Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
toskanischen Roten. Tignanello.
Jana Tempel hob das Glas und trank dem Bild zu, dass sich von ihr in der Fensterscheibe spiegelte. Auf das Leben.
Erst, als sie die Stirn gegen die Scheibe drückte, in einer seltenen sentimentalen Anwandlung, sah sie den Mann,
der dort drüben stand und zu ihrem Fenster aufblickte.
Das Licht des Scheinwerfers, das den Schlittschuhläufern leuchten sollte, hellte den Uferstreifen ein Stück weit auf und mit ihm den Mann. Kaum zu glauben nach all den Jahren.
Jana Tempel erkannte ihn.
Welchen Beruf schwänzen Sie gerade? Warum war ihm dieser Satz eingefallen, als Nick alles erzählte?
Hauptkommissar Pit Gernhardt hielt diese Schauspielerin für übergeschnappt. Er konnte sich nur wundern, dass Vera und Nick bereit waren, Kurierdienste für sie zu übernehmen.
Hatte Vera kein Kind zu versorgen? Nick einem ernsthaften Beruf nachzugehen? Dem des Fotografen zum Beispiel.
Nach der zweiten Flasche Niro d’ Avola hatte Pit die ganze Geschichte mit weicheren Gedanken begleitet.
Nach der dritten gab er die Zusage, in seinen Computer zu gucken. Zentrales Melderegister. Wer noch lebte, stand da drin. Das ließe sich ja mitteilen. Freundschaftsdienst.
Am Ende des langen Abends hatten Vera und er ein Taxi genommen. Alles andere wäre verantwortungslos gewesen.
Sie war vor ihrer Wohnung ausgestiegen und hatte ihm eine Kusshand zugeworfen.
Und was hatte er Idiot gesagt? Ihr seid doch bekloppt. Wenn das nicht eine geniale Anmache gewesen war.
Da fiel einem eine Frau wie Vera doch gleich in die Arme.
Wir sind alle bekloppt, dachte Pit, als er am Tag darauf durch die Wohnung mit den englischen Rosen ging.
Der Schreibtisch stand in einzelnen Teilen an eine Wand gelehnt. Sechs Schubladen, die leer waren. Das konnte er sich vorstellen, wie irgendein armes Schwein im Präsidium über den einstigen Inhalt gebeugt saß, um den Täter zu identifizieren. Was sagen uns diese Heftklammern?
Die Schwarzweißfotos, die hier an den Wänden hingen, sagten ihm leider gar nichts. Die Theaterstücke, die er gesehen hatte, kamen auf den Fotos nicht vor.
Maria Stuart, die hätte er erkannt. Großer weißer Kragen zu einem schwarzen Kleid und ein Kreuz auf der Brust. Oder?
Elisabeth die Erste. Krause rote Haare und leichenblass. Als käme sie aus einer Kühlschublade.
Auf einem der Bilder sahen zumindest die Männer ziemlich nach Wallensteins Lager aus.
Pit war nicht ungebildet. Er kannte Erich Kästner. Konnte Gedichte von ihm aufsagen.
Die Texte von Annie Lennox und Frankie Miller hatte er alle im Kopf. Warum hingen hier auch nur Theaterfotos von vor tausend Jahren an den Wänden und ließen ihn ahnungslos.
Auf all den Fotos immer die gleiche Frau neben wechselnden Akteuren. Sechs verschiedene Szenarien.
Nur wenige Jahre schienen da umfasst zu sein. Eine weitere Dokumentation dieser Karriere fand nicht statt, so sehr er danach suchte.
Pit wandte sich dem Kleiderschrank zu, in dem die Leiche gefunden worden war. Schwere Eiche. Die ließe sich nicht leicht auseinander nehmen wie der Schreibtisch vorne.
War dieser Mann, dessen Identität sie noch immer nicht kannten, wirklich Altgrafs Mörder? Ältester aller Tricks, Verdächtiges in anderer Leute Taschen zu stecken.
Kein einziges Kleidungsstück hing dort. Nur noch ein Schal hatte auf dem Boden gelegen. Dass es nicht gelungen war, den Ägyptenreisenden Leschinski herbeizuschaffen.
Er ging in die Knie, um unter den Schrank zu schauen und ein paar Staubflocken zu betrachten und die Unterseite des Schrankes abzutasten. Wäre das nicht nett? Ein Schriftstück, das mit Heftzwecken befestigt ist und alles erklärt?
So war das Leben nicht. Pit wusste das.
„Du solltest Jana Tempel mal treffen“, sagte Nick, „sie hat deinen toten Obdachlosen gekannt.“
Pit hatte die Beine auf den Schreibtisch gelegt und ließ die Kopie eines Chefsessels knarren. „Erzähl mehr“, sagte er.
„Die Dame hat Vera heute angerufen und ihr gesagt, dass sie ihn auf einem Zeitungsfoto erkannt hat.“
„Kann sie herkommen?“
„Pitchen, sie ist ein Star.“
„Wer weiß das schon“, sagte Pit Gernhardt.
„Jana Tempel weiß das“, sagte Nick.
„Was schlägst du vor?“
„Küchentisch.“
„Da sitzen Stars beisammen?“
„Bei Vera schon.“
„Was sagt Anni dazu?“
„Ich fürchte, sie ist noch nicht gefragt worden.“
„Seit wann nennst du mich eigentlich Pitchen?“
„Mir war danach“, sagte Nick, „kommst du um acht?“
Pit sah auf seinen
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