Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
Chefsessels für Arme fallen. War aus Kunstleder und wackelte und knarrte.
Er guckte zu der langweiligen Decke des Neubaus hoch und hätte gerne eine Erklärung dort gefunden.
„Wer ist der Tote?“, fragte Pit.
„Wenn wir das wüssten. Ein Mann Ende Fünfzig. Vermutlich. Jedenfalls ist er nicht der Wohnungsinhaber.“
„Wer hat den Einbruch gemeldet?“
„Eine Nachbarin, die verdächtige Geräusche gehört hatte. Der Wohnungsinhaber ist auf einer Studienreise.“
„Altgrafs Ausweis war natürlich das Einzige, das er in seinen Taschen stecken hatte.“
„Keine eigenen Papiere jedenfalls. Die Auflistung kommt noch. Auch der Bericht des Arztes.“
„Wie ist er denn zu Tode gekommen?“
„Das ist noch nicht klar. Keine Zeichen von äußerer Gewalt.“
Pit setzte sich auf. „Warum haben wir denn dann unsere Finger drin. Vielleicht hat ihn einfach der Schlag getroffen.“
„Er saß in einem Kleiderschrank“, sagte Kummer.
Setzte man sich in einen Schrank bei den ersten Anzeichen von Übelkeit, Herzschmerzen, Schwindel? Pit sah ein, dass das eher ausgeschlossen war.
„Erstickt kann er nicht sein“, sagte Kummer, „die Tür stand einen Spalt auf. Die Einbruchsfritzen sind natürlich nicht als erstes auf die Idee gekommen, in den Schrank zu gucken. Sie haben sich um den auseinander genommenen Schreibtisch gekümmert.“
„Auseinandergenommener Schreibtisch?“
„Ist wohl in seine Einzelteile zerlegt worden.“
Da hatte jemand was gesucht.
„Und jetzt halten wir den Mann im Schrank für Altgrafs Mörder?“, fragte Pit.
„Klar“, sagte Jan Kummer.
Jana Tempel hob ihre Hand nur leicht, doch in Abwehr.
Der Doorman verstand diese Geste, wenn er ihr auch nicht gern Folge leistete. Bei allem Gespür für die Wohlhabenden dieser Welt, war er doch ein sozial denkender Mann, dem es schwer fiel, den Fahrer eines Taxis, das wahrscheinlich nicht einmal Standheizung hatte, zurückzuweisen, weil sein Auto zu klein oder zu wenig glanzvoll war.
„Der große Mercedes soll vorfahren“, sagte Jana Tempel.
Der Doorman nickte und gab dem Fahrer der nagelneuen Limousine ein Zeichen. Der Wagen stand an dritter Stelle der wartenden Taxis. Die Fahrer des ersten und des zweiten hielten ihren Unmut zurück. Zu begehrt war dieser Platz vor dem Hotel, und Diven waren zum Glück selten.
Jana Tempel ließ sich die hintere Tür öffnen und stieg ein. Diesen Duft von neuem Leder hatte sie immer geliebt.
„Wohin soll’s denn gehen, Gnädigste?“
„Eine kleine Rundfahrt“, sagte die alte Dame, „fangen Sie am Hafen an. Ich gebe dann Anweisungen.“
Auch der Fahrer war nicht mehr jung. Ihm kam eine Ahnung, wen er da durch die Stadt fuhr. Doch er hätte andere Ziele erwartet, als die von Jana Tempel genannten. Vielleicht die Filmstudios in Tonndorf. Die Studios des NDR.
Stattdessen fuhren sie hier die große Elbstraße entlang, und die Dame schien es fast zu bedauern, dass das eine schicke Gegend geworden war.
Um das Bismarckdenkmal wollte sie fahren. Nach Eimsbüttel. Fruchtallee. Kaum die eleganten Plätze dieser Stadt.
Doch noch Lokstedt. Nicht der Norddeutsche Rundfunk.
Stresemannallee. Ein Industriegebiet.
„Jetzt ins Louis C. Jacob“, sagte sie.
Das hätten sie einfacher haben können. Von der großen Elbstraße aus, in der sie angefangen hatten, und dann Richtung Blankenese. Doch ihm konnte es nur recht sein.
Er blickte auf den Taxameter.
„Die Linden auf der Terrasse sehen im Januar trostlos aus“, traute er sich zu sagen.
Jana Tempel lächelte. „Bis Mai will ich nicht warten“, sagte sie, „ich habe Hunger.“
Gab ja auch sonst nichts zu essen in der Stadt.
„Der Loup de mer soll dort köstlich sein“, sagte Jana Tempel. Wer hatte ihr das erzählt? Das Kind?
Daniel Wischer war auch nicht zu verachten, dachte der Taxifahrer. Goldbarschfilet mit Kartoffelsalat.
Doch die Dame hatte ja auch den schönsten Schlitten vom Chef heranwinken lassen. Nicht den Passat und schon gar nicht den kleinen Koreaner.
Wenn noch weitere Snobs in der Stadt waren, dann hatte sich die Investition wirklich gelohnt.
Er stieg aus und öffnete ihr die Tür und deutete eine kleine Verbeugung an, als sie vor dem Jacob angekommen waren.
Das Trinkgeld war fürstlich. „Auf Wiedersehen, Frau Tempel“, sagte er. Gut, dass ihm noch ihr Name eingefallen war.
„Können wir nicht einfach nur schön essen gehen?“ hatte Vera gefragt. Anni war empört gewesen.
Eine Liste wurde zerrissen. Vorschläge für das
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