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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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oft vorgekommen? «
    »Ab und zu, wenn ein Patient völlig durchgedreht ist. Heutzutage werden sie mit Tabletten ruhiggestellt, aber ich erinnere mich an einen Burschen – der wog so um die hundertsechzig Kilo –, und wenn der ausgerastet ist, konnten ihn selbst fünf oder sechs Männer nicht bändigen. Es endete meist damit, daß er dort eingesperrt wurde, wo er gerade war, und dann wurde die Polizei gerufen, die Tränengas durchs Fenster hineinwarf. Das war die einzige Möglichkeit, obwohl es damals einen Arzt hier gab, der mit ihm fertig wurde, indem er ihm ein nasses Laken über den Kopf warf. Ein alter Trick, aber er hat funktioniert. Tja, dann lasse ich Sie mal mit Ihrer Arbeit weitermachen. Falls dieser Mensch noch einmal aufkreuzt … «
    »Wohl kaum«, meinte der Maresciallo und stieg ein, »aber sollte er sich zufällig doch blicken lassen, versuchen Sie, ihn hinzuhalten, und rufen Sie mich direkt an. Hier ist meine Nummer. «
    »Im Palazzo Pitti? Ich wußte gar nicht, daß es da einen Carabinieri-Posten gibt. Sicher. Ich werde tun, was ich kann, aber ich neige dazu, Ihnen recht zu geben. Er hat, was er wollte, und wird nicht zurückkommen. «
    Der Maresciallo fuhr auf den Ausgang zu. Der Autositz brannte durch die Hose, und das Lenkrad war glühendheiß. Obwohl das weitläufige Areal voller Bäume stand, hatte er dummerweise in der Sonne geparkt. In der Hoffnung auf eine schwache Brise kurbelte er das Fenster herunter, während er am Fluß entlangfuhr. Zu Hause wären die Fensterläden geschlossen und die Zimmer einigermaßen kühl. Sein Mittagessen wäre fertig, und im Kühlschrank stünde eine beschlagene Flasche Weißwein. Mit einem Seufzer fuhr er am Palazzo Pitti vorbei, ließ all diese Verlockungen hinter sich und bog nach rechts zu Clementinas Haus ab. Einen Augenblick lang war er nicht sicher, ob er die Schlüssel dabeihatte, stellte dann aber fest, daß sie sich in seiner zugeknöpften Brusttasche befanden. Trotzdem überlegte er es sich anders und klingelte unten an der Tür. Er wollte das junge Paar auf keinen Fall erschrecken, indem er unangekündigt hereinplatzte. Aus irgendeinem Grund, hinter den er noch nicht gekommen war, hatten sie ohnehin schon Angst. Freilich war es beunruhigend, wenn sich jemand im Haus das Leben genommen hatte, aber das allein genügte ihm nicht als Grund. Er klingelte noch einmal, wartete und hoffte, daß sie ihm nicht zum zweiten Mal entwischt waren. Über seinem Kopf ging ein Fenster auf, und jemand schaute durch die Gerüststangen herunter. Wenig später sprang die Haustür mit einem Klicken auf .
    Der Maresciallo trat ein und stieg, Hut und Sonnenbrille in der Hand, die steinernen Stufen hinauf. Nachdem zuvor die junge Frau hinuntergeschaut hatte, ließ ihn jetzt der Mann in die Wohnung. Da der Maresciallo wegen der steilen Treppe ins Schnaufen geraten war, sagte er nicht gleich etwas, sondern sah sich erst um. Die Wohnung war sehr sauber und ordentlich, und die jungen Leute, die ihm schon beim ersten Mal gefallen hatten, erschienen ihm noch sympathischer. Die Frau trug eine frischgebügelte Schürze und hatte wahrscheinlich gerade das Essen auf den Tisch bringen wollen. Am Oberteil ihres Baumwollkleids bemerkte der Maresciallo rechts und links von den Schürzenträgern zwei kleine, feuchte Flecken. Offenbar hatte der Mann den Tisch gedeckt, weil er noch Besteck in der Hand hielt. Als der Maresciallo reicht gleich zu sprechen begann, schloß er daraus wohl, daß dieser verstimmt war, weil er rasch sagte: »Es tut mir leid, daß wir gestern … Wir haben nicht vergessen, daß Sie vorbeikommen wollten, aber wir mußten dringend zu meiner Schwiegermutter. «
    »Ich störe Sie beim Essen«, sagte der Maresciallo, sobald er wieder zu Atem kam, ohne auf die Entschuldigung einzugehen, »aber ich werde Sie nicht lange aufhalten. «
    »Das macht nichts«, sagte die junge Frau, »das kann warten.« Die beiden sahen einander unsicher an, dann sagte Rossi: »Vielleicht möchten Sie sich setzen. «
    »Danke. Ihre Treppe ist ein bißchen steil. «
    »Da haben Sie recht. Wir haben uns daran gewöhnt. «
    »Wie lange wohnen Sie schon hier? «
    »Etwas über drei Jahre.« Die Fragen beantwortete immer nur der Mann. Aber man sah beiden an, daß sie ungeheuer angespannt waren .
    »Dann können Sie mir bestimmt etwas über Clementina sagen, da Sie drei Jahre im selben Haus gewohnt haben. «
    Kaum hatte er das gesagt, spürte er, daß die Spannung etwas nachließ. Rossi setzte sich

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