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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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sah zu, wie Mannucci die Akte von Anfang bis Ende durchforstete, und war überzeugt, daß er nicht finden würde, wonach er suchte. Dann sagte er: »Ich nehme doch an, daß sich nur wenige Leute selbst bei der Polizei melden und behaupten, gefährlich zu sein? «
    »Das kommt schon vor«, sagte Mannucci, der noch immer Seite für Seite umblätterte, diesmal rückwärts. »Seitdem wir keine Leute mehr aufnehmen, passiert es sogar relativ häufig. Viele ehemalige Patienten, die feststellen, daß sie draußen nicht zurechtkommen, versuchen, wieder zu uns zu kommen.« Er hielt inne und blickte auf. »Vergangene Woche hatten wir einen, der sein Haus angezündet hat; dann ist er zu den Carabinieri gegangen und hat gemeint, er müßte wieder stationär aufgenommen werden, weil er noch immer verrückt sei. Als sie ihn heimgeschickt haben, ist er ins nächste Dorf gegangen, hat ein Auto, das auf dem Hauptplatz geparkt war, zertrümmert und sein Glück bei den dortigen Carabinieri versucht. Als das nicht funktionierte, hat er sich eine Flinte besorgt und den erstbesten Passanten erschossen, der an seinem Haus vorbeikam. Als sie ihn abholten, sagte er: ›Glauben Sie mir jetzt, daß ich verrückt bin?‹ Und er ist beileibe nicht der einzige. Da gab es noch einen anderen Fall … «
    »Aber«, unterbrach ihn der Maresciallo entschlossen, »wenn sich Clementina nicht selbst bei der Polizei gemeldet hat, muß es jemand anderer getan haben. «
    »Ja«, sagte Mannucci, »und Name und Adresse stehen auf … Sie glauben doch nicht noch immer, daß sie zu Unrecht eingewiesen wurde? «
    »Nein. Ich versuche nur dahinterzukommen, warum jemand hier hereinspaziert und seinen Namen und seine Adresse aus dieser Akte entfernt. «
    Mannucci gab die Suche auf. »Sie haben recht. Die Unterlagen sind weg – und nicht nur die, da müßten auch noch die Unterlagen von der Wachstation sein … «
    »Wie lange haben Sie den Mann allein gelassen? «
    »Gar nicht! Doch … Sie haben recht, ich habe ihn allein gelassen. Kurz nachdem er gekommen war und mir sein Anliegen vorgetragen hatte. Wie gesagt, kam mir die Sache gleich merkwürdig vor, da Clementina ja tot war. «
    »Versuchen Sie, sich genau an die Einzelheiten zu erinnern. «
    »Also, erst habe ich mir natürlich das Datum angesehen. «
    »Und dann? «
    »Dann die Unterschrift. Dabei fiel mir ein, daß ich mir in Clementinas Krankenblatt ihre Unterschrift ansehen könnte. Das hatte keinen bestimmten Grund, denn die Sache hätte ebensogut in Ordnung sein können. Ich hatte nur so ein Gefühl. «
    »Also haben Sie Clementinas Krankenblatt hervorgeholt und sind dann aus irgendeinem Grund … «
    »Nein. So war es nicht. Ich wollte die Unterschrift überprüfen, aber bevor ich die Unterlagen herausholen konnte, hat mich meine Assistentin gerufen. Sie sitzt in dem Zimmer auf der anderen Gangseite und hat mich kurz gebraucht … es können nicht mehr als fünf Minuten gewesen sein. «
    »Wenn Sie vorhatten, das Krankenblatt herauszuholen, sind Sie wahrscheinlich auf den entsprechenden Aktenschrank zugegangen. «
    »Kann schon sein. «
    »Tja, dann hat er vermutlich nur ein paar Sekunden gebraucht, um es zu finden. Sie sind doch sicher alphabetisch geordnet. «
    »Ja. Die Schränke sind alle beschriftet. «
    »Fehlt sonst noch was? «
    »Ich glaube nicht. «
    »Was also fehlt, hat nichts mit Clementinas Zeit hier in der Anstalt zu tun, sondern mit ihrem früheren Leben und mit der Person, die sie hat einweisen lassen, und deren Beweggründen .
    Ein Jammer, aber es hilft uns trotzdem weiter. «
    »Wie das? Das kapiere ich nicht. Offenbar war ich nicht mißtrauisch genug … Warten Sie! Vielleicht weiß der Betreffende nichts von der ersten Bestätigung, also von der, die wir nicht haben, und selbst wenn, dürfte es ihm schwerfallen dranzukommen. Aber Sie müßten sie bei irgendeiner Polizeiwache im Archiv finden. Viel geht daraus nicht hervor, aber zumindest, wo Clementina gewohnt hat, als sie zum ersten Mal in die Klinik gebracht wurde. «
    »Wenn das so ist«, sagte der Maresciallo, »werde ich mich sofort darum kümmern. «

6
    Mannucci begleitete den Maresciallo zu seinem Auto. Der fette Mann war verschwunden, aber in der Tür des benachbarten Gebäudes tauchte eine nackte Frau mittleren Alters auf, die ein Kleid hinter sich herschleifte. Eine winzige Nonne mit einer riesigen Plastikschürze über ihrer Tracht kam heraus und redete ihr gut zu, wieder ins Haus zurückzukehren. Willig ließ sich die

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