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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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skizziert, wie sie am Samstag in Thinbeach vorgehen wollten. Webley
     hatten diese Pläne nicht recht gefallen, doch schließlich hatte sie zugestimmt. Das hatte Fletcher nicht anders erwartet.
    »Mal sehen, ob sich die Decke nicht wegziehen lässt«, sagte er.
    Eine Weile herrschte Schweigen. Die Platte endete und die Nadel hüpfte in der Rille. Es war ein beruhigendes Geräusch: Es
     maß die Zeit und gab der Nacht einen Takt, während Fletcher über den bevorstehenden Tag nachdachte. Er blickte auf. Sal beobachtete
     ihn mit schiefgelegtem Kopf. Die eine Sandale glitt ihr vom Fuß und fiel auf den Boden. Sie streckte das Bein und stupste
     mit den Zehen gegen seinen Oberschenkel. Er spürte, wie sie langsam die Zehen krümmte. Dann zog sie den Fuß zurück.
    »Davon geht die Nadel kaputt, Fletcher.«
    Er reckte sich zur Wand und schaltete den Plattenspieler aus. Die Lautsprecher knisterten leise und waren plötzlich stumm.
     
    Es roch nach altem Wachs. Die Wohnungstür stand offen und aus dem Flur fiel Licht auf den Treppenabsatz. Er sah, dass Sal
     ins Treppenhaus hinunterschaute. Da unten war es dunkel, so dunkel, wie es um ein Uhr nachts im Sommer eben sein kann. Sie
     drehte sich um, das Gesicht vom Licht aus dem Flur beleuchtet. Plötzlich streckte sie die Hand aus und berührteseine Wange. Er spürte, wie ihre Finger mit einem raschelnden Geräusch über seine Bartstoppeln streiften.
    »Was ist eigentlich deine wirkliche Sorge, Fletcher? Von Iwan einmal abgesehen?«
    »Seit diese Thinbeach-Sache in Gang ist, folgt mir jemand.«
    »Und warum?«
    »Um etwas über mich herauszufinden.«
    »Was denn?«
    Die Tür stand noch immer offen.
     
    Tom Fletcher hörte, wie ein Stockwerk tiefer die Zimmertür aufging. Er wartete darauf, dass das Dielenbrett knarrte. Dann
     trat er ins Treppenhaus und schaute hinunter. Edmund stand in einem alten Jogginganzug im orangegelben Licht, fingerte an
     den Perlen seiner Brillenkette und lauschte. »Hallo, Edmund« , sagte Tom.
    Edmund fuhr zusammen und versuchte ein Lächeln.
    Sie gingen auf die Feuertreppe. Der Mond stand höher als die Fernsehantennen, halb verdeckt von weißen Wolkenschleiern. Das
     Stahlgeländer war vereist und das Scheinwerferlicht der unten vorbeifahrenden Autos brachte die Luft zum Schimmern. Tom war
     angezogen, spürte aber die Kälte unter den Fußsohlen.
    Edmund hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt. Tom Fletcher sah, wie Edmunds Atem beim Sprechen in der Luft kondensierte.
    »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Tom. Hier sind alle glücklich und zufrieden. Meine Frau ist glücklich und Cathleen
     ist glücklich. Das sagt sie mir zumindest, und ich glaube es ihr. Es ist eine seltene Gabe, nicht wahr? Menschen glücklich
     zu machen? Wirklich glücklich. Zufrieden. Es ist eine Gabe, andere Menschen so glücklich zu machen, dass sie einen nicht mehr
     verlassen wollen und können.« Tom spürte,
dass Edmunds Hand auf seiner Schulter zitterte. So kalt war es. Die Luft war dünn und von den Feldern jenseits der Vorstadt
     kamen Geräusche, die man normalerweise gar nicht hören konnte. Ein Tier bellte, dann ertönten die Stimmen von Menschen und
     das Rattern irgendeiner Maschine. Edmund atmete eine lange Nebelfahne aus. »Die Sache ist die, Tom, dass du hier bei uns bleiben
     könntest. Du musst nicht zu deinem Onkel. Du kannst beantragen, dass du weiter bei uns in der Blissey Avenue wohnen darfst,
     und wir nehmen dich bei uns auf. Nur zu gern. Du wirst eine wöchentliche Geldanweisung bekommen. Wir stellen dir einen Fernseher
     aufs Zimmer. Und denk nur, wie glücklich wir alle machen werden. Nicht Cathleen, die muss bald fort. Sie war unachtsam. Aber
     bald kommt ein anderes Mädchen in ihr Zimmer. Vielleicht sogar zwei. Die Mädels schauen dir nach, Tom, sie mögen dich, das
     sehe ich genau. Wir könnten zusammenarbeiten. Du musst das nicht sofort entscheiden. Denk noch ein bisschen darüber nach.
     Und dann sag mir, was du willst.«
    Wieder bellte das Tier, weit draußen auf den Feldern.
     
    Superintendent Webley machte sich zum Gehen fertig. Sie lauschte. So spät in der Nacht war es still auf der Polizeiwache,
     man hörte nur das Summen der Ventilatoren und das Brummen der Leuchtstoffröhren. Sie lächelte in sich hinein. Irgendjemand
     hatte einmal gesagt, die Polizeiwache sei ein Schiff und die Bäume draußen die Wellen. Das Singen der Betrunkenen unten im
     Zellentrakt mochte dann als das Rufen der Delphine durchgehen.
    Sie

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