Tod den alten Göttern
sie mit Feuerstein und Zunder, die er immer in
seinem
marsupium
bei sich trug, angezündet hatte. Fidelma konnte nur schwer ihre Ungeduld zügeln, und sobald die Lampe brannte, bestand sie
darauf voranzugehen. Sie traten in eine Aussparung zwischen der Kammerwand und der Wand |362| des angrenzenden Raums. Fidelma vergewisserte sich, ob die Mauer gegenüber einen Durchlass aufwies. Das war nicht der Fall.
Von dem kleinen Podest ging eine enge, steile Stiege hinunter zum Erdgeschoss. Unten sahen sie links in einer Vertiefung einen
Riegel mit Klappscharnier, mit dem sich vermutlich ein Schlupfloch ins Freie öffnen ließ.
Fidelma blieb stehen; umdrehen konnte sie sich nicht, denn dazu war kaum Platz. »Wollen mal sehen, wohin das führt.« Sie langte
in die Nische, fühlte aber statt des Mechanismus etwas Kaltes, Scharfes. Im Lichtschein der Lampe fasste sie zu und zog den
Gegenstand heraus. »Aha, danach habe ich zwar nicht gesucht, aber es bestätigt meinen Verdacht.« Sie hielt den Fund hoch,
damit Eadulf ihn sehen konnte. Es war ein Schlachtmesser. Die Klinge war dünn, scharf und voller Rostspuren.
»Blut?«, fragte er wie selbstverständlich.
»Erinnerst du dich, Torpach, der Koch, hat darüber gejammert, dass ihm ein Messer fehlt.«
»Aber die Tatwaffe des Attentäters haben wir bereits.«
Fidelma lächelte vor sich hin und sagte nur leise: »Ja, das schon, das schon«, und steckte das Messer vorsichtig in ihr
marsupium.
Dann griff sie wieder in die Nische, tastete etwas herum und drückte auf einen Hebel, der den Mechanismus löste. Ein Paneel
schwenkte nach innen. Sie trat einen Schritt zurück, um die Wandverkleidung ganz öffnen zu können. Vor ihnen lag ein großer
dunkler Raum, spärlich von ihrer Lampe erhellt. An einer Wand waren Kisten gestapelt, an einer anderen standen Regale mit
Wäsche und allerlei Hausrat.
»Ein Lagerraum?«, meinte Eadulf.
Fidelma nickte und unterzog die Wandverkleidung einer genauen Prüfung. »Ich vermute, dieses Paneel lässt sich von beiden Seiten
betätigen.«
|363| Tatsächlich gab es etliche Haken, an denen Gewänder hingen. Eadulf überprüfte alle und stellte fest, die Vorrichtung funktionierte
genau wie oben. Sobald er den mittleren Haken drehte, klickte es. Damit war klar, die Geheimtüren konnten von der einen wie
der anderen Seite geöffnet oder geschlossen werden, sowohl von der Nebenkammer des Königsgemachs als auch vom Lagerraum aus.
»Mehr gibt es hier nicht zu erforschen«, flüsterte Fidelma, schaute sich noch einmal um und ging zur großen Tür. Sie zogen
sie auf und standen im Hauptgang des Erdgeschosses des
Tech Cormaic
. Schwer beladen mit einem Packen Wäsche kam ihnen Brónach entgegen.
»Ich dachte, ihr seid oben!«, keuchte sie. »Was macht ihr denn hier unten?«
Fidelma ging nicht darauf ein, sondern fragte nur: »Wofür wird dieser Raum benutzt?«
»Wofür?«, wiederholte die Frau. »Na, das hast du doch eben gesehen. Ein Lagerraum ist das, für Bettwäsche, abgelegte Kleidungsstücke
und dergleichen.«
»Ah ja. Und wer hat da Zutritt?«
»Jeder, der will, Lady. Die Tür wird nicht abgeschlossen.«
»Wirklich jeder? Ist nicht einer verantwortlich für die Sachen im Lager?«
»Das bin ich, bin schließlich die Obermagd. Wir Mägde sind für die Wäsche zuständig, die Männer machen die anderen Arbeiten
im Haus.«
»Wenn ich es recht verstehe, dann haben du, Báine und Cnucha am häufigsten in der Wäschekammer zu tun.«
»So ist es.«
»Und der Raum da wird nur für die Lagerung von Bettwäsche und alter Kleidung genutzt?«
»Wofür ist ein Vorratsraum sonst da?«
|364| »Die Frage könnte man sich stellen«, entgegnete Fidelma trocken. »Übrigens, Brónach, ich hätte noch gern gewusst, wo ist deine
Kammer?«
Die Frau zog die Brauen zusammen. »Auf dem Gang hier drüber.«
»Ah so! Ich dachte, die Mägde schlafen hier unten.«
»Tun sie auch. Ihre Kammern sind dort hinten.«
»Und wer schläft da?«
»Báine und Cnucha natürlich.«
»Die sind beide noch recht jung«, sagte Fidelma so dahin, als sei ihr das eben eingekommen.
»Zu jung«, bestätigte die Obermagd. »Die haben keine rechte Vorstellung davon, was es bedeutet, einen Hochkönig zu bedienen.«
»Sie arbeiten aber doch schon ziemlich lange hier.«
»Was sind denn zwei oder drei Jahre?«, schniefte Brónach verächtlich. »Ich diene bereits neun Jahre in diesem Hause. Nach
mir ist Báine am längsten hier, aber die hat
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