Tod Eines Engländers
die Brücke, den verschwo mm enen Lichtern des Sta d tzentru m s entgegen .
Der Pfarrer stand schon im Hauseing a ng und rieb sich die Hände .
» K o m m en S ie rein, kom m en Sie rein!« sagte er und gab beiden die Hand. » Felicity m acht gerade Tee. Was für ein trübseliger Abend! «
Der Haupt m ann traf, noch im m er v on Carabiniere Bacci begleitet, in der Via Ma g gio ein. Als sie an der verwaisten Portierswoh n ung von N u m m er 58 vorbeika m en, zeigte er auf das m it Brettern vernagelte Fenster: » Früher hätten wir unsere Er m ittlungen einfach hier un t en durchführen können – und in einem solchen palazzo signorile ist das ganz entscheidend. Sie könn e n sich dar a uf verlasse n , daß d i e Mieter hier kaum ein Wort m iteinander sprechen und daß sie nicht ei n m al wissen, was hier im Haus vorgefallen ist, obwohl einer meiner Leute den ganzen Tag vor der Parterrewohnung Wache gestanden h a t . «
Mit ihnen war ein Polizist gekom m en, der den Posten ablösen sollte. » Ich werde gegen elf je m and vorbeischic k en… «
Sie stiegen hinauf in die erste Etage, wo als einziger Mieter R. Cesarini, Antiquario, wohnte. Carabiniere Bacci klingelte. Schweigend warteten sie gleich neben dem Lift und einem wuchtigen rö m ischen Säulenfrag m ent, auf dem eine ausladende Topfpflanze stand. Die kunstvoll gearbeiteten Holztüren waren m it zwei schweren e isernen Türklopfern in Form von Köpfen versehen. Eilig n ä herkom m ende Schritte waren zu hören, und dann wurden leise m ehrere Riegel zurückgesc h oben. Eine junge Eritreerin öffnete vorsichtig eine Tür u n d spähte d urch den Spalt. Sie trug einen blauen N y lonkittel, aber ihr Kopf war in e i n traditionel l es weißes Musselintuch gehüllt .
» Polizia …?« fragte sie unsicher .
» Carabinieri. Wir hätten gern m i t Signor Cesarini gesprochen. «
» I m Geschäft . « Sie m a chte eine vage Handbewegung .
Hinter ihr e rstreckte sich h eller, glänzender Mar m orfußboden bis tief in d e n Hintergr un d. Links hin t er einer Flü g eltür m it Buntglassch e iben schien ein war m es Licht, so d a ß sich auf einer kunstvoll geschnitzten Eichenkom m ode in der Eingangshalle farbige M u ster abzeichneten .
» Er hat zwei Läden in der Via Maggio « , flüsterte Carabiniere Bacci .
Der Haupt m ann sah a uf seine Uhr: sechs … d e r Laden würde nic h t vor acht schließen. Sie kön n ten dort vorbeischau e n, wenn sie die anderen Mieter befr a gt hatten .
» Dann m öchten wir I h nen gern ein paar Fra g en stelle n « , sagte er zu d em Dienst m ä dchen .
Sie ließ sie widerstreb e nd eintreten, konnte ihnen aber nichts sagen. Sie hatte in der Nacht keine ungewöhnlichen Geräusche gehört. Sie hatte keine auffällige Person im Haus gesehen. Sie kannte den Engländer nicht. Daß m a n von ihr erwartete, zu wissen, was in dem Haus vor sich ging, schi e n sie zu erstaunen, als wäre sie aufgrund ihres m a ngelhaften Italienisch nicht i m stan d e, irgend e t was auß e r h alb ihres eigenen Zim m ers zu seh e n oder zu hö ren. Ständig zupfte sie m i t ihren dünnen Fingern an dem Kopftuch her u m , als hätte sie sich am liebsten darunter versteckt. Diese Gebärde, dazu ihre kleine Gestalt, ließ sie wie eine alte Frau wirk e n, obwohl sie wahrsc h einlich erst Anfang Zw a nzig war. I h re großen dunklen Au g en wand e rten im m er wieder zum hinteren Ende des K o rridors. Sie m ußte sicher das Abendessen v orbereiten .
» Ist Ihr Arb e itgeber verheiratet ? «
» Ja. Verheir a tet . «
» Und seine Frau? Wo ist sie ? «
» Nach Kalabrien … m i t Kindern. Weihna c hten. Mit Fa m il i e … «
» Und Signor Cesarin i ? «
» In zwei Tagen fährt. «
» Und Sie ? «
» I c h ? «
» Wo werden Sie Weihnachten verbri n gen, Signor i n a ? «
» H i er . «
» Allein ? « Unwillkürlich warf der H a upt m ann ei n en Blick in die riesi g e Wohnung hinter ihr, in der sie z w e ifellos nur eine winzige Kam m er bewohnte. » Haben Sie Bekannte hier in Floren z ? «
» Bekannte, ja. Aus Eritr e a. Mädchen wie ich . «
» Ach so. Vielen Dank. Wir werden m i t Signor Cesarini in seinem Geschäft sprech e n. «
» Etwas nicht in Ordn u n g ? «
» Nein . « Er begriff sofort, daß sie an ihren Arbeitsplatz dachte, an ihre Papiere. » Was Sie betrifft, ist alles in Ordnu n g. Gestern nacht wurde unten im Erdgeschoß ein Mann er m ordet, und wir m üssen wissen, ob irg e nd je m and etwas gehört oder eine fre m de Person
Weitere Kostenlose Bücher