Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
ja kaum noch. Auf Feste gehen.
Doch seit die Lehrerin für Deutsch und Sport durch die acht Zimmer ging, waren Annis Lippen versiegelt.
Warum glaubte sie, dass die Skerka sie aushorchen wollte?
Putzen konnte sie. Ließ sich kaum meckern.
Die Böden glänzten. Doch was sollte die Frage, wer morgen Veras Gäste sein würden? Jana Tempel jedenfalls nicht. Die fing wohl an, Vera auf die Nerven zu gehen.
Hätte sie sich nicht beunruhigen brauchen, was diese Dame anging. Manches erledigte sich durch langes Liegenlassen.
Bei der Skerka wohl nicht.
Vera war mit dem Kleinen unterwegs, Onkel Nick besuchen.
Ich kann die Spannung nicht ertragen, die sich hier aufbaut, hatte sie gesagt. Vielleicht würde sie doch Abstand davon nehmen, an drei Tagen in der Woche eine Putzfrau zu beschäftigen. Anni war bei dem Gedanken, dass Walentyna Skerka die Probewoche nicht überlebte, so beglückt, dass sie gleich anfing, Kaffee zu kochen.
War auch nicht richtig, gar nichts anzubieten.
Sollte die Skerka noch die Betten im Gästezimmer beziehen. Dort würden der Dorfpolizist und sein Sohn schlafen.
Anni war zufrieden, dass sich der Kreis vergrößerte.
Sie stellte eine Tasse und den Zuckertopf auf das Tablett. Tat auch noch einen Teller mit einem Stück Butterkuchen dazu.
Konnte sie ihr das im Badezimmer servieren?
Da stand die Skerka auf der Leiter und polierte die goldenen Schallplatten von Gustav, die dort knapp über den Kacheln hingen. War seine eigene Idee gewesen, die so unprätentiös anzubringen. Dass sie voller Wasserspritzer waren, hatte Anni nicht gesehen. Vera störte es wohl weniger.
Gründlich war sie ja, die Lehrerin aus Polen.
Anni ließ das Tablett auf dem Küchentisch stehen und ging, sie von der Leiter zu holen.
„Ich hab frischen Kaffee gemacht“, sagte sie.
Walentyna Skerka war überrascht. Freundlichkeit hatte sie von der kleinen Alten nicht mehr erwartet.
„In der Küche“, sagte Anni, „können wir uns doch einen Moment hinsetzen.“
Vielleicht ließ sich die Skerka was entlocken. Besser als selber was zu erzählen.
„Ich habe einen Enkel“, sagte Walenyna Skerka, „in Krakau. Er ist nicht viel älter als Ihrer.“
War das ein Trick? Um sich einzuschmeicheln?
Anni nahm ein Stück Butterkuchen. Sie fing an, sich zu entspannen. Alles nicht so schlimm.
„Erzählen Sie mir von Gustav Lichte“, sagte die Skerka, „sein Name steht auf dem Schild an der Tür.“
Was fiel ihr denn ein?
„Er ist ein berühmter Komponist, nicht wahr? Die vielen goldenen Schallplatten.“
„Ja“, sagte Anni. Konnte man einsilbiger sein? Sie hatte nicht vor, zu erklären, dass Gustav seit zwanzig Jahren tot war.
„Mein Vater war Geiger in einem Kammerorchester.“
Anni kaute und nickte. Dieser zutrauliche Ton passte so gar nicht zu der Ausstrahlung dieser Frau.
Januskopf. Warum fiel ihr der ein? Sie war wirklich nicht klassisch gebildet, wenn sie in den letzten vierzig Jahren auch einiges hier im Hause aufgefangen hatte.
Gustav hatte sogar Altgriechisch gesprochen.
Brauchte man ja nicht so oft.
„Die Betten im kleinen Gästezimmer“, sagte Anni, „wenn Sie die noch beziehen. Dann ist gut für heute.“
„Vielleicht sollte ich das nächste Mal die Bücher abstauben.“
Was wollte sie? Eine Lebensstellung?
Walentyna Skerka lächelte. „Mein Enkel heißt Henryk“, sagte sie, „nach dem Bruder meines Vaters.“
Warum erzählte sie ihr das? Anni stand auf und begann Teller und Tassen abzuräumen.
„Haben Sie immer in Hamburg gelebt?“
„Immer“, sagte Anni. Brauchte sie ja wohl nicht zu erwähnen, dass ihre Mutter und sie nach den Bombenangriffen 1943 evakuiert gewesen waren. In den Harz.
„War der Krieg schlimm für Sie?“
Was war das für eine Fragestunde?
Anni ließ Wasser in das Spülbecken laufen und schüttelte es zur Lauge auf. Lohnte sich doch nicht für die paar Teile die Klappe der Spülmaschine zu öffnen. Hauptsache, die Hände kriegten was zu tun. Diese lästige Fragerei.
„Was wissen Sie denn vom Krieg“, sagte Anni, „dafür sind Sie noch zu jung.“
„Darum frage ich“, sagte Walentyna Skerka.
„Polieren Sie mal die Platten zu Ende. Ich leg dann die Wäsche für die Betten hin.“
Die Skerka stand auf. „Ich wollte nicht aufdringlich sein.“
Doch. Genau das wollte sie. Da war sich Anni sicher.
Das konnte alles kein Zufall sein.
Gab es keine kleinen Kapellen auf dem Ohlsdorfer Friedhof?
Die Kapelle Zehn legte jedenfalls auf trostlose Weise offen, dass
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