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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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wirklich töten will. Aber er war außer sich. Wenn er jähzornig genug war, wer weiß?« Er gab Cornut keine Gelegenheit, darüber zu diskutieren. »Ich glaube, das ist alles«, sagte er und drehte sich zu dem Studentenbibliothekar um. »Es sei denn, er hat sonst noch etwas gesagt?«
    Der Student zögerte, dann grinste er leise. »Nur noch eins. Als er ging, gab er mir noch zehn Tadel – wegen Rauchens im Dienst.«
     
    Am nächsten Morgen wurde Cornut in das Kanzleramt gerufen, um sich Carls Testament anzuhören.
    Cornut überraschte es kaum, daß er Master Carls alleiniger Erbe war. Aber es rührte ihn doch. Und er war traurig, denn Master Carls eigene Stimme sagte es ihm.
    Es war eine erprobte Methode, die wichtigsten Dokumente auf Band aufzunehmen, und es war typisch für Master Carl zu glauben, daß die Hinterlassenschaft seines winzigen Besitzes von großer Wichtigkeit war. Es war eine Aufzeichnung mit seinem Bild, das die sonoren Phrasen rezitierte: »Bei voller geistiger Zurechnungsfähigkeit hinterlasse und vermache ich meinem lieben Freund, Master Cornut …« Cornut blinzelte das Bild an. Es war völlig naturgetreu. Das war natürlich der Punkt; Papiere konnten gefälscht und Tonbänder verändert werden, aber es gab keinen noch so kunstvollen Fachmann auf der Welt, dem es völlig gelang, ein Videobild zu verändern, ohne eine Spur zu hinterlassen. Die Stimme war die Stimme, die jahrzehntelang aus Millionen Studentenfernsehern gedröhnt hatte. Cornut hörte beim Hinschauen kaum auf die Worte, sondern ertappte sich dabei, wie er versuchte festzustellen, wann Carl den Entschluß gefaßt hatte, ihm all seine weltlichen Güter zu vermachen. Der Talar, erinnerte er sich, war alt; aber wann hatte Carl aufgehört, ihn zu tragen?
    Es spielte keine Rolle. Nichts, was Master Carl betraf, spielte noch eine Rolle. Das Band ratterte und flatterte von der Spule, und Master Carls Bild verschwand auf dem Bildschirm.
    Locilles Hand berührte seine Schulter.
    Der Kanzler sagte freudig: »So, das wär’s. Alles gehört Ihnen. Hier ist das Inventar.«
    Cornut überflog es schnell. Über tausend Bücher, von den Taxatoren (sie mußten Tag und Nacht gearbeitet haben) auf fünfhundert Dollar und etwas geschätzt. Kleidung und persönliche Dinge – Cornut grinste unwillkürlich – im Schätzwert von einem Dollar. Bargeld etwas über tausend Dollar, einschließlich der Münzen in seiner Tasche, als er starb. Auszahlung aus dem Rentenfonds der Universität: $ 8460; das Monatsgehalt, bis zur Todesstunde berechnet: $ 271; geschätzte Erträge aus der künftigen Nutzung der aufgezeichneten Vorlesungen: $ 500. Cornut zuckte zusammen. Das hätte Carl sehr gekränkt, aber es entsprach der Wahrheit; seine alten Bandaufnahmen waren immer weniger gefragt, da die neuen Professoren neuere Techniken anwandten. Auch die künftigen Tantiemen aus seinen mnemotechnischen Liedern waren geschätzt worden, und das war das Gemeinste von allem: $ 50.
    Cornut nahm sich nicht die Mühe, die detaillierten Schulden durchzulesen – Erbschaftssteuer, Einkommensteuer, verschiedene Rechnungen. Er stellte nur fest, daß die positive Bilanz etwas über $ 8000 betrug.
    Der Bestattungsdirektor trat lautlos aus dem Hintergrund des Zimmers und erklärte recht verbindlich: »Sagen wir glatte achttausend. Einverstanden? Dann unterschreiben Sie hier, Master Cornut.«
    »Hier« war unter einer Standardeinkunft im Sterbefall mit der üblichen Aufteilung der Kosten: 50 Prozent zu Lasten der Erben, 50 Prozent zu Lasten des Verstorbenen. Cornut unterschrieb schnell mit dem Gefühl der Erleichterung. Er kam sehr glimpflich davon. Das gesetzliche Minimum für ein normales Begräbnis betrug $ 2500; hätte sich die Hinterlassenschaft auf weniger als $ 5000 belaufen, so hätte er nur das geerbt, was über $ 2500 lag; wäre sie unter $ 2500 gewesen, so hätte er die Differenz dazuzahlen müssen. Das war Gesetz. Schon mancher Erbe, der nach dem Gesetz für die Bestattungskosten aufkommen mußte, hatte das großzügige Gedenken des Verstorbenen bedauert. (Ja, es gab Arme auf der Welt, die gelegentlich ihr Testament als Mittel zur Rache verkauften. Für Schnaps im Werte von hundert Dollar hinterließen sie ihre ganze wertlose Habe dem ärgsten Feind des Schnapsspenders, dem dann, früher oder später, unerwartet die unweigerlichen $ 2500 aufgehalst wurden.)
    Sergeant Rhame wartete vor dem Kanzleramt auf sie. »Gestatten Sie?« fragte er höflich und streckte seine Hand aus.

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