Tod auf der Venus
du eine Ahnung?«
Quincy musterte seinen Skipper wie einen, den er nicht mehr für ganz richtig im Kopf hielt. »Wie? Wir nehmen das kleine Fetzchen Papier mit, das du in der Hand hast. Wir zeichnen einen Kurs ein. Genau gesagt: eine Gerade, weil wir nicht wissen, welche Hindernisse auf unserem Weg liegen. Wir gehen so lange weiter, bis wir von unserer Geraden abweichen müssen. Dann zeichnen wir die Abweichung ein und umrunden das Hindernis. Wir gehen dann wieder auf geraden Kurs und wiederholen diese Prozedur, bis wir dort sind.«
Für einen Mann, der daran gewöhnt war, riesige Räume zu durchmessen und im Weltraum herumzugondeln, mußte das recht einfach erscheinen.
»Ah, ich verstehe.« Chet tat so, als habe er noch nie die Grundsätze der Navigation begriffen. »Wie sollen wir aber wissen, daß wir auf dem richtigen Kurs sind? Ihr wißt ja, die Schlitten sind nicht mit Computern ausgestattet.«
»Um Himmels willen, für die lumpigen hundert Meilen brauchst du doch keinen Computer! Gut, es ist ein fremdes Land. Ich brauche nur einen Sextanten und einen kleinen Kompaß, dann bringe ich dich auf Wunsch an jeden stecknadelkopfgroßen Platz. Vorausgesetzt natürlich, daß deine Koordinaten stimmen.«
»Aber, Mr. Smith«, fragte Chet erbarmungslos weiter, »was soll denn dein Kompaß tun? Angenommen, du hättest sogar einen großen. Was würde er dir erzählen?«
»Ah, hör doch auf damit, Skipper.« Quincy wurde ziemlich ungeduldig. »Der Kompaß zeigt den magnetischen Nordp... oh, mein Gott!« Erst hatte er Licht gesehen, und jetzt schaute er sehr bekümmert drein.
»Ja? Was ist?« drängte Chet.
»Die Venus hat keinen magnetischen Nordpol!« platzte Quincy heraus. »Oder wenigstens keinen, der stark genug wäre, einen Kompaß zu aktivieren.«
»Dann lassen wir also den Kompaß fallen«, schlug Chet vor. »Nicht wörtlich, natürlich. Du hast nun noch den Sextanten. Du wirst also deinen Stecknadelkopf nicht verlieren, wenn du den Sextanten hast?«
»Es ist doch keine Sonne hier«, erwiderte Quincy kläglich.
»Und Sterne sehen wir auch nicht«, ergänzte Chet. »Unser Job wird also ein bißchen komplizierter werden als du meinst. Wir müssen uns auf uns selbst verlassen – außer jemand gibt uns ein Signal, nach dem wir navigieren können.«
Alle verstanden nun das Problem in seinem vollen Umfang. Chet legte die Lösung dazu aus. »Erstens werden wir den Gyrokompaß ausbauen und auf einen der Schlitten montieren. Um ihn in der Drehbewegung zu halten, müssen wir ein wenig von unserer elektrischen Energie abzweigen, aber wenn wir ihn einmal auf den Norden eingestellt haben, zeigt er auch ziemlich genau dorthin. Wir brauchen aber noch eine Art Rückversicherung. Hat jemand eine Idee?«
Die Art, wie Chet an die verschiedenen Probleme heranging, besänftigte Carter. Seine anfängliche Wut hatte sich unter dem Einfluß von Chets kühler Vernunft gelegt. Jetzt fesselte ihn die Diskussion sogar.
»Ich glaube, ich weiß einen Weg, Skipper. Es ist ziemlich umständlich, aber ich denke, so läßt es sich machen. Wenn wir uns genau nach Norden halten und die zurückgelegten Strecken genau einzeichnen, dann wissen wir, wie lange wir gegangen sind, bis wir auf das erste Hindernis stoßen. Hier zeichnen wir die Abweichung vom Kurs ein, die nötig ist, um das Hindernis zu umgehen. Wir verzeichnen auch genau unsere Geschwindigkeit und die Zeit, die wir unterwegs sind, und dann muß es eigentlich ziemlich einfach sein, wieder auf den ursprünglichen Kurs zurückzukommen. Wir müssen nur einen Winkelmesser und eine Uhr dazu haben, damit wir wissen, wann wir zick und wann wir zack gehen müssen.«
»Das ist aber ziemlich altmodisch«, wandte Chet ein. Doch es war trotzdem genau die Methode, die er selbst im Sinn hatte.
»Skipper, aber so geht es!« drängte Quincy. »Einer von uns muß immer Zeit und Geschwindigkeit aufnehmen, aber wenn wir genau arbeiten, dann schaffen wir's auch.«
»Damit könnten wir also den Gyrokompaß nachprüfen«, bemerkte Chet, und seine Miene hellte sich deutlich auf. »Und wir müßten einen ziemlich genauen Kurs einhalten können.«
Quincy und Carter versuchten so eifrig, ihn von der Richtigkeit dieses Vorschlages zu überzeugen, daß sie nun endlich zusammenhielten. Darüber war Chet außerordentlich froh, und jetzt konnten sie sich auch an die Einzelheiten ihres Planes machen.
Die Ladeplattform enthielt drei Schlitten. Chet war der Meinung, einer müsse genügen, da sie ja nicht
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