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Tod einer Queen

Tod einer Queen

Titel: Tod einer Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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besonderer Eignung in den Offiziersrang befördert werden. Der Wachtmeister hatte den Vorschlag nicht nur sofort zurückgewiesen, er war förmlich zurückgeschreckt. Der Hauptmann hatte ausführlich mit ihm gesprochen, doch es war ihm nicht gelungen, ihn zum Einlenken zu bewegen .
    »Ich kann Ihren Unwillen verstehen. Sie haben Familie, und natürlich müßten Sie sich eine Weile von ihr trennen. Trotzdem… «
    Er stellte fest, daß er, wie so oft bei Guarnaccia, gegen eine Wand sprach. Der Wachtmeister wollte seine Familie nicht allein lassen, nachdem er jahrelang darauf gewartet hatte, daß sie zu ihm nach Florenz zog! Er wollte überhaupt nirgendwo hingehen, nicht einmal, wenn sie ihn zum General ernannten, geschweige denn zu einem Leutnant. Das war der Grund, weshalb er den Vorschlag sofort abgelehnt hatte. Erschreckt hatte ihn freilich etwas anderes. Er hätte auch studieren müssen, Prüfungen ablegen…! Nein, nein… »Nein, nein…«, sagte er wieder, und ihn schauderte bei dem Gedanken .
    »Sie meinen, Sie haben das Angebot nicht abgelehnt? «
    »Nein, ich meine: doch. Für heute können wir ja wohl Schluß machen, was? «
    »Wenn Sie meinen.« Ferrini drückte seine Zigarette in dem überquellenden Aschenbecher aus und schaltete die Schreibtischlampe aus. Er streckte sich und stand auf. »Es war ein langer Tag heute. «
    »Ja.« Für den Wachtmeister gab es aber noch etwas zu erledigen. Er mußte den jungen Luciano besuchen, und verlegen erkundigte er sich bei Ferrini, wo er ihn finden könne. Nachdem er die Adresse erfahren hatte, stand er auf und zog seinen Mantel über, wobei er darauf achtete, Ferrinis zynischem Blick nicht zu begegnen .
    »Eine Familie aus meiner Heimatstadt… Sie wissen ja, wie das ist… «
    Ferrini reagierte nicht. Während sie hinausgingen, löschte er das Deckenlicht .
    Der Junge saß auf einer Bank unter einem dunklen, regenschweren Baum. Hätten die Scheinwerfer nicht seine bleichen, übereinandergeschlagenen Beine erfaßt, der Wachtmeister hätte sie übersehen, trotz der Straßenlaterne ganz in der Nähe. Er stieg aus seinem Auto und näherte sich der sitzenden Gestalt .
    »Was wollen Sie? Ich hab nichts getan. «
    Seine Perücke war feucht und saß etwas schief. Er kauerte frierend in einer alten Windjacke, unter der nackte Beine und ein kurzer Rock hervorschauten .
    »Erkennst du mich nicht? «
    »Ach, Sie sind’s.« Aber er sah den Wachtmeister nicht an. Sein Blick wanderte von links nach rechts und wieder zurück, als fürchtete er, potentielle Kunden könnten sich durch die Anwesenheit des Wachtmeisters abschrecken lassen, wenngleich es nicht so aussah, als wollte auch nur eines der Autos hier anhalten. Der Wachtmeister wußte, daß er dem Jungen im Weg stand, rührte sich aber nicht vom Fleck und sah, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, auf die zusammengekauerte, frierende Gestalt hinunter .
    »Deine Mutter macht sich Sorgen um dich. «
    Der Junge zuckte nur mit den Schultern, und sein Blick war noch immer unruhig. Wartete er womöglich auf einen Dealer und nicht auf einen Freier ?
    »Du könntest sie einfach mal anrufen. Du brauchst ihr deine Nummer nicht zu geben, wenn du nicht willst. «
    »Ich hab nicht mal Telefon. «
    »Trotzdem könntest du… «
    »Nein! Sie haben ja keine Ahnung, wovon Sie reden!« Er sah den Wachtmeister direkt an. Das geschminkte Gesicht wirkte komisch, fast grotesk, aber aus den Augen sprach Verzweiflung. »Sie können sich nicht vorstellen… wenn sie mich wieder in ihre Gewalt kriegt… Es hat so lange gedauert, bis ich frei war, ich geh nicht mehr zurück! «
    »Hör zu… deine Mutter – vielleicht kann deine Mutter nicht anders… «
    »Was meinen Sie damit? Was soll das heißen – ›sie kann nicht anders‹? Was wissen Sie denn davon? «
    »Ich wollte nur sagen… «
    »Sie haben kein Recht, etwas gegen sie zu sagen! «
    »Ich wollte nicht… «
    »Sie ist meine Mutter! Sie haben kein Recht…« Er verstummte und drückte die alte Jacke fest an sich .
    »Ich wollte dich nicht beleidigen. Ich will dir nur sagen, daß ich verstehe, daß du unabhängig sein willst. Sie weiß ja, daß du lebst und gesund bist. Das hab ich ihr gesagt. Es ist doch ganz normal, daß sie sich Sorgen macht. Sie hat dich seit deinem Unfall nicht mehr gesehen. «
    »Welcher Unfall? «
    »Sie hat mir erzählt, du hättest einen Verkehrsunfall gehabt, du hättest einen Verband getragen, als du das letzte Mal zu Hause warst. «
    »Es hat nie einen

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