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Tod einer Queen

Tod einer Queen

Titel: Tod einer Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Korridore entlangführten, mußte er recht komisch ausgesehen haben in seinem Paillettenkleid, das unter der Jacke hervorschaute, mit der muskulösen Männerbrust, den schwarzen Männerschuhen, die schwer dahintrotteten, und mit dem schmalen Gesicht, dessen Make-up verschmiert war. Und wenn einige der uniformierten Beamten, an denen sie vorüberkamen, sich auch umdrehten und ihnen hinterherstarrten, so lachte doch niemand über diese Gestalt mit dem gehetzten Blick, den großen, kraftlos herabhängenden Armen und dem eingezogenen Kopf, als könnte sie ihn nicht mehr aufrecht halten .
    Fast drei Stunden lang war geschäftiges Treiben um ihn herum, Fragen wurden gestellt, Fotos gemacht, Fingerabdrücke genommen, und immer wieder wurde er in ein anderes Zimmer gebracht. Er blieb ruhig und schwieg. Als man ihm das maschinengeschriebene Protokoll seines Geständnisses vorlegte, zögerte er, wußte nicht, was man von ihm wollte. Als sie ihn fragten, ob ihm klar sei, worum es ginge, nickte er. Als sie ihn baten, seine Aussage durchzulesen, sah er auf das Papier, um ihnen einen Gefallen zu tun. Als man ihn bat, es zu unterschreiben, unterschrieb er. Seine Hand zitterte. Nur einmal unterbrach er das Stimmengewirr um ihn herum, um zu erklären, daß er sich die Hände waschen wolle. Da angenommen wurde, daß er sich erleichtern wollte, führte man ihn zur Toilette .
    Nachdem ihm die Handschellen wieder angelegt worden waren und ihm klar wurde, daß man ihn einsperren würde, wanderte sein Blick über die Gesichter der Umstehenden, bis er den Wachtmeister entdeckt hatte. Dann fragte er: »Werde ich sie noch einmal sehen dürfen, bevor ich sterbe? «
    Der Wachtmeister begriff, daß er seine kleine Tochter meinte, wußte aber nicht, was er antworten sollte .
    Nanny stand noch viel bevor: Anwälte, Untersuchungsrichter, Prozeß und Berufung. Doch in der ganzen Zeit, und für den Rest seines Lebens, bis er im Gefängnis starb, sollte Nanny nie wieder sprechen. Und auch sein Kind hat er nie wiedergesehen .
    An jenem Tag war es schon spät, als der Wachtmeister nach Hause kam. Überall in der Wohnung war es dunkel .
    Er schaltete das Flurlicht ein, blieb deprimiert und todmüde in seinen nassen Sachen stehen. Er hatte keine Vorstellung, wie spät es war. Das Licht blendete ihn, und sein ganzer Körper schmerzte. Dann ging die Schlafzimmertür auf, und Teresa, die sich einen Morgenmantel übergeworfen hatte, trat heraus .
    »Salva«, murmelte sie und sah ihn sorgenvoll an, »ich hab auf dich gewartet. «
    Er hatte keine Worte, um ihr zu sagen, wie dankbar er war. Er konnte nur noch müde auf sie zugehen und sie in die Arme nehmen .
    Wortlos hielt sie ihn fest, bis sich sein Griff löste. Dann trat sie ein kleines Stück zurück, um ihn zu betrachten .
    »Salva, deine Sachen sind ja völlig durchnäßt… Was ist denn um Himmels willen passiert? Du siehst furchtbar aus. «
    »Ich fühl mich nicht besonders«, gab er zu .
    »Hast du heute noch nichts gegessen? «
    »Ich weiß nicht… Nein… vielleicht heute mittag… Nein, überhaupt nicht. «
    »Zieh die Sachen aus und komm dann in die Küche.« Folgsam trottete er davon .
    In seinem dicken Bademantel erschien er dann in der Küche, in der es noch immer warm war, und setzte sich hin. Der Tisch war vollgestellt mit Tellern und Schüsseln, die mit Alufolie abgedeckt waren. Teresa machte ihm ein wenig Platz. Hungrig aß er alles, was sie ihm vorsetzte, trank aber keinen Wein, und erst als er schon längst satt war, bemerkte er all die aufwendig zubereiteten Speisen, die vor ihm standen .
    Nicht restlos überzeugt sagte er: »Heute ist doch nicht Sonntag! «
    Da lachte sie und rief: »Salva, du bist echt unmöglich, wirklich wahr! Heute ist dein Geburtstag! «
    »Ach ja? «
    »Was glaubst du denn, warum ich so enttäuscht war, als du sagtest, du kommst zum Mittagessen nicht nach Hause? Da habe ich es halt heute abend wieder hingestellt… Du bist komisch. Bleib sitzen, ich muß dir etwas zeigen. «
    Sie ging ins Wohnzimmer und kam mit einem recht ungeschickt verpackten Paket zurück, das mehr aus Klebeband als aus Papier zu bestehen schien .
    »Du hast mir ein Geschenk gekauft? «
    »Mach’s auf und guck nach! «
    Es dauerte einige Zeit, bis er die Verpackung aufbekommen hatte, doch dann sah er überrascht auf den Inhalt .
    »Es ist für deinen Schreibtisch, zum Hineinlegen von Papieren. «
    Es war ein länglicher Kasten aus dünnem Holz, der mit einem roten, samtartigen Papier beklebt

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