Tod den alten Göttern
sein Zimmer auf dem unteren Flur; er kam angerannt und schob uns alle
beiseite. Wer wann auftauchte, weiß ich nicht mehr so genau. O ja, doch! Die ältere Dienerschaft ist auf dem gleichen Flur
untergebracht wie ich. Als ich an ihren Zimmern vorbeieilte, ging Torpachs Tür auf, er schaute heraus und wollte von mir wissen,
was los sei. Ich sagte ihm, dass ich auch nichts wüsste, und bemerkte erst dann das Gedränge der anderen an der Tür zu den
Gemächern des Hochkönigs. Brónachs Tür zum Beispiel war noch zu. Ich klopfte an, um sie zu wecken, falls sie noch nichts mitbekommen
hatte. Ich rief sie, erhielt aber keine Antwort, machte die Tür auf und schaute hinein. Im Zimmer war niemand, also ging ich
weiter, dachte, sie wäre schon wach und vorn bei den anderen.«
»Und? War sie dort?«, fragte Fidelma.
»Ich bin mir nicht ganz sicher, glaube aber, sie war nicht da und kam erst später dazu.«
»Du hast die Sache dann in die Hand genommen?«
»Ich drängte mich an den anderen vorbei ins Zimmer. Ich glaube, Irél war unmittelbar hinter mir. In solchen Situationen gebührt
ihm der Vorrang, denn er ist der Befehlshaber der Leibgarde des Hochkönigs. Ich machte also Platz, und er übernahm die Sache,
stellte fest, dass der Mörder tot war, und veranlasste eine Durchsuchung der Räumlichkeiten, um sicherzugehen, dass nicht
noch irgendwo Helfershelfer steckten.«
Auf Fidelmas Aufforderung hin schilderte Bruder Rogallach den Hergang des Geschehens, aber es war im Wesentlichen dieselbe
Geschichte, die sie schon kannten.
Wieder draußen, konnte es Fidelma nicht lassen, Eadulf Vorhaltungen zu machen.
|241| »Zum Handwerkszeug eines guten Ermittlers gehört es, für sich zu behalten, was er weiß oder vermutet, und keinerlei Reaktionen
zu zeigen im Hinblick auf das, was andere einem sagen könnten. Und dem Zeugen irgendwelche Aussagen in den Mund zu legen,
ist schon ganz und gar unklug.«
»Ich habe an Sechnussach denken müssen und wie er den Gegenstand zu verstecken suchte«, verteidigte sich Eadulf. »Es ging
mir wie bei einer Steinmauer; du quälst dich eine Ewigkeit, sie zu zertrümmern, und wenn sie endlich nachgibt, kannst du nicht
anders und stößt vor Erleichterung einen Freudenschrei aus.«
»Der Vergleich scheint mir etwas weit hergeholt, aber ich weiß, was du meinst.«
»Ich denke, dieses runde Ding, von dem ständig die Rede ist, hat was mit dem Mord zu tun. Sechnussach hat es im
uaimh
unter der Vorratskammer versteckt. Die Person, die Mer umgebracht hat, war hinter dem Ding her. Und wenn Torpach in aller
Herrgottsfrühe Sechnussach in der Küche gesehen hat, dann deshalb, weil der hinuntergegangen war, um den Gegenstand zu verbergen.«
»Das klingt logisch, bleibt aber dennoch eine Vermutung.«
»Jedoch eine Vermutung, der man nachgehen muss.«
Dem hatte sie nichts entgegenzusetzen.
»Ich schau mich jetzt gleich mal im
uaimh
näher um, vielleicht entdecke ich einen Hinweis auf diesen rätselhaften Gegenstand, der weitere Rückschlüsse zulässt. Mir
wäre es lieb, wenn du inzwischen nachforschst, wo Caol und Gormán stecken, und in Erfahrung bringst, wie es um die Suche nach
Cuan steht. Eigentlich hätten wir schon was gehört haben müssen.«
»Wäre es aber nicht …«
»Es bringt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts, wenn wir |242| uns beide auf ein und dieselbe Sache werfen«, schnitt sie ihm das Wort ab.
Eadulf wusste, wann er besser nachgab. Beim Verlassen des
Tech Cormaic
hätte er fast jemanden umgerannt. Wie sich herausstellte, war es das junge Mädchen Báine.
»Du hast es wohl besonders eilig, Bruder Eadulf?«, meinte sie ungehalten.
»Tut mir leid«, murmelte er und war froh, dass sie nicht hingestürzt war. »Aber da sich unsere Wege gerade kreuzen, darf ich
vielleicht gleich mal eine Frage stellen.«
Erwartungsvoll sah sie ihn an.
»Was hältst du von Brónach? Ist sie bei anderen beliebt?«
Báine schüttelte lachend den Kopf.
»Brónach und beliebt? Du hast wohl mit Cnucha gesprochen? Es ist schwer, sie zu mögen. Sie stellt hohe Anforderungen, und
da kann sie durchaus scharf werden. Nicht, dass du mich falsch verstehst, aber Spaß macht es nicht, sich den ganzen Tag herumkommandieren
zu lassen. Cnucha kann sie jedenfalls nicht leiden, soviel steht fest.«
»Und du?«
»Wenn man in einem vornehmen Haus zur Dienerschaft gehört, kann man nicht erwarten, wie die Dame des Hauses behandelt zu werden.
Außerdem ist meine Zeit
Weitere Kostenlose Bücher