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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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wohl!«
    »Das wird Trumpington
     sein«, flüsterte Cranston.
    Athelstan war kurz davor,
     wieder einzudösen, als er eine Bewegung hörte, ein leises
     Scharren auf den Dachpfannen über ihnen. Cranston packte ihn beim Arm
     und zischelte: »Kerzen ausblasen! Nicht bewegen!«
    Athelstan spähte
     zwischen den Dachbalken hindurch zu den Dachpfannen hinauf. Ob es nur eine
     Katze war? Doch dann krampfte sich sein Magen zusammen, als eine der
     Dachpfannen beiseitegeschoben wurde. Eine zweite wurde losgestemmt, und
     dann noch eine, und nach kurzer Zeit war
     ein viereckiges Loch geöffnet, durch das der Sternenhimmel
     hereinfunkelte. Athelstan sah den Abendstern und fragte sich unwillkürlich,
     warum er wohl da sei, als sich plötzlich eine dunkle Gestalt
     hereinbeugte und einen Sack herabließ. Man hörte ein Klirren,
     ein Seil schlängelte sich durch das Loch, und die Gestalt rutschte
     daran herunter, lautlos wie eine jagende Katze.
    Cranston wartete. Der Mann
     kauerte auf dem Dachboden; seine Stiefel waren mit weichen Lappen
     umwickelt. Er bewegte sich auf die Tür zu, als Cranston sich mit
     einer Gewandtheit auf ihn stürzte, die sogar Ahtelstan überraschte.
    Der Mann fiel unter der
     vollen Last des massigen Coroners krachend zu Boden, daß es ihm den
     Atem verschlug.
    »Du bist verhaftet!«
     brüllte Cranston und packte den Mann beim Genick. »Ich, der
     Coroner John Cranston, habe dich erwischt!«   
    Der Mann wollte sich
     loswinden, aber Cranston riß ihm die Kapuze herunter und packte ihn
     bei den Haaren.
    »Du sitzt in der Falle,
     mein Hübscher!« dröhnte er und schlug den Kopf des
     Einbrechers auf die Dielen. »Einmal für mich!« Er schlug
     ihn noch einmal aufs Holz. »Einmal für Bruder Athelstan!«
     Und noch einmal. »Und das ist für die arme Magd, die du
     ermordet hast, du herzloser Dreckskerl!«
    Cranston zerrte den Mann auf
     die Beine. Mit einer geschickten Bewegung zog er ihm den Dolch aus dem Gürtel,
     stieß ihn dann durch die Bodenluke und schleifte ihn die Treppe
     hinunter in den darunterliegenden Korridor. Athelstan zündete eine
     Kerze an und folgte den beiden. Er hielt dem
     Verbrecher die Flamme vor das zerschundene, benommene Gesicht.
    »Den habe ich noch nie
     gesehen.«
    »Nein, und ich auch
     nicht«, sagte Cranston. »Aber ich wette, der Mistkerl ist ein
     Dachdecker.«
    Türenschlagen und
     Geschrei in den unteren Stockwerken zeigten, daß der Haushalt
     geweckt war. Cranston trat an die Treppe und brüllte hinunter.
     »Ruhe!«
    Er hielt den Einbrecher mit
     einer Hand fest und schüttelte ihn, wie eine Katze eine Ratte schüttelt.
     »Wir sind noch nicht fertig, nicht wahr?«
    Der Mann konnte zur Antwort
     nur stöhnen. Cranston marschierte die Treppe hinunter und schleifte
     seinen Gefangenen mit sich. Athelstan folgte und flehte Sir John an, er möge
     doch vorsichtig sein.
    »Ich bin ja vorsichtig,
     verdammt!« schrie der Coroner.
    Die Dienerschaft war
     zusammengelaufen; ihre Gesichter schimmerten fahl im Kerzenlicht. Cranston
     schüttelte den Kerl noch einmal, legte den Finger an den Mund, damit
     alle still waren, und wartete in der Haustür. Nach einer Weile hörte
     Athelstan draußen das Knirschen von Stiefelschritten und die Stimme
     des Büttels Trumpington.
    »Die Mitternacht ist
     vorüber. Kalt und rauh, doch alles wohl!«      
    Cranston riß die Tür
     auf und schleifte den Einbrecher hinter sich her.
    »Oh nein, ganz und gar
     nicht, Freundchen!« schrie er. »Die Zeit ist verdammt reif,
     einmal zu sagen, daß längst nicht alles wohl ist!«

 
    Zwölf
    Sir John Cranston streckte
     die langen, bestrumpften Beine vor das Feuer und strahlte seine Gemahlin
     an. Lady Maude saß bewundernd neben ihm, die Hände im Schoß
     gefaltet, ein seliges Lächeln auf dem mädchenhaften Gesicht, das
     strohblonde Haar zu Zöpfen geflochten. Sie war bei der
     triumphierenden Heimkehr ihres Mannes aus dem Bett geholt worden. Cranston
     trank aus seinem Lieblingsbecher, streckte die mächtigen Beine, daß
     die Sehnen knackten, und drohte dem staunenden Untersheriff Shawditch, der
     ebenfalls herbefohlen worden war, mit dem Zeigefinger. Athelstan konnte
     nur ins Feuer starren und bei sich um Kraft beten, das Lachen zu unterdrücken.
    »Denn, seht ihr«,
     erzählte Cranston zum drittenmal, »mein Sekretär und ich
     folgten dem gleichen Gedankengang.« Er deutete mit dem Finger auf
     Shawditch. »Merkt Euch Cranstons berühmtes Axiom: ›Wenn
    

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