse lieferte. Athelstan kümmerte sich nicht darum; er frühstückte
hastig und verabschiedete sich dann. Der Morgenhimmel war klar, und es war
bitterkalt. Athelstan ging zur Kirche von St. Mary Le Bow, wo der
freundliche Pfarrer ihm erlaubte, in der Seitenkapelle seine Messe zu
lesen.
Cranston wartetet schon, als
Athelstan aus der Kirche kam. Er reichte dem Ordensbruder Mantel und
Stock.
»Ich habe gerade deinen
alten Zossen besucht«, sagte er.
»Philomel ist kein
alter Zosse, Sir John. Er ist ein bißchen wie Ihr: ein stämmiges
Schlachtroß, das vielleicht einmal bessere Zeiten gesehen hat.«
Cranston brüllte vor
Lachen, als sie die Bread Street hinuntergingen; sie überquerten die
Fish Street und die Vintry und wanderten zum Kai. Die Stadt erwachte allmählich
zum Leben. Fuhrwerke rumpelten vorüber, gezogen von mächtigen
Karrenpferden mit kurz gestutzten Mähnen; ihre schweißnassen
Flanken dampften in der kalten Morgenluft. Händler schoben ihre
Karren vor sich her. Schlaftrunkene Lehrjungen, die noch nicht wach genug
waren, um Dummheiten zu machen, bauten Verkaufsstände auf und löschten
die Lampen an den Häusern ihrer Herren. Aus den oberen Fenstern wurden Nachttöpf'e
entleert, und ein vierschrötiger Straßenhändler, der mit nächtlicher
Jauche überschüttet worden war, tobte vor Wut. Die
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