Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
Kalte Buffet wären den Flammen übergeben worden, hätte Vera ihren Kaminofen gehabt, von dem sie schon lange träumte.
So landete die Liste in kleinen Schnipseln im Abfall.
Anni hatte den Kleinen warm verpackt und war mit ihm an die Alster gegangen. Eis gucken.
„Kann ich nicht in Frieden vierzig werden?“, fragte Vera, als Nick eintraf. An Nicks vierzigstem Geburtstag, vor zwei Jahren, war Leo noch da gewesen, und sie waren ins Cox gegangen. Zu dritt. Jef hatte es noch nicht gegeben.
„Hast du Probleme damit, vierzig zu werden?“
„Ich habe Probleme mit dem Witwenstand.“
„Das wäre nicht gut gegangen mit dir und Jef“, sagte Nick.
Er hatte sich selten so weit vorgewagt.
„Darüber nachzudenken, hilft mir gar nichts.“
Veras Laune sank noch tiefer. Sie legte die acht Kuverts auf den Tisch und die Liste, die sie nun um die Vornamen ergänzt hatte. Der Geistertrupp.
Sie tippte auf einen der Namen. „Der steht dreimal im Telefonbuch“, sagte sie, „die anderen gar nicht.“
„Vielleicht sind sie tot. Oder leben längst nicht mehr in Hamburg“, sagte Nick. Genügte doch schon in die Heide gezogen zu sein. Schafe zählen.
Leo Jantosch. Hätte er auch nicht gedacht, dass ein solcher Name gleich dreimal im Telefonbuch vertreten war.
„Lass uns Pit zuziehen“, sagte Vera, „der soll in seinen Computer gucken.“
Nick nahm einen der kleinen cremefarbenen Kuverts und betrachtete das schwarze Siegel. Viel guter Wille, und es ließe sich das griechische Omega erkennen. Vielleicht auch ein Hufeisen. Was waren Vera und er eigentlich? Die Kuriere der Zarin? „Können wir nicht eines aufbrechen?“, fragte er.
Vera schüttelte den Kopf. Sie wollte ihre Sache in Gustavs Sinne gut machen. Jana Tempel vertraute ihr, wie sie Veras Vater vertraut hatte.
„Ich koche unserem Kommissar was Schönes“, sagte Nick, „und du kommst dazu. Das stimmt ihn weicher, als wenn ich ihn damit im Büro überfalle.“
Kinderkram, würde Pit sagen. Nick ahnte es. Schließlich war die alte Dame kein einziges Mal bedroht worden.
Der Tod einer Rothaarigen in den Weinbergen eines Schweizer Städtchens würde Pit kaum beeindrucken.
Glaubte Nick nicht auch in der Tiefe seines Herzens, dass Jana Tempel an Verfolgungsangst litt? Hysterisch war?
Neigten Schauspieler nicht dazu?
Die Theorie war nicht neu, doch er wollte sie noch einmal vertreten, ehe er sich bei dem Herrn Kommissar zum Narren machte. Er drehte sich nach Vera um und blickte durch die breite Doppeltür nach nebenan in das Arbeitszimmer.
Vera stand auf einer hohen Leiter.
Die Bücherschränke endeten knapp unter der Zimmerdecke.
„Ich habe was gefunden“, sagte Vera. Sie hielt ein dickes Buch aufgeschlagen in beiden Händen.
„Halt dich lieber fest“, sagte Nick.
„Gustav hat alte Bühnenjahrbücher aufgehoben. Von 1952 bis 1958. Ich schlage das erste auf und lese den Namen unserer Freundin. Aber nicht nur ihren.“
„Einen von der Liste“, sagte Nick. Er streckte die Hand aus, um Vera das Buch abzunehmen und die fünf anderen.
„Maria Loew. Mit ihr ist unsere Jana im Oktober 1952 in den Kammerspielen aufgetreten.“
„Ich dachte, sie hätte nur in Filmen gespielt.“
Vera stieg von der Leiter und klopfte sich die staubigen Hände an den Jeans ab. „Damals fing man beim Theater an“, sagte sie, „gab noch keine Castingshows.“
„Dann ist das also doch eine fiese Geschichte aus der großen Welt des Theaters und des Films.“
„Liegt nahe“, sagte Vera.
Nick schüttelte den Kopf. „Die Frau hat eine Vergangenheit.“
Vera lachte. „Wenn sie jahrelang mit Gustav zusammen war, hat sie bestimmt eine“, sagte sie.
„Noch eine ganz andere“, sagte Nick.
Er legte die Bücher auf den Esstisch. Sie waren sicher seit Jahren nicht in die Hand genommen worden. Anni war zu klein, um da oben dranzukommen und abzustauben.
Da kam sie nicht mal dran, wenn sie auf der Leiter stand.
„Ich hol einen Lappen“, sagte Vera und ging in die Küche.
Neben der Küchentür stand ein Sack für große Abfälle, den Anni aus seinem Gestell gezerrt hatte. Ohne Zweifel als Mahnmal gedacht, dass er da stand. Obenauf lagen die Schnipsel der Liste für das Kalte Buffet.
Gefüllte Eier à la Gustav, las Vera.
Ihr Vater hatte die Hände wirklich noch überall drin.
Kummer drehte den Klarsichtbeutel in den Händen und gab ihn schließlich kopfschüttelnd an Pit weiter.
„Ganz klar der Schlüssel vom Kleiderschrank“, sagte er, „steckte in der
Weitere Kostenlose Bücher