Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod einer Queen

Tod einer Queen

Titel: Tod einer Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
für ihn, die er nicht benennen konnte. Was war es? Warum war ihm der Gedanke daran unangenehm? Hatte es etwas mit diesem bedauernswerten Jungen aus Syrakus zu tun? So dunkel der Gedanke auch war, das war es jedenfalls nicht. Das kleine Mädchen, das sich verlaufen hatte… aber nach ihr wurde nicht gesucht, die Mutter war am selben Tag vorbeigekommen. An jenem Tag, als sie in dem Kaufhaus gewesen waren, wo Totò… also deshalb. Er bemühte sich, das Problem Totò von sich fernzuhalten und an seine Arbeit zu denken, aber es gelang ihm nicht. Niemand hatte seitdem von dem Zwischenfall gesprochen, doch obgleich er nie lange genug in der Wohnung gewesen war, um genau zu wissen, wie die Dinge zu Hause lagen, merkte er doch, daß Teresa nach der Geschichte mit der Katze noch immer schlecht auf ihn zu sprechen war. Er war früh um vier nach Hause gekommen, und in den ersten beiden Nächten hatte sie sich schlafend gestellt, wie sie das immer tat, in jenen seltenen Fällen, wenn er bis spätabends arbeiten mußte, aber diesmal war er beleidigt. Er hatte sogar beim Zubettgehen ein wenig mehr Lärm gemacht als notwendig, weil er hoffte, sie würde sich umdrehen und mit ihm sprechen. In der vergangenen Nacht hatte sie dann tatsächlich geschlafen, und er war noch beleidigter gewesen. So konnte es einfach nicht weitergehen. Dieser Fall würde nicht ewig dauern. Irgendwann mußte sich das Leben wieder normalisieren, aber es war schon zu viel Zeit verstrichen. Das Problem saß schon viel zu tief, und es fiel ihm so schwer, über solche Dinge zu reden, daß er es nie schaffen würde, das Problem wieder auf eine Ebene zurückzuholen, wo man offen darüber sprechen konnte. Was konnte er denn überhaupt? Offenkundig nicht einen solchen Fall lösen. Es war das erste Mal, daß ihm die Bearbeitung eines Falles übertragen worden war, und er hatte ein schönes Chaos angerichtet. Die Sache war ihm völlig entglitten. Nicht, daß er eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen hätte. Peppina war nicht deswegen verhaftet worden, weil er ihn in seiner großen Weisheit für schuldig hielt. Er war in dem regennassen Dunkel herumgestolpert, und im nächsten Augenblick war ein Mensch, von dessen Unschuld er überzeugt war, unter Mordanklage gestellt worden. Und nun, da er versuchen sollte, die Sache auf die Reihe zu kriegen, hockte er da und zerbrach sich den Kopf über seine privaten Probleme, anstatt darüber nachzudenken… Was war es gleich gewesen? Wo war er gewesen, als er sich in seinen Gedanken verloren hatte… Das Fahndungsbuch. Aber das hatte sich ja als Sackgasse erwiesen. Das Fahndungsbuch konnte er vergessen. Doch er schaffte es nicht. Nicht einmal seinem eigenen Gedächtnis vertraute er, auch wenn es ihn nur selten im Stich ließ. Er nahm das Dienstjournal und suchte den Tag, an dem das Kind, das sich verlaufen hatte, gebracht worden war. Er fand nichts. Absolut nichts. Warum hatte er eine Verbindung zwischen beiden Sachen hergestellt? Vielleicht war er bloß müde und konfus, weil er so wenig geschlafen hatte. Er klappte das Buch zu und war in Gedanken schon wieder bei Teresa, als ihm einfiel, daß er ihr vielleicht erzählt hatte, daß der Junge aus Syrakus dort unten als vermißt gemeldet werden sollte und daß er in diesem Zusammenhang das Fahndungsbuch erwähnt haben könnte. Also, zumindest dieses kleine Rätsel war gelöst .
    »Gleich in Ihrer Nähe gibt es doch eine CarabinieriWache. «
    Er hatte das nicht zu Teresa gesagt? Wie denn auch! Das Gesicht, zu dem er das gesagt hatte, tauchte verschwommen in seiner Erinnerung auf. Ein unsympathisches Gesicht, dem er keinen Namen geben konnte .
    »Eine Freundin hat Sie mir empfohlen. «
    Das war’s. Er hatte den Streit um die Grundstücksgrenze geschlichtet, und diese Frau… eine unangenehme Person. Ihr Sohn wurde vermißt .
    Er schlug das Journal wieder auf und sah auf das Datum. Das war, bevor Lulu aufgefunden worden war, und er war, wenn er sich recht erinnerte, schon eine Weile verschwunden gewesen. Aber wer war dieser Sohn? Wie zum Teufel hieß diese furchtbare Frau? Hatte er nicht schon begonnen, ihre Angaben zu tippen, ehe er sie mit der Aufforderung wegschickte, ihre Anzeige woanders zu machen? Er wühlte in seinen Schreibtischschubladen herum, wußte aber im selben Moment, daß es sinnlos war. Er sah sich ganz deutlich den Bogen Papier aus der Schreibmaschine reißen, ihn zerknüllen und gleichzeitig sagen: »Gleich in Ihrer Nähe gibt es doch eine Carabinieri-Wache.«

Weitere Kostenlose Bücher