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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Kenntnisse besaß … Was wußte er? Es hätte den Maresciallo nicht übermäßig gewundert, wenn Franco den Fall an Ort und Stelle aufgeklärt hätte, indem er aus dem Kreis seiner Gäste den Mörder herausgefischt und ihn dem Maresciallo so selbstverständlich präsentiert hätte wie die Flasche kühlen Weißweins .
    »Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß ich alles tun werde, um zu helfen. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich ein bißchen schuldig, müssen Sie wissen. Natürlich hat meine Frau ganz recht, wenn sie sagt, daß jeder an meiner Stelle dasselbe getan hätte – immerhin war sie verrückt, zwar nicht so verrückt, wie manche Leute vielleicht glauben, aber wenn es um solche Dinge geht … Haben Sie gewußt, daß sie einmal versucht hat, den Papst anzurufen? An einem Sonntag morgen war sie hier drinnen und hat sich fürchterlich aufgeregt über etwas, was er in seiner Fernsehansprache gesagt hat, und wenn es ihr gelungen wäre, die Nummer ausfindig zu machen, wäre sie nicht mehr zu halten gewesen. Sie hat sowas schon früher gemacht, also verstehen Sie wahrscheinlich, warum ich nicht wollte, daß sie Sie mitten in der Nacht stört, denn immerhin hat sie die jungen Burschen durch ihr Benehmen geradezu ermuntert, das Gerüst hinaufzuklettern – ich meine, daß sie ihnen eimerweise Wasser über die Köpfe gekippt hat, machte die Sache nur noch lustiger. Ich bin sicher, daß Sie das verstehen. «
    Bis jetzt hatte der Maresciallo kein Wort verstanden, ließ es sich aber nicht anmerken und trank noch einen Schluck Wein, bevor er zu dem Schluß gelangte, daß es vielleicht das beste war, etwas weiter auszuholen .
    »Haben Sie Clementina gut gekannt? Hat sie schon immer hier gewohnt? «
    »Nein, nein. Sie ist nicht von hier. Kommt vom anderen Flußufer, Santa Croce. So arg lang ist sie noch nicht hier. «
    »Verstehe. Schade. «
    »Höchstens zehn Jahre. «
    »So kurz erst? «
    »Vielleicht auch nur neuneinhalb, aber höchstens zehn. Also meine Familie, die wohnt schon seit einhundertundachtunddreißig Jahren hier im selben Haus. Heutzutage ziehen die Leute ja viel mehr herum. Oft ist ein Krieg daran schuld. Wir sind seit der Revolution von 1848 nicht von der Stelle gewichen, aber im letzten Krieg haben wir auch Glück gehabt und bei der großen Überschwemmung ebenfalls – freilich haben wir unsere ganzen Vorräte eingebüßt, aber wir wohnen im Stockwerk über der Bar, und bis dahin ist das Wasser nicht gekommen. Ich weiß noch … «
    »Gestern«, unterbrach ihn der Maresciallo energisch – im Hinterkopf hatte er den Anruf wegen einer Ruhestörung, der an die Kommandantur weitergeleitet worden war, aber er wollte Schritt für Schritt vorgehen –, »haben Sie Clementina gestern gesehen? War sie genauso wie sonst? «
    »Ja und nein – das erkläre ich Ihnen gleich. Gestern, müssen Sie wissen, hatten wir unser großes Fest. «
    »Davon habe ich gehört. «
    »Hat Pippo es Ihnen erzählt? Also, wir waren den ganzen Tag damit beschäftigt, alles vorzubereiten, vor allem, weil meine Frau das Kochen weitgehend übernommen hatte. Clementina hing den ganzen Tag hier herum und war aufgeregt wie ein kleines Kind. Sie hat gern gegessen und so schnell so viel in sich hineingestopft, daß man sich wundern muß, daß ihr nicht schlecht geworden ist. Ich habe sie noch nie so fröhlich erlebt wie gestern abend, als sie den Mund randvoll mit Ravioli hatte. «
    Der Maresciallo mußte an den Kühlschrank mit einem Ei und einer Scheibe Wurst denken. »Sie hat wohl nicht oft ein richtig gutes Essen bekommen. «
    »Jedenfalls kein solches wie gestern abend. Aber sie hatte immer genug zu essen. Sie war arm wie eine Kirchenmaus – na ja, Sie waren ja oben und haben gesehen, wie sie gewohnt hat, aber jeder hat seinen Teil beigetragen, und ich glaube nicht, daß ein Tag vergangen ist, ohne daß sie von einer Nachbarin eine Mahlzeit bekommen hat. Meine Frau war gerade dabei, einen schönen Teller mit Sachen von gestern abend herzurichten, als Pippo mich geholt hat, weil sie nicht aufmachte. «
    Trotzdem, abhängig zu sein von dem, was einem andere geben … Nun spürte der Maresciallo, daß er sein Abendessen versäumt hatte, obwohl er mittags zuviel von dem Kaninchen gegessen hatte .
    »Und wo wir schon dabei sind«, fuhr Franco fort, »Pippos Frau hatte auch was für sie hergerichtet, und deshalb haben sie überhaupt bemerkt … «
    »Ich weiß«, sagte der Maresciallo, »er hat es mir erzählt. «
    »Tja, da haben Sie’s. Wir

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