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Tod den alten Göttern

Tod den alten Göttern

Titel: Tod den alten Göttern
Autoren: P Tremayne
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die Überlieferung, dass der heilige Stein, so er den Fuß eines gerechten Herrschers
     auf sich spürt, mit einem Freudenschrei reagieren würde. Du findest den Stein im Burghof hier, dort hinter den Gebäuden …«
     Er wies mit der Hand in die beschriebene Richtung, fühlte sich aber bemüßigt, eine weitere Erklärung abzugeben. »Du darfst
     nicht denken, es sei nur ein heidnischer Brauch. Unsere geistlichen Gelehrten haben |77| herausgefunden, dass der Stein Jakob als heiliges Kissen diente und dass ihn Goidel, Sohn von Scota, der Tochter des Pharaos
     Cingris, auf den wir Gälen unseren Namen zurückführen, aus dem alten Ägypten fortschaffte. Die Nachfahren von Goidel dann,
     die wackeren Söhne von Mile Easpain, brachten ihn schließlich in dieses Land, so dass unsere rechtmäßigen Herrscher ihren
     Fuß darauf setzen und den Segen des einen wahren Gottes erhalten dürfen.«
    »Das ist eine alte Legende …«, meinte Fidelma unwillig, bemerkte jedoch sogleich, wie der Abt die Stirn runzelte, und verbesserte
     sich: »Eine alte Geschichte. Der Stein geht in der Tat auf uralte Zeiten zurück. Wir dürfen aber auch eine andere Geschichte
     um ihn nicht vergessen. Vor vier oder fünf Generationen wurde auf der anderen Seite des Meeres in Alba der Bruder des Hochkönigs
     Murtagh mac Erc König von Dál Riada. Fergus mac Erc schickte Boten zu seinem Bruder Murtagh mit dem Begehr, den Stein nach
     Alba befördern zu lassen, damit er auf ihm gekrönt werden könne. Murtagh entsprach der Bitte seines Bruders; nach der Krönungsfeier
     weigerte sich Fergus, den Stein zurückzugeben, und so befindet sich der wahre
Lia Fail
in Dál Riada.«
    Ärgerlich schüttelte Abt Colmán den Kopf. »Die Geschichte kenne ich auch, Fidelma, nur hat in Wahrheit Murtagh mac Erc seinem
     Bruder Fergus einen anderen Stein geschickt. Der echte
Lia Fail
liegt hier in Tara, das ist so und wird auch so bleiben.« Er wandte sich Eadulf zu. »Woher rührt dein Interesse an dem
Lia Fail
, Bruder Eadulf?«
    Der kam gar nicht erst dazu zu antworten, denn Fidelma war schneller. »Eadulf lässt keine Gelegenheit aus, Dinge über unser
     Land und seine Legenden zu erfahren. Du meinst also, Colmán, es wird noch einige Zeit verstreichen, ehe es zur feierlichen
     Amtseinführung des neuen Hochkönigs kommt?«
    |78| Weshalb Fidelma ihre Begegnung mit dem alten Weib ganz offensichtlich nicht ins Gespräch bringen wollte, blieb Eadulf ein
     Rätsel, aber er fügte sich. Sie erreichten einen stattlichen Holzbau am hinteren Ende der Anlage. Abt Colmán blieb davor stehen
     und bedeutete ihnen, dass es das
bruden
, das Gästehaus für Besucher des Hochkönigs sei. Dann sagte er ihnen: »Erst muss der Mord am Hochkönig in allen Einzelheiten
     geklärt sein. Wir wissen zwar, wer die Tat begangen hat, aber deine Nachforschungen zu den Motiven, auch ob noch jemand anders
     die Hand mit im Spiel gehabt hat, halten wir für unabdingbar. Ehe du deine Untersuchungen nicht abgeschlossen hast, wird es
     keine Krönungsfeierlichkeiten geben. Wir warten ab, bis du uns Klarheit verschaffst.«
    »Man verdächtigt doch hoffentlich nicht Cenn Faelad einer Mittäterschaft?«, fragte Eadulf. »Schließlich war er Sechnussachs
     Bruder.«
    Abt Colmán schaute ihn an und zuckte mit den Achseln. »Familienfehden sind nichts Ungewöhnliches, Bruder Angelsachse. Der
     Mörder, Dubh Duin, gehörte zu den Uí Néill aus dem Süden. Sechnussach entstammte der gleichen Uí Néill-Sippe wie Dubh Duin.
     Das gilt auch für seinen Bruder Cenn Faelad. Es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn manch einer den Vorfall als internen
     Familienstreit deutet. Dass da jemand an die Macht wollte. Über jeden Verdacht erhaben ist niemand hier. Es hat schon seine
     Berechtigung, dass man zu dem Schluss kam, Cenn Faelad sollte erst zum Hochkönig gekrönt werden, wenn völlige Klarheit über
     den Mord herrscht.«
    Fidelma hatte den springenden Punkt längst erfasst.
    »Wo ist eigentlich Sechnussachs Schwester Ornait?«, fragte sie.
    Als seinerzeit Sechnussach zum Hochkönig gekrönt werden sollte, war plötzlich das heilige Amtsschwert verschwunden, |79| das der Legende nach von Gobhain, dem Gott der Schmiede, eigens für die Vorfahren der Uí Néill gefertigt worden war. Wurde
     ein Hochkönig ohne das Schwert und ohne den Fuß auf den
Lia Fail,
den heiligen Schicksalsstein, gesetzt zu haben, gekrönt, konnte das in den fünf Königreichen leicht Unheil und Zwietracht
     bedeuten. Damals hatte
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